Budgetausschuss berät Bereich Justiz
Wien (pk) - Zentrale Themen der Beratungen des Budgetausschusses über das Kapitel Justiz waren
am 10.11. insbesondere die neue Staatsanwaltschaft für die Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption
(WKStA), die Personalsituation im Justizbereich, der elektronische Hausarrest, aber auch Aspekte des Opferschutzes,
der Bewährungshilfe und des Konsumentenschutzes. Justizministerin Beatrix Karl zeichnete insgesamt ein positives
Bild der österreichischen Justiz im europäischen Vergleich.
International gesehen steige Österreichs Justiz sehr gut aus, schickte Karl auf Fragen des Abgeordneten Heribert
Donnerbauer (V) voraus. So liege Österreich etwa bei der Verfahrensdauer unter den Top 5 aller Mitgliedstaaten
des Europarats, die Verfahrenseffizienz durch IT-Einsatz und elektronischen Rechtsverkehr, insbesondere im Bereich
von Firmenbuch und Grundbuch, gelte europaweit als wegweisend. Die Gerichtsgebühren, die von Abgeordnetem
Wolfgang Zinggl (G) als zu hoch kritisiert wurden, seien im internationalen Vergleich niedriger als vielfach angenommen,
eine Reduktion sei daher nicht geplant. Als unangemessen hoch stufte Karl allerdings die Kopierkosten ein, kündigte
aber eine Halbierung im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes an.
Die von Donnerbauer thematisierten Veröffentlichungspflichten in der Wiener Zeitung sollten nach Meinung der
Ministerin "neu bewertet" werden, wobei sie auf Bewegung im Zuge der GmbH-Reform hoffte. Klar war für
Karl, dass diese Pflichtveröffentlichungen Kosten erzeugen, die im Zeitalter des Internets nicht mehr angemessen
erscheinen.
Abgeordnetem Peter Fichtenbauer (F) gegenüber teilte Karl mit, dass sich die Staatsanwaltschaft zur Verfolgung
von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) mit 3,5 Mio. € zu Buche schlagen wird. Von den 21 dafür
vorgesehenen Planposten habe man bisher aber nur 15 besetzen können, nun werde u.a. versucht, Personal von
der Rechtsanwaltschaft "abzuwerben". Das Personalproblem erklärte die Ministerin vor allem mit dem
Umstand, dass bei der WKStA nicht nur juristisches, sondern auch entsprechendes wirtschaftliches Know-how gefragt
ist. Deshalb werden der neuen Staatsanwaltschaft, wie sie ankündigte, nun auch zusätzlich sechs Wirtschaftsexperten
aus den Bereichen der Steuerberatung, des Controllings von Unternehmen und der Nationalbank zur Verfügung
gestellt. Die Aus- und Weiterbildung der RichterInnen und StaatsanwältInnen, für die der Entwurf 1,1
Mio. € vorsieht, läuft vor allem darauf hinaus, die Wirtschaftskompetenz zu stärken. Karl wies in diesem
Zusammenhang auf die nunmehr bestehende Möglichkeit hin, ein fünfmonatiges Praktikum in der Wirtschaft
zu absolvieren.
Das so genannte "Whistleblowing", das Abgeordneter Johannes Jarolim (S) im Zusammenhang mit Korruptionsbekämpfung
und Kronzeugenregelung zur Sprache brachte, hielt Karl für eine zielführende Maßnahme, um die Kommunikation
zwischen der Behörde und dem anonymen Hinweisgeber zu ermöglichen und dabei auch eine Vertrauensbasis
aufzubauen. Sie kündigte die Erprobung eines derartigen Modells an und wies auf diesbezügliche positive
Erfahrungen in Deutschland hin.
Zur Personalsituation, für die sich neben Jarolim auch Abgeordneter Herbert Scheibner (B) interessierte, bemerkte
Karl grundsätzlich, für die Justiz sei die Anzahl der Planposten eine besonders wichtige budgetäre
Größe. Angesichts des Erfordernisses von zusätzlichem Personal seien für diesen Bereich 35
Mio. € mehr budgetiert worden. Es gelte, für die Korruptionsbekämpfung, zur Stärkung der Wirtschaftskompetenz
sowie für den Bereich der Familiengerichtsbarkeit ausreichend Personal zur Verfügung zu stellen. Schon
in den vergangenen beiden Jahren sei die Zahl der Planstellen für RichterInnen und StaatsanwältInnen
erhöht worden, für 2012 sehe man nun keine Reduktion vor. Die von Scheibner kritisierte Senkung der Zahl
der Planstellen für RichteramtsanwärterInnen begründete Karl mit dem Bedarf dieser Planstellen für
die neue WKStA.
Unzufrieden zeigte sich Abgeordneter Albert Steinhauser (G) mit der budgetären Situation beim Verein "Neustart",
die er mit den Worten "weniger Personal für mehr Arbeit" umschrieb, sowie mit der fehlenden Budgetierung
der Kosten der elektronischen Fußfessel. Die Ministerin sprach hingegen von einem Plus von 200 000 € und
versicherte überdies, dass es über die Mehreinnahmen 2012 noch zusätzliches Geld geben werde, das
aber derzeit noch nicht budgetiert sei.
Was nun den elektronischen Hausarrest durch die Fußfessel anbelangt, informierte Karl in Richtung der Abgeordneten
Franz Glaser (V) und Harald Stefan (F), 455 Personen hätten bisher diese Art der Haft absolviert, es habe
an den insgesamt 40 000 Hafttagen keinerlei sicherheitsrelevante Vorfälle wie Fluchten gegeben. Die Einführung
des Systems habe 200 000 € gekostet, pro Person und Tag würden 4,50 € an Kosten anfallen. Karl kalkulierte
die bisher mit dem elektronischen Hausarrest verbundenen Einsparungen für die Justiz mit rund 4 Mio. €.
Für die Vereinssachwalterschaft – ein Anliegen des Abgeordneten Ewald Sacher (S) – werden nach Angaben Karls
2012 29,735 Mio. € zur Verfügung stehen. Um allerdings den dringendsten Bedarf abzudecken, wäre eine
Verdoppelung der Kapazitäten notwendig, gab sie zu bedenken. In Sachen Opferschutz wiederum, mit dem sich
die Abgeordnete Anna Franz (V) in ihren Fragen befasste, qualifizierte Karl die psychosoziale und juristische Prozessbegleitung
durch die derzeit 44 Opferhilfeorganisationen als Erfolg. Sie kündigte in diesem Zusammenhang einen Pilotversuch
eines Modells an, das speziell auf Vorschulkinder ausgerichtet ist und ein kindgerechtes Verfahren sicherstellen
soll, bei dem besonders ausgebildete Sachverständige als Tandem das Kind abseits des Gerichtssaals befragen.
Gegenüber Abgeordnetem Johann Maier (S), der Konsumentenschutzfragen aufwarf, wies Karl auf die für spätestens
bis Ende 2012 anvisierte Umsetzung der EU-Verbraucherschutzrichtlinie hin, die auch eine Button-Lösung zur
Bekämpfung der Internet-Abzocke enthält.
Vom Vorschlag der Einführung eines weisungsungebundenen Bundesstaatsanwalts war die Justizministerin "nicht
überzeugt". Sie könne darin keine wirkliche Verbesserung erkennen, sagte sie auf Fragen des Abgeordneten
Johannes Jarolim (S), wobei sie insbesondere mit Nachdruck betonte, es gebe keine politischen Weisungen, Weisungen
hätten nur den Zweck, eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen. Ausländische Erfahrungen, etwa
in der Slowakei oder in der Schweiz, würden zeigen, dass allein schon die Bestellung eines weisungsfreien
Bundesstaatsanwalts mit einem politischen "Gerangel" verbunden sei.
5 Mio. € sind 2012 für die Errichtung von Zutrittskontrollen in den Gerichten vorgesehen, die von Abgeordnetem
Johannes Hübner (F) angesprochen wurden. Das System soll Schritt für Schritt umgesetzt werden und alle
Gerichte erfassen, unterstrich Karl und ließ mit einer Statistik aufhorchen: Bei den bisherigen Kontrollen
sind 374 Schusswaffen, 39 862 Hieb- und Stichwaffen sowie 111 020 sonstige gefährliche Gegenstände abgenommen
worden. Dies allein zeige schon, wie wichtig Zutrittskontrollen sind, sagte sie.
Die Höhe der Rücklagen ihres Ressorts bezifferte Karl schließlich mit 51,7 Mio. € . Abgeordnetem
Herbert Scheibner (B) teilte sie mit, dass Teile davon zur Bedeckung des Mehrbedarfs für die neue Justizanstalt
in Salzburg, zur Finanzierung von Investitionen in die Strukturverbesserung oder etwa für die Stärkung
der Vereinssachwalterschaften aufgewendet werden.
Insgesamt sind für die Justiz im Jahr 2012 rund 1,186 Mrd. € veranschlagt, man rechnet mit Einnahmen in der
Höhe von rund 812 Mio. €. |