PsychologInnen der Uni Graz identifizierten Kriterien zur nachhaltigen Gesundheitsförderung
am Arbeitsplatz
Graz (universität) - Stress bei der Arbeit macht immer mehr Menschen krank. Darunter leiden
nicht nur die unmittelbar Betroffenen, sondern auch die Unternehmen. Betriebliche Gesundheitsförderung ist
zum Zauberwort geworden, um die Leistungsfähigkeit von MitarbeiterInnen zu steigern. Halbherzige Lösungen
sind jedoch zum Scheitern verurteilt, sind Dr. Paul Jiménez und Mag. Kerstin Eibel vom Institut für
Psychologie der Karl-Franzens-Universität Graz überzeugt. Die beiden ForscherInnen haben anhand von Best-Practice-Beispielen
herausgefunden, was Projekte zur Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz langfristig erfolgreich
macht.
„Wesentlich für die erfolgreiche Umsetzung von betrieblicher Gesundheitsförderung ist, dass sie von oben
gewollt ist“, unterstreicht Paul Jiménez eine Voraussetzung, die selbstverständlich erscheint, in der
Praxis aber keineswegs immer gegeben sei. „Die Führungsebene muss die Maßnahmen unterstützen.“
Das gleiche gelte für die MitarbeiterInnen. „Sie müssen partizipieren und Ideen einbringen können.“
Und schließlich seien auch Veränderungen im System und in den Abläufen des Unternehmens nötig.
„Das kann heißen, die Arbeitsorganisation zu optimieren oder eine neue Pausenkultur zu entwickeln“, nennt
Kerstin Eibel Beispiele.
Häufig beschränken sich Betriebe auf Angebote, die von den MitarbeiterInnen genutzt werden können
oder nicht, wie etwa Laufgruppen oder gesunde Ernährung in der Kantine. Diese und ähnliche Maßnahmen
greifen jedoch zu kurz, sind sich die WissenschafterInnen einig. „Die Unternehmen müssen sich verantwortlich
fühlen für die Gesundheit ihrer MitarbeiterInnen und die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen, damit
sich die Menschen bei der Arbeit wohlfühlen“, betont Eibel. Dazu zähle Unterstützung bei der Vereinbarkeit
von Beruf und Familie ebenso wie die Schaffung eines Betriebsklimas, in dem jede und jeder Wertschätzung erfahre.
Solche Veränderungsprozesse kosten zwar Zeit und Geld, werden sich langfristig aber rechnen“, ist die Psychologin
überzeugt.
Diese Erkenntnisse resultieren aus Untersuchungen im Rahmen des von der EU geförderten Forschungsprojekts
„Chance4Change“. Gemeinsam mit KollegInnen der Universität Maribor analysierten Jiménez und Eibel die
Konzepte und Ergebnisse der betrieblichen Gesundheitsförderung von 62 Unternehmen aus dem EU-Raum, die als
Best-Practice-Beispiele von zertifizierten Stellen ausgezeichnet worden sind – von Firmen mit rund 30 MitarbeiterInnen
bis zu Betrieben mit über fünftausend ArbeitnehmerInnen. Daraus filterten die Grazer WissenschafterInnen
jene Kriterien, die für eine nachhaltig erfolgreiche Umsetzung von Konzepten zur Reduktion von Stress und
Förderung von Wohlbefinden am Arbeitsplatz entscheidend sind.
„Interessant ist, dass sich die anhand der Praxisbeispiele gewonnenen Erfolgskriterien nicht mit den existierenden
Leitlinien und Empfehlungen zum Vorgehen im Rahmen von Stress- und Burnout-Prävention decken“, fügt Jimenez
hinzu. So sei etwa die Fortbildung von Führungskräften in den Leitlinien relativ weit hinten gereiht,
während sie in der Realität eine wesentliche Rolle spielt. |