Österreichisches Parlament intensiv am politischen Dialog beteiligt
Wien (pk) - Am Vormittag des 10.11. besuchte der Vizepräsident der EU-Kommission Maros Sefcovic das
Parlament, wo er zunächst mit österreichischen Abgeordneten zusammentraf. Sefcovic, der als EU-Kommissar
für interinstutionelle Beziehungen und Verwaltung zuständig ist, lobte die aktive Rolle des Nationalrats
und des Bundesrat im Rahmen des politischen Dialogs und ging zudem auf aktuelle Entwicklungen in Bezug auf Griechenland
und die Euro-Zone ein. An der Aussprache nahmen die Abgeordneten Christine Muttonen, Kai Jan Krainer, Petra Bayr,
Micheal Schickhofer (alle S), Martin Bartenstein, Franz Glaser (beide V), Johannes Hübner (F) und Alexander
Van der Bellen (G) teil.
Durch den Vertrag von Lissabon und die Einführung des Subsidiaritätsmechanismus haben die nationalen
Parlamente ein größeres Mitspracherecht in europäischen Angelegenheiten erhalten, was an der Intensivierung
des politischen Dialogs deutlich sichtbar sei, erklärte Sefcovic. Gerade in schwierigen Zeiten halte es die
EU für umso wichtiger, einen engen Kontakt mit den jeweiligen Volksvertretungen zu pflegen, meinte er, da
auf dieser Ebene die Maßnahmen implementiert werden müssen. Generell konnte der Meinungsaustausch im
Laufe der Jahre intensiv ausgebaut werden konnte; insgesamt erhalte bzw. beantworte die Kommission etwa 600 Stellungnahmen
pro Jahr von nationalen Parlamenten. Es sei übrigens sehr erfreulich, dass der österreichische Nationalrat
und der Bundesrat zu den aktivsten Kammern innerhalb der EU gehören. Sollte es hinsichtlich von Legislativvorschlägen
oder anderer Dokumente noch zusätzlichen Informationsbedarf geben, so sei die Kommission jederzeit bereit,
Experten zu entsenden, um offene Fragen mit den nationalen MandatarInnen zu klären, unterstrich Sefcovic gegenüber
Abgeordneter Muttonen (S).
Einen Großteil seiner Ausführungen widmete Sefcovic den aktuellen Entwicklungen rund um die Griechenland-Krise
und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Euro-Zone. Abgeordnetem Van der Bellen gegenüber räumte
Sefcovic ein, dass es zu lange gedauert habe, bis die EU auf die Probleme in Griechenland reagiert hat. Er führte
dies u.a. darauf zurück, dass sich wahrscheinlich wenige vorstellen konnten, dass eine so kleine Ökonomie
so große Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft haben kann. Mittlerweile seien aber nun einige richtungsweisende
Beschlüsse gefasst worden (z.B. die Beteiligung des privaten Sektors, die Optimierung der Finanzierungsmechanismen
der EFSF sowie die Rekapitalisierung der Banken), die dazu beitragen sollen, das Vertrauen in die Institutionen
wiederherzustellen. Die Kommission halte es zudem für wichtig, die wirtschafts- und haushaltspolitische Koordinierung
und Überwachung der budgetären Verpflichtungen noch weiter auszubauen. Dafür sollten aber zunächst
die vorhandenen Instrumente genutzt werden, da seiner Meinung nach eine Vertragsänderung derzeit sehr schwierig
umsetzbar wäre. Auch die Diskussion über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, die natürlich
auf globaler Ebene wünschenswert wäre, werde sicher fortgesetzt, allerdings gebe es derzeit massiven
Widerstand von Seiten Großbritanniens.
EU-Kommissar Maros Sefcovic
Der 45-jährige Slowake, der seine Ausbildung u.a. an der Moskauer Hochschule für internationale Beziehungen
und der Juristischen Fakultät in Bratislava absolviert hat, trat 1990 ins Außenministerium (damals noch
Tschechoslowakei) ein und war dort in verschiedenen Funktionen tätig. Im Jahr 2004 übersiedelte er nach
Brüssel, wo er zunächst Botschafter und dann Kommissar für Bildung, Kultur und Jugend (2009-2010)
war; am 9.2.2010 wurde er zum Vizepräsidenten der EU-Kommission (zuständig für interinstutionelle
Beziehungen und Verwaltung) ernannt. |