Mailath: Österreichische Staatbürgerschaft für Nachkommen Vertriebener erleichtern   

erstellt am
10. 11. 11

Wiens Kulturstadtrat eröffnet Teddy-Kollek-Lehrstuhl in Jerusalem
Wien (rk) - "Wenn Nachkommen vertriebener Österreicher nach all dem Unrecht gegenüber ihren Vorfahren dennoch österreichische Staatsbürger werden wollen, sollte ihnen das ohne Schwierigkeiten ermöglicht werden. Österreich ist ihnen das schuldig!" betonte Wien Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny am 09.11. in seiner Rede anlässlich der Inauguration eines Lehrstuhls für Teddy Kollek an der Hebrew University in Jerusalem. "Ich bin zwar nicht für die Gesetzgebung der Republik Österreich zuständig, aber ich werde mich aus voller Überzeugung dafür einsetzen, dass das, was in Deutschland längst Selbstverständlichkeit ist, auch in Österreich umgesetzt wird", unterstrich Mailath. Die Eröffnung des von der Stadt Wien mitfinanzierten Lehrstuhls, die der Kulturstadtrat in Vertretung des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl vornahm, ist Teil eines dichten dreitägigen Besuchsprogramms in Jerusalem. Zentrale Stationen stellen u.a. der Besuch des "David Yellin College", einer ebenfalls von der Stadt Wien finanzierten Forschungseinrichtung der Jerusalem Foundation, eine Kranzniederlegung in der Holocaustgedenkstätte "Yad Vashem" sowie ein Besuch und Treffen mit offiziellen Vertretern der Stadt Ramallah dar.

Die Idee für einen "Kollek Jerusalem Vienna Chair for the Study of the Cultural Aspects of Vienna and Jerusalem" an der Hebrew University ging von den beiden großen Bürgermeistern Teddy Kollek und Helmut Zilk aus. Die Stadt Wien hat diese Idee und deren Umsetzung von Beginn an ideell und finanziell unterstützt. "Männer wie Teddy Kollek, Helmut Zilk oder Simon Wiesenthal lehrten uns, das Verbindende vor das Trennende zu stellen. Aber auch, dass es einen Willen braucht, das Verbindende zu pflegen", erklärte Mailath. Die Einrichtung dieses Lehrstuhls bedeute daher nicht nur den Beginn einer fruchtbaren wissenschaftlichen Arbeit und die Spurensuche einer gemeinsamen Vergangenheit, sondern auch eine Vertiefung der freundschaftlichen Verbindungen zwischen Wien und Jerusalem.

"Die Wiener Geschichte ist mit der jüdischen Kultur aufs Engste verbunden", fuhr der Wiener Kulturstadtrat fort. Der unglaublichen Bereicherung Wiens um einen großteils von Juden getragenen wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Fortschritt, stehe die Vertreibung, die Ermordung der österreichischen, der europäischen Juden gegenüber. Die Schrecken des Nationalsozialismus seien nicht einfach zufällig passiert, sondern hatten gerade auch in Wien ihre Wurzeln und Ursachen. "In Wien begehen wir den heutigen 9. November im Gedenken an die Opfer sehr bewusst und erinnern an das, was war, ohne zu verschweigen. Die Stadt wäre eine andere, eine reichere, eine weltoffenere, eine kreativere, wenn die Jüdinnen und Juden nicht ermordet oder vertrieben worden wären", betonte Mailath.

Österreich habe lange gebraucht, um sich der Wahrheit über dieses schwere Erbe seiner Geschichte zu stellen. "Es war nicht zuletzt der österreichische Bundeskanzler Franz Vranitzky, der zu Beginn der Neunziger Jahre hier am Mount Scopus und im Parlament in Wien die österreichische Verantwortung einbekannte und einmahnte. Die Haltung der Stadt Wien in der Frage des Umgangs mit der Vergangenheit ist sehr eindeutig. Wir stellen uns unserer Vergangenheit", betonte Mailath und verwies auf die vielen jüdischen Aktivitäten und Projekte, die die Stadt Wien in den letzten Jahren unterstützte, etwa das renovierte und vor ein paar Wochen wiedereröffnete Jüdische Museum Wien, die Vielzahl von Gedenk- und Vermittlungsprojekten und Mahnmalen, die vorbildliche Restitutionspraxis der Stadt Wien oder die posthume Zuerkennung von Ehrengräbern für jüdische Prominenz und vieles mehr.

Über all dem dürfe man jedoch nicht die Gegenwart und vor allem die Zukunft vergessen. "In Wien ist eine lebendige, sehr selbstbewusste und in all ihren Ausprägungen sehr diverse jüdische Gemeinde entstanden. Die Lebendigkeit des modernen Judentums ist auch eine späte Genugtuung darüber, dass die Nazis eben nicht gesiegt haben, ihr Plan nicht aufging. Die jüdische Gemeinde breitet sich weiter aus und sie floriert. Und Wien ist mit dieser jüdischen Gemeinde aufs Engste verbunden", schloss Mailath.
     
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