Der Staatssekretär bei der Gedenkstunde an die Verfolgung der Roma
und Sinti im Burgenland in Lackenbach
Lackenbach/Wien (bpd) - "Wir stehen heute vor der großen Herausforderung, dass junge Menschen
oft nicht mehr wissen welche Grausamkeiten es hier in Österreich gegeben hat. Und wie Intoleranz und Vorurteile
zu Leid und Tod von Roma und Sinti hier in Lackenbach und im ganzen Land geführt haben", sagte Staatssekretär
Josef Ostermayer am 12.11. bei der Gedenkstunde in Lackenbach, an dem auch der burgenländische Landtagspräsident
Gerhard Steier und der Präsident des Kulturvereins der Roma Rudolf Sarközi teilnahmen. "Es ist daher
sehr wichtig immer wieder darauf hinzuweisen, dass es nicht selbstverständlich ist, dass wir in einer demokratischen
Gesellschaft leben."
Es sei auch nicht selbstverständlich gewesen, die Opfer der Roma und Sinti anzuerkennen und sie zu entschädigen.
Erst in den 90-er Jahren des letzten Jahrhunderts seien sei als Volksgruppe anerkannt worden. "Jetzt verhandeln
wir über weitere Verbesserungen des Volksgruppengesetzes, insbesondere über Fördermöglichkeiten
für Sprache und Kultur", berichtete der Staatssekretär.
"Wir sind heute in einer besonderen Situation", so Ostermayer in seiner Ansprache, "einerseits hatten
wir noch nie so lange Frieden, schon 66 Jahre - auf dem Territorium der Europäischen Union war früher
rund alle 20 Jahre Krieg. Die ehemaligen Feinde haben sich nun verbündet. Andererseits gibt es die Sorge,
dass wir vor einer Umbruchsituation stehen könnten. Nicht alle Mitgliedstaaten der EU stehen auf derselben
Ebene hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Grundlagen und der Anerkennung und des Respekts gegenüber den Volksgruppen
und Minderheiten. Politiker müssen immer wieder Entscheidungen treffen, ohne genau abschätzen zu können,
welche Folgen ihr Tun haben wird".
Doch seine Sorge, dass junge Menschen diese historischen Grausamkeiten vergessen könnten, ist durch die wunderbare
Auseinandersetzung mit dem Thema durch die Schüler und Schülerinnen aus dem Gymnasium Oberpullendorf
kleiner geworden, so der Staatssekretär. "Man sieht, Bildung und soziale Gerechtigkeit stärken die
Demokratie und helfen gegen Intoleranz und Unmenschlichkeit."
Im Anhaltelager Lackenbach wurden Roma und Sinti unter grausamsten Bedingungen gefangen gehalten und zu Zwangsarbeit
verpflichtet. Im November 1940 eingerichtet, lebten hier bis zu 2.300 Häftlinge zusammengepfercht auf Heu
und Stroh, etwa ein Drittel davon waren Kinder. Es gab zuwenig Wasser und keine sanitären Einrichtungen. Als
im Winter 1941/42 eine Fleckfieberepidemie ausbrach, überließ man die Häftlinge ihrem Schicksal,
ohne medizinische Versorgung wurde das Lager von außen gesperrt. Insgesamt starben zwischen 1940 und 1945
rund 250 Menschen im Lager, mehrere tausende wurden ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert, wo fast alle
den Tod fanden. Im Lager selbst wurden rund 40 Kinder mit vergifteter Milch ermordet.
Ein Findling, der am ehemaligen Eingang des Lagers stand, dient heute als Mahnmal. Durch die alljährliche
Gedenkfeier unter Teilnahme führender Politiker wurde Lackenbach spät zu einer nationalen Gedenkstätte. |