In Kooperation mit der Universität Wien werden angehende islamische
Religions- lehrerinnen und -lehrer ab diesem Semester auch an der Universität Innsbruck ausgebildet. Bisher
gab es diese Möglichkeit nur in Wien.
Innsrbruck (universität) - Bereits seit dem Schuljahr 1982/83 gibt es den islamischen Religionsunterricht
an österreichischen öffentlichen Schulen. In dieser Hinsicht gilt Österreich als modellhaft – bislang
war es allerdings für angehende islamische Religionslehrerinnen und -lehrer nicht möglich, eine entsprechende
Ausbildung in Westösterreich zu absolvieren. In Zusammenarbeit mit der Universität Wien bietet die Universität
Innsbruck nun seit diesem Semester diese Möglichkeit und öffnet mit dem Master-Studium „Islamische Religionspädagogik“
diesen Ausbildungszweig erstmals für Westösterreich. Die wissenschaftliche Verantwortung für das
Studium tragen der Leiter des Bereichs „Islamische Religionspädagogik“ am Institut für Bildungswissenschaft
der Universität Wien, Prof. Ednan Aslan, und der Studienbeauftragte für Lehramt und Katholische Religionspädagogik
der Katholisch-Theologischen Fakultät in Innsbruck, Prof. Matthias Scharer. „Den dringenden Bedarf einer islamischen
Religionslehrerausbildung in Innsbruck habe ich während meiner Gastprofessur an der Islamischen Religionspädagogik
in Wien erkannt. Dort habe ich auch gesehen, wie muslimische und christliche Theologinnen und Theologen in Lehre
und Forschung kooperieren können und wie spannend das sein kann. Speziell die islamischen Lehrveranstaltungen,
die die Universität nun anbietet, stellen auch für nichtmuslimische Studierende eine große Bereicherung
des Studienangebotes dar“, ist Matthias Scharer überzeugt.
Gesellschaftlicher Auftrag der Universität
Das Masterstudium „Islamische Religionspädagogik“ wird in Form eines Lehreverbundes zwischen den Universitäten
Wien und Innsbruck durchgeführt. Die Mindeststudiendauer beträgt vier Semester, die Studierenden sind
in Wien inskribiert und haben in Innsbruck Mitbeleger-Status. Mit der Einführung dieses Studiums erfüllt
die Universität den im Universitätsgesetz festgelegten Auftrag, demgemäß sie verpflichtet
ist, ihren Beitrag „zur gedeihlichen Entwicklung der Gesellschaft“ zu leisten. „Dieser Auftrag bedeutet auch, sich
mit der Diversität der Gesellschaft produktiv auseinanderzusetzen und dafür zu sorgen, dass Vielfalt
gelebt werden kann, dass dabei aber zugleich die gemeinsame Basis unserer Gesellschaft, die im geltenden Recht
verankert ist, akzeptiert wird“, hält Prof. Margret Friedrich, Vizerektorin für Lehre und Studierende
der Universität Innsbruck, fest.
Prof. Ednan Aslan, der seit mehreren Jahren für das Masterstudium in Wien verantwortlich ist, betont die große
Bedeutung des islamischen Religionsunterrichts für die muslimische Bevölkerung in Österreich: „Der
islamische Religionsunterricht in Europa ist der Ort der ‚Selbstverortung’, der Identitätsbildung und eine
innere Heimat schlechthin für die muslimischen Kinder in Europa. In dieser Heimat erwerben die Kinder die
Kompetenzen, der Gesellschaft mit Zuversicht, Selbstvertrauen und Gewissheit zu begegnen. Der islamische Religionsunterricht
bietet die Chance, dass die Schülerinnen und Schüler im Kontext ihres Religionsunterrichtes die Widersprüche
zwischen ihrer Religion und der Gesellschaft klären können.“ Damit erfüllt der islamische Religionsunterricht
die Aufgabe, die muslimischen Kinder bei ihrer ‚Verheimatung‘ in Europa zu unterstützen. „Ohne das Gefühl
einer inneren Verbundenheit kann man der Gesellschaft nicht wirklich dienlich sein“, meint Ednan Aslan und führt
weiter aus: „Die islamische Erziehung hat die Aufgabe, den Kindern diesen Wandel deuten zu helfen, damit eine europäische
Identität in einer säkularen und pluralistischen Gesellschaft in einem offenen Dialog mit der eigenen
Tradition möglich wird.“
Bedeutung für Innsbruck
Der hohe Stellenwert, den die Universität Innsbruck der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung einräumt,
wird durch die Einführung dieses Studiums abermals deutlich: „In der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern
wird eine Grundlage für die Heranbildung der nächsten Generationen gelegt. Ein besonderes Anliegen ist
uns auch die universitäre Bildung von Religionslehrerinnen und -lehrern, da diese einerseits ihrer jeweiligen
Glaubensgemeinschaft verpflichtet sind, von ihnen andererseits aber auch erwartet wird, dass sie sich für
ein von gegenseitigem Respekt getragenes Zusammenleben in unserer Gesellschaft einsetzen“, betont Margret Friedrich.
An den Universitäten ist diese Ausbildung nicht zuletzt deshalb verortet, weil Lehrerinnen und Lehrer für
den islamischen Religionsunterricht gut ausgebildet sein müssen, um den Erwartungen, die an diesen Unterricht
gestellt werden, entsprechen zu können. „Wir brauchen gut ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer, die die Verhältnisse
in Österreich kennen, und die auch Fragen der Kinder, die sie aus ihrer eigenen Tradition nicht kennen, beantworten
können. Dieser Herausforderung können die Muslime aus ihren eigenen Moscheeverhältnissen heraus
nicht standhalten. Daher brauchen sie professionelle und universitäre Unterstützung, um die nötigen
Kompetenzen erwerben zu können“, sagt Ednan Aslan und hebt hervor: „Durch die Erfahrungen, die sie bei der
Ausbildung der Religionslehrerinnen und -lehrer hat, bietet die Universität Innsbruck, die auch in der islamischen
Welt eine hohe Anerkennung genießt, als Standort die besten Voraussetzungen.“
In Innsbruck koordiniert Ass.-Prof. Martina Kraml den Lehreverbund Islamische Religionspädagogik. Der Großteil
der in Innsbruck angebotenen Lehrveranstaltungen stammt aus dem bereits vorhandenen Angebot der Universität,
darunter befindet sich die hervorragende religionsdidaktische Ausbildung an der Katholisch-Theologischen Fakultät.
„Im derzeitigen Programm sind vier Fakultäten beteiligt“, erklärt Martina Kraml und fügt an, im
Zuge der Weiterentwicklung des Studiums könnten noch Angebote weiterer Fakultäten einbezogen werden.
Die islamisch-theologischen Lehrveranstaltungen werden von externen muslimischen Lehrbeauftragten aus Deutschland
und Österreich gestaltet. Für das kommende Wintersemester 2012/13 sind – neben dem jetzigen Angebot –
auch Lehrveranstaltungen für alevitisch-islamische Studierende angedacht. |