Töchterle bleibt bei Forderung nach Studienbeiträgen
Wien (pk) - Die Diskussion zum Budgetkapitel Wissenschaft und Forschung rundete die Tagesordnung
der Sitzung vom 17.11. ab. Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) thematisierte die unterschiedlichen Curricula in
den verschiedenen österreichischen Universitäten. Dies sei ein unhaltbarer Zustand, hier bestehe dringender
Handlungsbedarf. Das gesamte System der Universitäten müsse geändert werden, sodass wirklich jeder
Österreicher und jede Österreicherin das studieren könne, was er bzw. sie will. Und solange das
nicht gegeben sei, brauche man über Studiengebühren gar nicht erst reden, stellte er fest. Zum Thema
brachte er einen Antrag betreffend Einführung des Herkunftsland-Prinzips ein.
Abgeordnete Katharina CORTOLEZIS-SCHLAGER (V) meinte, man könne nie genug in die Bildung investieren, doch
zwinge die Wirtschaftskrise dazu, das Geld mit Bedacht zu investieren. Im internationalen Vergleich könne
sich Österreich gleichwohl dennoch sehen lasse, denn Österreich zähle immer noch zu jenen Ländern,
die am meisten in die Bildung investierten. Diesen Kurs müsse man fortsetzen.
Abgeordneter Kurt GRÜNEWALD (G) erklärte, das Universitätsbudget sinke real und nominell, sodass
er die positive Sichtweise seiner Vorrednerin nicht teilen könne. Durch die Streichung der Publikationsförderung
würden viele wichtige Bücher und Zeitschriften nicht mehr veröffentlicht werden können, was
sehr nachteilige Folgen für den heimischen Wissenschaftsbetrieb haben werde. Die vorherrschenden Mängel
an den Universitäten seien unerträglich, diese müssten dringend behoben werden, schloss der Redner,
besonders auf die Situation an der Medizin-Universität verweisend.
Abgeordnete Andrea KUNTZL (S) konstatierte, mit dem vorliegenden Budget könnten nicht die großen Sprünge
gemacht werden, die beschlossenen Vereinbarungen seien aber gewährleistet. Es müsse aber betont werden,
dass in den nächsten Jahren die richtigen Schwerpunkte gesetzt würden, wozu auch entsprechende Investitionen
in unsere Hochschulen zählten.
Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) zeigte sich skeptisch, dass die Wirklichkeit den Ankündigungen der Regierungsparteien
standhalten werde. Die avisierten Mittel der so genannten "Uni-Milliarde" entpuppten sich als "Peanuts"
und verschwänden in den Globalbudgets der Universitäten. Mit diesem Budget werde eine wirkliche Bildungsoffensive
nicht ins Werk gesetzt werden können, man fahre damit nicht in die Zukunft, sondern vielmehr zurück in
die Vergangenheit, befürchtete der Redner.
Abgeordnete Karin HAKL (V) stellte mit Zufriedenheit fest, dass das Wissenschaftsbudget einen Zuwachs von 3% aufweise.
Die Ausgaben, würden zu einem beträchtlichen Teil für die Forschung wirksam und stellen damit Zukunftsinvestitionen
dar. Die öffentliche Hand könne aber auf Dauer nicht allein einen Großteil der Innovations- und
Forschungsbudgets tragen. Es müsse eine größere Beteiligung von privatem Geld geben. Zur Frage
der Studienbeiträge meinte Hakl, diese wären nicht nur ein wichtiger finanzieller Beitrag, sondern würden
zu mehr sozialer Gerechtigkeit und zur Planbarkeit des Studierendenzustroms an den Universitäten beitragen.
Die Abgeordnete sah in dieser Frage bereits Bewegung quer durch alle Parteien. Österreich sei, was EU-Mittel
für Forschung betreffe, bereits zu einem Netto-Empfänger geworden, hier sei man auf einem guten Weg.
Wissenschaftsminister Karlheinz TÖCHTERLE zeigte sich erfreut, dass Konsens darüber bestehe, dass Wissenschaft
und Forschung wesentliche Zukunftsbereiche sind: Es mache ihn nämlich zuversichtlich, dass man die Partner
zur Durchsetzung der Maßnahmen, die es zur Stärkung dieses Sektors zu treffen gelte, auch finden werde.
Zu sprechen kam Töchterle aber auch auf die 2010 vereinbarten Einsparungen, die natürlich immer schmerzhaft
seien. Seine Vorgängerin habe jedoch versucht, Einschnitte in Kernbereiche hintanzuhalten, was er ebenfalls
begrüße. Dass der klinische Mehraufwand, auf den Abgeordneter Grünewald zu sprechen gekommen war,
seit Jahren Probleme bereite, sei nicht zu leugnen. Allerdings wolle man sich dieses Themas hinkünftig annehmen,
versicherte der Wissenschaftsminister.
Was den universitären Bereich anbelangt, erhielte er 2012 den größten Anteil am Gesamtbudget. Die
Offensivmittel in Höhe von 80 Mio. € jährlich bis 2015 würden leider nur allzu häufig "kleingeredet",
monierte Töchterle, sie machten aber einen weiteren Ausbau den Fachhochschulplätzen und Offensivmaßnahmen
bei den MINT-Fächern möglich.
In Hinblick auf die ebenfalls angesprochene Hochschulmilliarde, die zwischen 2013 und 2015 fließen soll,
befinde er sich in Verhandlung mit Finanzministerin Fekter. Natürlich dürften diese Mittel nicht "mit
der Gießkanne" verteilt werden, zeigte sich Töchterle überzeugt, es gelte schließlich
einen verantwortungsvollen und effizienten Einsatz sicherzustellen. Die Gelder würden außerdem an die
Entwicklung des Hochschulplans gekoppelt, der zu einem strategischen Instrument zur Stärkung des tertiären
Sektors werden solle.
Was die Finanzierung der Hochschulen anbelange, gelte es neben Mitteln aus öffentlicher Hand auch von Geldern
aus privater Hand zu sprechen. In diesem Sinne müsse man schlussendlich aber auch von Studienbeiträgen
zu sprechen. Das Modell, dass er präsentiert habe, sei schließlich derart ausgestaltet, dass es alle
bestehenden Bedenken ausräumen sollte. Jungen Menschen sollten auch zukünftig unabhängig von ihrem
finanziellen Hintergrund studieren können, versicherte er.
Das österreichische System der Studienförderung dürfe außerdem nicht derart schlecht geredet
werden, wie heute leider häufig der Fall sei. Man müsse die Studienbeihilfe schließlich auch in
Zusammenhang mit der Familienbeihilfe, die in Österreich über das 18. Lebensjahr hinaus bezogen werden
kann, betrachten, erläuterte Töchterle.
Was FWF und Akademie der Wissenschaften anbelangt, werde es zu einigen Veränderungen kommen, die sich auf
diese Institutionen aber schlussendlich positiv auswirkten, zeigte er sich überzeugt. Die diesbezüglichen
Straffungen wären damit durchaus als Erfolg zu bewerten.
Die österreichische Wissenschaft und Forschung seien damit viel besser, als sie im öffentlichen Diskurs
oft dargestellt würden, hielt Töchterle fest. Man befinde sich zwar in einer schwierigen Situation, doch
gelte es auch weiterhin optimistisch in die Zukunft zu blicken und sicherzustellen, dass sich diese Zukunftsbereiche
entsprechend weiterentwickeln können.
Abgeordneter Gerhard DEIMEK (F) meinte, er hoffe, dass mit "mehr privates Geld" für die Universitäten
tatsächlich die Lukrierung von Fördermitteln aus der Wirtschaft gemeint sei, und nicht zusätzliche
Belastungen Privater für ein Studium. Ein Blick auf das Budget zeige, dass die Regierung offenbar Geld für
vieles habe, nicht aber für die Anliegen der österreichischen Studierenden. Er brachte daher einen Entschließungsantrag
ein, in dem gefordert wird, die Ausgaben für Wissenschaft und Forschung bis 2015 auf zumindest 2% des BIP
zu erhöhen. Dazu sollten als erste Maßnahme die nicht zweckgebundenen Rücklagen des Ressorts aufgelöst
und den Unis zur Verfügung gestellt werden. Was der Bundesminister betreibe, sei aber nur eine "blinde
Rotstiftpolitik", sagte Deimek.
S-Mandatarin Sabine OBERHAUSER sprach in ihrer Wortmeldung die Problemfälle der Universitätskliniken
in Wien und Innsbruck an. In Wien drohten, werde das Budget so fortgeschrieben, spätestens 2013 massive Einsparungen
im ärztlichen Angebot des AKH. In Innsbruck gebe es ein strukturelles Problem, es werde daher überlegt,
ob eine Rückführung in eine größere Universitätsstruktur Synergien freisetzen könnte.
Zur Frage der Studiengebühren meinte sie, es sei zweifelhaft, ob diese nach dem von Bundesminister Töchterle
vorgelegten Modell tatsächlich sozial gestaltet werden könnten. Tatsächlich müssten bereits
jetzt viele Studierende neben dem Studium arbeiten und man belaste sie mit vielen bürokratischen Hürden.
Es sei aus ihrer Sicht eine Frage der Gerechtigkeit, Vermögenssteuern und eine "Millionärssteuer"
einzuführen.
G-Abgeordnete Ruperta LICHTENECKER kam auf die ihrer Ansicht nach zu geringe Forschungsquote zu sprechen und prognostizierte
angesichts der knappen Budgetsituation einen weiteren Rückgang bis 2015. Es gelte deshalb, gemeinsam daran
zu arbeiten, dass es nicht so weit komme: Die Grüne Fraktion sei zu diesbezüglichen Verhandlungen bereit.
Kritik übte Lichtenecker in diesem Zusammenhang aber auch daran, dass noch immer kein Forschungsfinanzierungsgesetz
vorliegt, obgleich man ein solches in Aussicht gestellt habe. Vor dem Hintergrund des nach 2020 drohenden Ärztemangels
forderte die G-Mandatarin überdies die Schaffung einer Medizinischen Universität in Oberösterreich
und mahnte die Vorlage der angekündigten Ärztebedarfsstudie ein. Zuletzt setzte sich Lichtenecker außerdem
für eine bessere Förderung von Frauen im Forschungsbereich ein.
Abgeordneter Heribert DONNERBAUER (V) sah eine erfolgreiche Verhandlungsstrategie des Wissenschaftsministers, mit
der er eine Steigerung des Budgets für Wissenschaft und Forschung und die Sicherung der Offensivmittel für
Universitäten und Fachhochschulen erreicht habe. Der Beitrag, den das Parlament zur Unterstützung dieses
Erfolgs leisten könnte, wäre eine sachliche Diskussion über Studiengebühren, meinte Donnerbauer.
Es gebe ernstzunehmende Argumente für die Einführung maßvoller Studienbeiträge. Durch sie
könnten, ohne sozial Schwache zu belasten, beträchtliche Mittel für die Universitäten aufgebracht
werden. Es habe sich gezeigt, dass die Befürchtungen haltlos waren, sie würden zu einem Ausschluss sozial
Schwächerer von den Universitäten führen. Auch die Fachhochschulen seien schließlich trotz
Studiengebühren ein Erfolgsmodell.
B-Mandatar Kurt LIST sprach von einer "stupiden" Haltung des Bundeskanzlers in Hinblick auf das Thema
Studiengebühren. Dabei sei eine "glatte Mehrheit" in Österreich für die Wiedereinführung
derartiger Beiträge: Nehme man den WählerInnenwillen ernst, so könne man sich dieser Realität
auch nicht länger verschließen. Angesichts der Tatsache, dass Studiengebühren absicherten, dass
ernsthafter und schneller studiert werde, und die heimischen Universitäten dadurch zusätzliche Mittel
erhielten, sei es auch unverantwortlich, sie weiterhin strikt abzulehnen, stellte List klar: Zugangsbeschränkungen
und Studienbeiträge, wie sie das BZÖ vorschlage, garantierten schließlich, dass die österreichischen
Hochschulen "Talentschmieden" bleiben.
S-Abgeordneter Harry Rudolf BUCHMAYR thematisierte am Beispiel des Bezirks Braunau die Bedeutung von Bildung. Die
Betriebe der Region hätten große Probleme, hochqualifizierte MitarbeiterInnen zu finden. Daher wäre
eine Fachhochschule für Metallurgie für die Region sehr wichtig. Er leitete daraus ab, dass es für
die österreichischen Regionen erforderlich sei, Forschungsmittel der Industrie als auch EU-Fördergelder
zu lukrieren. Dazu würde es aber eines besseren Bildungsmanagements bedürfen, ein solches wünsche
er sich auch von Seiten des Wissenschaftsressorts.
Abgeordneter Ernest WINDHOLZ (B) meinte, dass man in Hinblick auf den tertiären Sektor nicht an der Frage
der Studiengebühren vorbeikomme. Die SPÖ solle sich deshalb nicht länger stur zeigen und den Weg
für ihre Wiedereinführung frei machen. Sie sollte, wenn sie die Forderung nach einer Reichensteuer stelle,
schließlich auch bedenken, dass derzeit viele junge Menschen aus reichem Hause gratis studieren könnten:
Das sei alles andere als fair, zeigte sich Windholz überzeugt. Zuletzt kam Windholz auf die erfolgreiche Zusammenarbeit
mit dem Ludwig-Blotzmann-Institut im Rahmen der Niederösterreichischen Landesausstellung zu sprechen, die
556.000 BesucherInnen angezogen hatte: Durch diese erfolgreiche Kooperation sei es schließlich möglich
gewesen, eine Gladiatoren-Schule freizulegen, was auch in archäologischen Fachkreisen für entsprechendes
Echo gesorgt habe.
V-Mandatarin Anna FRANZ sah im Budget klar erkennbare Prioritäten in den Bereichen Bildung, Forschung und
Entwicklung. Es stelle sicher, dass man bis 2020 die angepeilten 2% BIP-Anteil der Ausgaben für Wissenschaft
und Forschung erreichen werde. Bundesminister Töchterle habe einen Hochschulplan in Aussicht gestellt, um
eine niedrigere Dropout-Rate und höhere Absolventenzahlen zu erreichen. Sozial gerechte und moderate Studienbeiträge
würden dazu einen wichtigen Beitrag darstellen. Österreich gebe im internationalen Vergleich sehr hohe
Beträge für Studienplätze aus. Zu den Fachhochschulen meinte sie, deren Ausbau könne mit den
vorhandenen Mitteln fortgesetzt werden. Sie seien eine Erfolgsgeschichte, meinte die Abgeordnete. Fachhochschulen
hätten eine gute Ausstattung, eine funktionierende Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und eine gute soziale
Durchmischung.
Abgeordneter Erwin PREINER (S) äußerte Bedauern darüber, dass es nicht gelungen sei, mehr Mittel
für den Bereich Wissenschaft zur Verfügung zu stellen. Gelder wären im Hochschulsektor schließlich
gut angelegt: Es handle sich nämlich um Investitionen in die Zukunft. Bei Wissenschaftsminister Töchterle
erkundigte sich der Abgeordnete nach dem Zeitpunkt des Vorliegens des angesprochenen Hochschulplans und seinen
Plänen in Hinblick auf den Bereich der Studienwahlberatung, die nun nicht mehr verpflichtend durchgeführt
werden solle. Töchterle wäre außerdem gut beraten, an der von Seiten der SPÖ initiierten Verteilungsgerechtigkeitsdebatte
teilzunehmen, stand für Preiner fest: Er hoffe schließlich, dass es nie zu einer generellen und flächendeckenden
Einführung von Studiengebühren kommen werde.
V-Abgeordneter Peter MAYER fasste den Gang der Debatte dahingehend zusammen, dass es kein Sparen in den Bereichen
Wissenschaft und Forschung geben werde. Es werde Planbarkeit und Berechenbarkeit für die Hochschulen geben.
Es sei klar geworden, dass die Regierung sich weiterhin zu ihrer Offensive in Wissenschaft und Forschung bekenne.
Auch die Uni-Milliarde sei gesichert. Diese brauche aber auch einen Hochschulplan und ein gutes Stipendiensystem.
Er bekenne sich prinzipiell zu Studiengebühren, für die viele gute Gründe sprächen. Die Universitäten
müssten dafür eine entsprechende Leistung anbieten, und die Studierenden würden ihre Studienwahl
ernster nehmen, zeigte sich Abgeordneter Mayer überzeugt. Er könne erfreut feststellen, dass die "Allianz
der Vernünftigen" in dieser Frage immer größer werde, schloss er. |