Mobilität im Alter   

erstellt am
10. 11. 11

Rezar: Brauchen spezielle auf die ältere Generation zugeschnittenen Mobilitätsangebote
Eisenstadt (bmls) - Wir werden immer älter, und die Lebenserwartung in Österreich wie in ganz Europa wird sich auch in den kommenden Jahrzehnten weiter erhöhen. Gerade das Burgenland ist davon besonders betroffen. Das ist einerseits eine große zivilisatorischen Errungenschaft. Andererseits bedeutet der Anstieg der Lebenserwartung eine große Herausforderung für die SeniorInnenpolitik im Burgenland. Eine der Fragen die es zu lösen gilt, ist die der Mobiltät von älteren Menschen, vor allem in ländlichen Regionen. Darüber diskutierten heute Abend Experten im Rahmen eines Symposiums im Landhaus in Eisenstadt. „Mobilität ist vielfach die Voraussetzung für eine aktive Teilhabe in unserer Gesellschaft. Wie komme ich zum Arzt? Wie kann ich Einkäufe erledigen? Wie kann ich meine Verwandten besuchen? All das sind wichtige Fragen für ältere, weniger mobile Personen. Wir brauchen spezielle auf die ältere Bevölkerung zugeschnittene Mobilitätsangebote“, so Landesrat Dr. Peter Rezar. Bedarfsorientierte Systeme als Ergänzung zum Linienbetrieb im öffentlichen Verkehr könnten eine Lösung sein, sagen Experten. Das Symposium wurde vom Burgenländischen Landesseniorenbeirat auf Initiative von Landesrat Peter Rezar veranstaltet.

2008 hat das Burgenland als erstes Bundesland ein Leitbild für die ältere Generation im vorgestellt. „Die demographische Entwicklung und die damit verbundene Änderung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sind eine der zentralen Herausforderungen unserer Gesellschaft. Mit dem Leitbild für die ältere Generation haben wir versucht eine Zukunftsstrategie zu entwickeln. Deshalb behandelt der Landesseniorenbeirat jedes Jahr ein Thema des Leitbildes schwerpunktmäßig“, erklärt Landesrat Peter Rezar.

Ein zentrales Kapitel in diesem Leitbild beschäftigt sich mit der Mobilität von älteren Menschen im Burgenland. Das Burgenland ist vom Wandel der Bevölkerungsstruktur besonders betroffen. 2011 lag der Anteil der über 60-Jährigen im Burgenland mit 25,9 Prozent um 2,6 Prozent über dem Österreichschnitt. Im Jahr 2016 – so die Prognosen – wird die 80.000er Grenze überschritten, und im Jahr 2027 soll die Altersgruppe über 60-Jährigen erstmals 100.000 Personen umfassen. „Aufgrund der erwarteten demografischen Entwicklung ist es erforderlich, das Verkehrssystem stärker auf die Belange der Senioren auszurichten. Das Leitbild soll ein Handlungsleitfaden für die Politik und auch für wichtige gesellschaftspolitische Akteure – also auch für die Kommunen oder die Verkehrsplaner – sein“, so Rezar.

Mobilitätsfalle
„15 bis 20 Prozent der Bevölkerung können in eine Mobilitätsfalle geraten. Das heißt: keine Nahversorgung im fußläufigen Bereich, keine Anbindung an den öffentlichen Verkehr, kein familiäres Netz im Nahbereich “, warnt der Raum- und Verkehrsplaner DI Helmut Hiess. Davon betroffen seien Personen, die über keinen Pkw verfügen beziehungsweise zeitweilig oder gar nicht mehr in der Lage sind, ein Auto lenken und körperlich und gesundheitlich eingeschränkt sind. „Auswege daraus könnten neue Mobilitätskonzepte auf Basis kommunaler Selbstorganisation mit öffentlicher Unterstützung sein – wie zum Beispiel die Gmoa-Busse. Hier ist das Burgenland bereits Vorreiter“, so Hiess. Dramatisch in diesem Zusammenhang sei, dass nur 12 Prozent der Frauen in Einpersonenhaushalten einen Führerschein besitzen. Hiess: „Sie können leicht in die Mobilitätsfalle tappen.“ Männer in Einpersonenhaushalten besitzen zu 88 Prozent einen Führerschein.

In der Gemeinde Breitenbrunn läuft der Gmoa-Bus bereits seit sechs Jahren. 321.000 Kilometer wurden seither zurückgelegt, sagt Bürgermeister Josef Tröllinger: „Den Gmoa-Bus muss man leben. Hat er sich einmal etabliert, will in keiner mehr los haben. Wir fahren auf Abruf, die Wartezeiten betragen höchsten fünf Minuten.“ Für den Betrieb des Gmoa-Busses wurden zwei Mitarbeiter fest angestellt.

Bedarfsorientierte Systeme
„Die bisherige Verkehrspolitik ist stark auf die Pendler konzentriert. Wir müssen prüfen, wo ein Linienbetrieb sinnvoll ist, und wo bedarfsorientierte Systeme die bessere Lösung sind. Lokale bedarfsorientierte Angebote kommen gerade der älteren Generation entgegen“, ist der burgenländische Verkehrskoordinator, Mag. Peter Zinggl überzeugt. Günstige Fahrtmöglichkeiten würden den Einkauf im Ort und im wesentlich erleichtern und soziale Strukturen stärken. „Außerdem wird das Verkehrsaufkommen in den Gemeinden verringert. Bedarfsorientierte Systeme schaffen Jobs und sparen Geld – auch wenn sie Geld kosten.“

Für den Ausbau des öffentlichen Verkehres nimmt das Land Burgenland viel Geld in die Hand: „2003 betrug das Budget des Landes für den öffentlichen Verkehr fünf Millionen Euro, heute sind dreimal so viel“, betont Zinggl.

Förderungen für Konzepte und Ankauf
Für die Anschaffung von Gemeindebussen oder ähnlichen Projekten stehen eine Reihe von Fördermöglichkeiten zur Verfügung. Im Rahmen der Dorferneuerung kann schon die Erstellung eines Konzeptes mit bis zu 50 Prozent und maximal 5000 Euro gefördert werden. Der Ankauf eines Fahrzeuges wird mit bis zu 30 Prozent (max. 8000 Euro) gefördert. Mehr gibt es für gemeindeübergreifende Projekte: Konzepte werden mit bis zu 60 Prozent (max. 7000 Euro) und der Ankauf mit bis zu 35 Prozent (max. 12.000 Euro) gefördert. Alle Förderungen sind einmalig.

Auf Bundesebene fördert klima:aktiv mobil Investitionen, Betriebskosten und Marketingkosten mit bis zu 50 Prozent (abhängig von CO2-Einsparung), fixe Obergrenzen gibt es keine.
Über die Regionalverkehrsförderung des Landes können 25 bis 35 Prozent des Betriebsabganges an Förderungen ausgelöst werden, maximal 8000 Euro jährlich. Bei gemeindeübergreifenden Projekten ab fünf Gemeinden beträgt die maximale jährliche Fördersumme 20.000 Euro.

„Derzeit greifen 34 Gemeinden auf das Angebot 60plus Taxi zurück, in sieben Gemeinden fährt ein Gmoa- oder Dorfbus, in Eisenstadt das City-Taxi“, weiß DI Roman Michalek, Leiter der Mobilitätszentrale Burgenland.
     
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