Prammer will besondere Behandlung geheimer Akten beibehalten
Wien (pk) - Der zur Klärung von Korruptionsvorwürfen eingesetzte Untersuchungsausschuss
des Nationalrats ist nach wie vor in der Vorbereitungsphase. Wie Nationalratspräsidentin Barbara Prammer am
14.11. bei einem Pressegespräch mitteilte, soll es am 17.11. Gespräche zwischen den FraktionsführerInnen
des Ausschusses und dem Justizministerium geben, um die weitere Vorgangsweise zu koordinieren. Erst dann soll der
Beweisantrag zur Beschaffung von Akten formuliert werden. Die Vereidigung der Ausschussmitglieder ist für
Donnerstag früh geplant. Grundsätzlich sei das Parlament gut auf den Untersuchungsausschuss vorbereitet,
bekräftigte Prammer. Mit der ersten Befragung von Auskunftspersonen rechnet sie nicht vor Mitte Jänner.
Was die Diskussion über die Akteneinsicht betrifft, sprach sich Prammer dafür aus, an der bewährten
Vorgangsweise festzuhalten und weiter zwischen vertraulichen und geheimen Akten zu unterscheiden. In geheime Akten
soll nur in einem gesicherten Raum Einschau gehalten werden können, ohne die Möglichkeit, Kopien anzufertigen.
Prammer will damit die Schwärzung von Akten vermeiden. Sie könne sich nur schwer vorstellen, dass die
Staatsanwaltschaft dem Parlament ohne ausreichende Geheimhaltungsgarantie heikle Akten übermittle, argumentierte
sie.
Für die als vertraulich eingestuften Akten soll es Prammer zufolge hingegen technische Erleichterungen geben:
Die gescannten Akten sollen den Fraktionen vorrangig nicht mehr auf CDs übermittelt, sondern in einem eigens
eingerichteten geschützten Intranet-Bereich zur Verfügung gestellt werden. Als Sicherheitsvorkehrung
ist die Dokumentation aller Zugriffe geplant.
In Zusammenhang mit der parlamentarischen Behandlung des Bildungs-Volksbegehrens sprach sich Prammer für die
Einrichtung eines besonderen Ausschusses des Nationalrats aus. Ansonsten müsste sie zwischen einer Zuweisung
an den Unterrichtsausschuss und einer Zuweisung an den Wissenschaftsausschuss entscheiden, da es sich um eine Mischmaterie
handle, skizzierte sie.
Nach der Zuweisung des Volksbegehrens muss der Ausschuss die Beratungen darüber innerhalb eines Monats aufnehmen
und dem Nationalrat nach weiteren vier Monaten einen Bericht vorlegen. Mögliches Ergebnis seien Empfehlungen
des Ausschusses oder ein eigener Gesetzesantrag, führte Prammer aus. Der Ausschuss könne aber auch festhalten,
dass noch kein Resultat vorliege. In einem solchen Fall hat der Nationalrat die Möglichkeit, das Volksbegehren
wieder an den Ausschuss rückzuverweisen.
Zu immer wieder ventilierten Vorschlägen, Volksbegehren bei Erreichen einer bestimmten Zahl von Unterstützungserklärungen
automatisch einer Volksabstimmung zu unterziehen, um die direkte Demokratie zu stärken, äußerte
sich Prammer ablehnend. Sie kann sich aber die Einführung eines "dreistufigen Volksentscheids",
wie er in Deutschland diskutiert werde, vorstellen. Das Modell, das in einzelnen deutschen Bundesländern bereits
realisiert sei und die Stufen "Initiative, Volksbegehren, Volksabstimmung" umfasse, habe einen "großen
Charme", da es die Einbindung des Parlaments und von Interessenvertretern sicherstelle, meinte Prammer.
Positiv bewertet die Nationalratspräsidentin darüber hinaus den Vorschlag ihres luxemburgischen Amtskollegen
Laurent Moser, ein eigenes parlamentarisches Netzwerk innerhalb der Eurozone zu schaffen. In der Demokratiewerkstatt
des Parlaments wird ihr zufolge diese Woche der 40.000 Besucher oder die 40.000 Besucherin erwartet. Die seit kurzem
bestehende Möglichkeit, Petitionen und Bürgerinitiativen auf der Parlaments-Website elektronisch zu unterstützen,
wird laut Prammer gut angenommen.
Zu einer Schuldenbremse in der Verfassung äußerte sich Prammer grundsätzlich zustimmend. Allerdings
dürfe diese nicht dazu führen, dass das Parlament handlungsunfähig werde, warnte sie. Lediglich
die Maastricht-Kriterien in die Verfassung hineinzuschreiben, sei jedenfalls zu wenig. |