Mikroskopier-Methoden aus der Elektrotechnik an der TU Wien ermöglichen Einblicke in die
Entwicklungsgenetik der Fruchtfliege.
Wien (tu) - Wir kennen sie als ungeliebten Gast in unseren Obstschüsseln: Die Fruchtfliege,
Drosophila melanogaster, ist eines der wichtigsten Versuchstiere für die Genetik. Mit Hilfe eines Ultramikroskops
der TU Wien wurden die Flugmuskeln der Drosophila nun genau erforscht. Dabei wurde ein genetischer Schalter entdeckt,
der über den Muskeltyp entscheidet. Durch ein Protein lassen sich Gene ein- und ausschalten, die für
einen faserartigen Muskeltyp verantwortlich sind – und genau diesen Muskeltyp braucht Drosophila zum Fliegen. Die
Forschungsergebnisse wurden nun im Fachjournal „Nature“ publiziert.
Dreidimensionale Bilder von Fliegenmuskeln
„Unsere Mikroskopiermethode erlaubt es, in kurzer Zeit viele verschiedene Fliegen zu untersuchen – und zwar dreidimensional,
mit sehr guter Auflösung“, berichtet Nina Jährling vom Institut für Festkörperelektronik (Fakultät
für Elektrotechnik und Informationstechnik). Die Bilder, die dabei entstehen, sind eine wichtige Arbeitsgrundlage
für BiologInnen, die sichtbare Unterschiede im Muskelgewebe dann mit genetischen Veränderungen in Verbindung
bringen können. Eine ganze Reihe von Forschungsinstituten war mit den biologischen und biochemischen Aspekten
dieses Projekts befasst: Das Max-Planck-Institut für Biochemie (Martinsried, Deutschland, Arbeitsgruppe „Muscle
Dynamics“ unter Frank Schnorrer), die Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen-Nürnberg und das Institut
für Molekulare Pathologie (IMP, Wien).
Nina Jährling und Professor Hans-Ulrich Dodt, der Leiter des Lehrstuhls für Bioelektronik an der TU Wien,
arbeiten außerdem eng mit der Medizinischen Universität Wien zusammen. An der TU Wien wurden die Fliegen
Schicht für Schicht mit Laserlicht durchleuchtet. Das Fliegen-Gewebe beginnt dabei zu fluoreszieren, und das
dadurch ausgesandte Licht kann aufgezeichnet und am Computer zu einem 3D-Modell zusammengesetzt werden.
Fruchtfliegen und Menschenherzen
Wenn ein Gen, das für einen bestimmten Muskeltyp verantwortlich ist, in zwei verschiedenen Fliegen
in der selben Form vorkommt, dann bedeutet das noch lange nicht, dass beide Fliegen denselben Muskeltyp entwickeln.
Ein spezielles Protein – der Transkriptionsfaktor Salm – entscheidet darüber, ob die entsprechenden Gene aktiviert
werden oder nicht. Zerstört man diesen Transkriptionsfaktor, dann bilden die Fliegen den notwendigen Muskeltyp
nicht aus und können daher nicht fliegen. Besonders interessant ist das deshalb, weil auch das menschliche
Herz ähnliche Muskeltypen aufweist. Es ist daher denkbar, dass gewisse Herz-Abnormalitäten bei Menschen
oder Tieren einen ähnlichen biochemischen Hintergrund haben. |