Rezar: Brauchen spezielle auf die ältere Generation zugeschnittenen Mobilitätsangebote
Eisenstadt (bmls) - Wir werden immer älter, und die Lebenserwartung in Österreich wie in ganz
Europa wird sich auch in den kommenden Jahrzehnten weiter erhöhen. Gerade das Burgenland ist davon besonders
betroffen. Das ist einerseits eine große zivilisatorischen Errungenschaft. Andererseits bedeutet der Anstieg
der Lebenserwartung eine große Herausforderung für die SeniorInnenpolitik im Burgenland. Eine der Fragen
die es zu lösen gilt, ist die der Mobiltät von älteren Menschen, vor allem in ländlichen Regionen.
Darüber diskutierten heute Abend Experten im Rahmen eines Symposiums im Landhaus in Eisenstadt. „Mobilität
ist vielfach die Voraussetzung für eine aktive Teilhabe in unserer Gesellschaft. Wie komme ich zum Arzt? Wie
kann ich Einkäufe erledigen? Wie kann ich meine Verwandten besuchen? All das sind wichtige Fragen für
ältere, weniger mobile Personen. Wir brauchen spezielle auf die ältere Bevölkerung zugeschnittene
Mobilitätsangebote“, so Landesrat Dr. Peter Rezar. Bedarfsorientierte Systeme als Ergänzung zum Linienbetrieb
im öffentlichen Verkehr könnten eine Lösung sein, sagen Experten. Das Symposium wurde vom Burgenländischen
Landesseniorenbeirat auf Initiative von Landesrat Peter Rezar veranstaltet.
2008 hat das Burgenland als erstes Bundesland ein Leitbild für die ältere Generation im vorgestellt.
„Die demographische Entwicklung und die damit verbundene Änderung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen
sind eine der zentralen Herausforderungen unserer Gesellschaft. Mit dem Leitbild für die ältere Generation
haben wir versucht eine Zukunftsstrategie zu entwickeln. Deshalb behandelt der Landesseniorenbeirat jedes Jahr
ein Thema des Leitbildes schwerpunktmäßig“, erklärt Landesrat Peter Rezar.
Ein zentrales Kapitel in diesem Leitbild beschäftigt sich mit der Mobilität von älteren Menschen
im Burgenland. Das Burgenland ist vom Wandel der Bevölkerungsstruktur besonders betroffen. 2011 lag der Anteil
der über 60-Jährigen im Burgenland mit 25,9 Prozent um 2,6 Prozent über dem Österreichschnitt.
Im Jahr 2016 – so die Prognosen – wird die 80.000er Grenze überschritten, und im Jahr 2027 soll die Altersgruppe
über 60-Jährigen erstmals 100.000 Personen umfassen. „Aufgrund der erwarteten demografischen Entwicklung
ist es erforderlich, das Verkehrssystem stärker auf die Belange der Senioren auszurichten. Das Leitbild soll
ein Handlungsleitfaden für die Politik und auch für wichtige gesellschaftspolitische Akteure – also auch
für die Kommunen oder die Verkehrsplaner – sein“, so Rezar.
Mobilitätsfalle
„15 bis 20 Prozent der Bevölkerung können in eine Mobilitätsfalle geraten. Das heißt:
keine Nahversorgung im fußläufigen Bereich, keine Anbindung an den öffentlichen Verkehr, kein familiäres
Netz im Nahbereich “, warnt der Raum- und Verkehrsplaner DI Helmut Hiess. Davon betroffen seien Personen, die über
keinen Pkw verfügen beziehungsweise zeitweilig oder gar nicht mehr in der Lage sind, ein Auto lenken und
körperlich und gesundheitlich eingeschränkt sind. „Auswege daraus könnten neue Mobilitätskonzepte
auf Basis kommunaler Selbstorganisation mit öffentlicher Unterstützung sein – wie zum Beispiel die Gmoa-Busse.
Hier ist das Burgenland bereits Vorreiter“, so Hiess. Dramatisch in diesem Zusammenhang sei, dass nur 12 Prozent
der Frauen in Einpersonenhaushalten einen Führerschein besitzen. Hiess: „Sie können leicht in die Mobilitätsfalle
tappen.“ Männer in Einpersonenhaushalten besitzen zu 88 Prozent einen Führerschein.
In der Gemeinde Breitenbrunn läuft der Gmoa-Bus bereits seit sechs Jahren. 321.000 Kilometer wurden seither
zurückgelegt, sagt Bürgermeister Josef Tröllinger: „Den Gmoa-Bus muss man leben. Hat er sich einmal
etabliert, will in keiner mehr los haben. Wir fahren auf Abruf, die Wartezeiten betragen höchsten fünf
Minuten.“ Für den Betrieb des Gmoa-Busses wurden zwei Mitarbeiter fest angestellt.
Bedarfsorientierte Systeme
„Die bisherige Verkehrspolitik ist stark auf die Pendler konzentriert. Wir müssen prüfen, wo
ein Linienbetrieb sinnvoll ist, und wo bedarfsorientierte Systeme die bessere Lösung sind. Lokale bedarfsorientierte
Angebote kommen gerade der älteren Generation entgegen“, ist der burgenländische Verkehrskoordinator,
Mag. Peter Zinggl überzeugt. Günstige Fahrtmöglichkeiten würden den Einkauf im Ort und im wesentlich
erleichtern und soziale Strukturen stärken. „Außerdem wird das Verkehrsaufkommen in den Gemeinden verringert.
Bedarfsorientierte Systeme schaffen Jobs und sparen Geld – auch wenn sie Geld kosten.“
Für den Ausbau des öffentlichen Verkehres nimmt das Land Burgenland viel Geld in die Hand: „2003 betrug
das Budget des Landes für den öffentlichen Verkehr fünf Millionen Euro, heute sind dreimal so viel“,
betont Zinggl.
Förderungen für Konzepte und Ankauf
Für die Anschaffung von Gemeindebussen oder ähnlichen Projekten stehen eine Reihe von Fördermöglichkeiten
zur Verfügung. Im Rahmen der Dorferneuerung kann schon die Erstellung eines Konzeptes mit bis zu 50 Prozent
und maximal 5000 Euro gefördert werden. Der Ankauf eines Fahrzeuges wird mit bis zu 30 Prozent (max. 8000
Euro) gefördert. Mehr gibt es für gemeindeübergreifende Projekte: Konzepte werden mit bis zu 60
Prozent (max. 7000 Euro) und der Ankauf mit bis zu 35 Prozent (max. 12.000 Euro) gefördert. Alle Förderungen
sind einmalig.
Auf Bundesebene fördert klima:aktiv mobil Investitionen, Betriebskosten und Marketingkosten mit bis zu 50
Prozent (abhängig von CO2-Einsparung), fixe Obergrenzen gibt es keine.
Über die Regionalverkehrsförderung des Landes können 25 bis 35 Prozent des Betriebsabganges an Förderungen
ausgelöst werden, maximal 8000 Euro jährlich. Bei gemeindeübergreifenden Projekten ab fünf
Gemeinden beträgt die maximale jährliche Fördersumme 20.000 Euro.
„Derzeit greifen 34 Gemeinden auf das Angebot 60plus Taxi zurück, in sieben Gemeinden fährt ein Gmoa-
oder Dorfbus, in Eisenstadt das City-Taxi“, weiß DI Roman Michalek, Leiter der Mobilitätszentrale Burgenland. |