Die jüngste von der Industriellenvereinigung
Niederösterreich durchgeführte Konjunkturumfrage zeichnet ein ambivalentes Bild
Wien (pdi) - Erwartungsgemäß hat sich der Aufschwung in der niederösterreichischen Industrie
im dritten Quartal deutlich abgeschwächt. "Das Ergebnis der aktuellen Konjunkturumfrage reflektiert einerseits
eine Normalisierung des Geschäftsgangs: die Produktionseinbußen aus den Jahren 2008 und 2009 sind beinahe
wettgemacht. Darüber hinaus hat aber zuletzt die Anzahl der konjunkturellen Störfaktoren deutlich zugenommen.",
so der Präsident der IV-Niederösterreich, Johann Marihart. Insbesondere die gravierenden strukturellen
Probleme der EU-Mitgliedsstaaten Portugal, Spanien, Italien und Irland verunsichern Investoren und Konsumenten
gleichermaßen.
Trotz aller Spannungen zehren die Unternehmen von einem nach wie vor soliden Auftragspolster: Laut der Umfrage
der IV-Niederösterreich beurteilt der überwiegende Teil der Unternehmen (73 Prozent) ihre Auftragslage
positiv, im Vergleich zum Vorquartal (93 Prozent positive Rückmeldungen) ist nichts desto trotz ein Rückgang
zu bemerken. Fazit: die positive Konjunkturlage im ersten Halbjahr 2011 hat eine gute Auftragsbasis in der heimischen
Industrie geschaffen, die Konjunktur-Spitze ist jedoch überschritten.
Verhaltene Erwartungen für die kommenden 6 Monate
Das spiegelt sich insbesondere in den Zukunftserwartungen der Unternehmen wider: waren im Zuge der letzten
Konjunkturumfrage noch 67 Prozent der Unternehmen überzeugt, dass auch in 6 Monaten gute Geschäfte zu
machen sind - reduzierte sich dieser Wert zuletzt auf zwei Prozent. 87 Prozent der NÖ-Unternehmen rechnen
mit einer Stagnation ihres Geschäfts, 11 Prozent mit einer rückläufigen Entwicklung über das
kommende Halbjahr. Ganz ähnlich sehen die Erwartungen bezüglich der Ertragslage in 6 Monaten aus: per
Saldo (Saldo der positiven und negativen Unternehmensrückmeldungen) sind die Erwartungen hier mit 3 Prozentpunkten
negativ.
Aufschlüsselung nach Branchen
Aktuell gute Auftragsdaten weist die für Niederösterreich besonders wichtige Maschinen- und Metallwarenindustrie
auf: 76% der befragten Unternehmen geben an, aktuell über einen guten Auftragsstand zu verfügen. 59%
der Unternehmen schätzen auch ihre allgemeine Geschäftslage positiv ein. Ganz ähnlich die Lage der
Chemischen Industrie: aktuell werden Aufträge und Geschäftslage überwiegend positiv beurteilt, zukünftig
wird mit einer Stagnation beider Indikatoren gerechnet. "Für die Bauindustrie rechnen wir saisonbedingt
mit Rückgängen im Produktionsvolumen.", so Dr. Andreas Ludwig, Vorstandsvorsitzender einer der wichtigsten
niederösterreichischen Leitbetriebe, der Umdasch AG. "Aufgrund unserer konsequent internationalen Ausrichtung
sind wir als Unternehmen davon jedoch nicht betroffen", so Ludwig weiter.
Leitbetriebe als Leistungsträger des Landes
Wie wichtig dabei gerade Leitbetriebe (LCUs) - wie der Schalungs- und Shopfitting-Spezialist Umdasch - für
die regionale Wirtschaft sind, zeigt die aktuelle Leitbetriebe-Studie des Industriewissenschaftlichen Instituts
(IWI), an der in diesem Jahr 9 Niederösterreichische Schlüsselunternehmen teilnahmen. "Die Studie
zeigt, dass die Niederösterreichischen Leitbetriebe zwar von der Krise stark getroffen wurden - diese jedoch
gut gemeistert haben", so Herwig Schneider, Geschäftsführer des Industriewissenschaftlichen Instituts.
IV-Präsident Johann Marihart betont in diesem Zusammenhang die Wichtigkeit der Leitbetriebe für den Wirtschaftsstandort:
"Allein die neuen niederösterreichischen Leitbetriebe fungieren als Auftraggeber- und Kooperationspartner
für rund 3.800 inländische und ausländische KMU", so der Präsident. Ein NÖ Leitbetrieb
sichert somit zusätzliche Arbeitsplätze, Produktion und Wertschöpfung bei durchschnittlich 420 KMU.
Auch die Folgewirkungen für Produktion und Wertschöpfung sind eindrucksvoll: eine von Niederösterreichs
Leitbetrieben ausgehende Produktion in der Höhe von 1.000 Euro bewirkt in der österreichischen Volkswirtschaft
in Summe einen Produktionswert von 2.210 Euro. Analog hierzu generiert eine Wertschöpfung im Ausmaß
von 1.000 Euro, bedingt durch die neun Niederösterreichischen LCU, in Österreichs Wirtschaft aufgrund
von Wirtschaftsverflechtungen eine Wertschöpfung von 2.440 Euro, so die Studie.
Direkt, indirekt und induziert generierten neun Niederösterreichische LCU im Jahr 2009 in Österreichs
Wirtschaft eine Produktion im Umfang von bis zu 7,78 Mrd. Euro (1,53% Anteil an der österreichischen Gesamtwirtschaft
2009), eine Wertschöpfung von bis zu 2,67 Mrd. Euro sowie rd. 21.800 Arbeitsplätze bzw. rd. 19.400 Vollzeitäquivalente
bei akkumulierten Arbeitnehmerentgelten in der Höhe von bis zu 735 Mio. Euro.
Bundespolitischer Stillstand als Gefahr
Als wichtigste Maßnahme um die konjunkturelle Situation zu stützen sowie die Wettbewerbsfähigkeit
des Standorts im internationalen Vergleich zu erhöhen, fordert die IV Niederösterreich die rasche Umsetzung
dringend erforderlicher Reformen. "Gerade in dieser sensiblen Phase einer drohenden Stagnation braucht die
Industrie die besten Rahmenbedingungen um Wettbewerbsfähigkeit und tausende Jobs aufrecht zu erhalten.",
so IV-Niederösterreich Präsident Johann Marihart. "Immer neue Forderungen nach zusätzlichen
Belastungen für die Unternehmen schaden dem Standort gerade jetzt mehr denn je". "Daher brauchen
wir auch in Österreich eine Schuldenbremse, wie etwa in Deutschland oder Schweden.", so der Präsident,
der die aktuellen Bestrebungen der Österreichischen Politik begrüßt. "Gerade heute ist die
Gefahr groß, dass ohne entsprechende Reformen der Zinsanteil am öffentlichen Budget aus dem Ruder läuft.
Für zukunftsweisende Investitionen bleibt dann kein Raum mehr.", so Marihart abschließend. |