EU-Kommissar Sefcovic im Gespräch mit NR-Präsidentin Prammer
Wien (pk) - Nicht nur die Bewältigung der gegenwärtigen Schuldenkrise, sondern auch die
durch den Lissabon-Vertrag ermöglichte stärkere Einbindung der nationalen Parlamente in die europäische
Gesetzgebung machen eine engere Kooperation zwischen den EU-Institutionen einerseits und den Volksvertretungen
in den Mitgliedstaaten andererseits notwendig. Darin waren sich der Vizepräsident der EU-Kommission Maros
Sefcovic, der als Kommissar für interinstitutionelle Beziehungen und Verwaltung zuständig ist, und Nationalratspräsidentin
Barbara Prammer einig. Die beiden kamen am 10.11. zu einem Gespräch im Hohen Haus zusammen, nachdem Sefcovic
zuvor österreichische ParlamentarierInnen zu einem Gedankenaustausch getroffen hatte.
Die EU-Gesetzgebung sei ein Prozess, der im Zusammenwirken aller Beteiligten erfolge, und deshalb halte er auch
intensivere und kontinuierliche Kontakte zwischen der EU-Kommission und den nationalen Parlamenten für unumgänglich,
betonte Sefcovic. Er bot daher an, vermehrt Expertinnen und Experten der Kommission zu den VolksvertreterInnen
in den einzelnen Mitgliedsländern zu schicken, um die Intentionen der Kommission direkt darlegen zu können,
aber auch um die Meinungen und Prioritäten der einzelnen Staaten besser kennen zu lernen und zu verstehen.
Die Nationalratspräsidentin hielt darüber hinaus die Intensivierung der parlamentarischen Netzwerke in
der Eurozone für erforderlich, da die nationalen Parlamente vor allem in der gegenwärtigen Situation
eine große Verantwortung tragen. Insbesondere hinsichtlich der Subsidiaritätsprüfung sei es eminent
wichtig, schnell zu politischen Einigungen über europäische Fragen zu kommen, meinte sie. Im Zuge der
Umsetzung des Lissabon-Vertrags und der gestärkten Rechte der nationalen Parlamente sei man jetzt in einer
Phase des gegenseitigen Lernens, wie man mit den Mechanismen am besten umgehen könne, merkte dazu Sefcovic
seitens der Kommission an. Der EU-Kommissar warnte vor einer Auseinanderentwicklung von Eurozone und den anderen
EU-Staaten und appellierte, auch über die nationalen Parlamente alles zu tun, um den Zusammenhalt der Gemeinschaft
zu gewährleisten.
Eine sensible Frage stelle die Gewährleistung der Budgetdisziplin in den einzelnen Ländern dar, zeigten
sich sowohl Kommissar Sefcovic als auch Nationalratspräsidentin Prammer überzeugt. Man brauche zielführende
Mechanismen, die jedoch die Souveränität und die Budgethoheit der Mitgliedstaaten nicht aushöhlen.
Sie werde alles dazu tun, um diese Frage und die nötigen gesetzlichen Änderungen im österreichischen
Parlament ernsthaft zu diskutieren. Transparenz und Sensibilität sei hier das Gebot der Stunde, sagte Prammer,
um zu verhindern, dass Populisten und Anti-Europäer die Oberhand gewinnen. Die Politik müsse sich dieser
großen Herausforderung stellen, die Menschen auch zu erreichen, war sich Prammer der Schwierigkeit dieser
Aufgabe bewusst. |