Online-Zustimmung zu Petitionen und Bürgerinitiativen gut angenommen
Wien (pk) - Der Nationalrat stimmte heute auch in Dritter Lesung dem EU-Informationsgesetz sowie
der Änderung seiner Geschäftsordnung mehrheitlich zu. Die Abstimmung in Zweiter Lesung war bereits in
der Sitzung vom 19. Oktober erfolgt. Das EU-Informationsgesetz stellt einen weiteren Schritt zu einer besseren
Einbindung des österreichischen Parlaments in die EU-Gesetzgebung dar. Zu den zentralen Neuerungen gehören
eine detailliertere Festlegung der Informationspflichten der Regierung gegenüber dem Parlament, die Erweiterung
des Katalogs an Verhandlungsgegenständen und die Verankerung neuer Instrumente im Geschäftsordnungsgesetz
des Nationalrats sowie eine Adaptierung von Verfahrensbestimmungen. So können in Hinkunft etwa Aussprachen
über aktuelle EU-Fragen auf die Tagesordnung von Fachausschüssen gesetzt, EU-Enqueten abgehalten und
"Sondersitzungen" des für EU-Angelegenheiten zuständigen Hauptausschusses einberufen werden.
Auch die neue Möglichkeit einer Subsidiaritätsklage beim Europäischen Gerichtshof und das Instrument
der Subsidiaritätsrüge werden in der Geschäftsordnung verankert.
Petitionsausschuss darf keine "Briefkastenfunktion zukommen
Im Vorfeld stand der Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die
Petitionen Nr. 46, 75, 77 bis 97, 99 bis 103, 105 bis 111, 114 bis 116, 118 bis 120, 122 und 123 sowie über
die Bürgerinitiativen Nr. 26, 27, 30 und 31 auf der Tagesordnung, der mehrheitlich angenommen wurde.
Abgeordnete Susanne WINTER (F) wies darauf hin, dass sich der Petitionsausschuss stets um eine Verbesserung seiner
Arbeit im Sinne der Bürgerinnen und Bürger bemühe. Sie machte in diesem Zusammenhang etwa auf die
neue elektronische Zustimmungsmöglichkeit zu Petitionen und Bürgerinitiativen aufmerksam. Winter hob
außerdem das Hearing im letzten Petitionsausschuss zum Thema weltweiter Atomausstieg hervor, bei dem unter
anderem die Forderung nach einem Atomstromimportverbot vorgebracht wurde.
Auch Abgeordnete Rosa LOHFEYER (S) ging auf das Hearing im Petitionsausschuss zum Thema weltweiter Atomausstieg
ein und wies darauf hin, dass es im Ausschuss eine breite Front gegen die Nutzung der Atomkraft gegeben habe. Es
habe sich einmal mehr gezeigt, dass die Gefahr, die von Atomkraftwerken ausgehe, unvorhersehbar sei, skizzierte
sie. Insgesamt seien dem Ausschuss 28 Petitionen zum Thema vorgelegen, sie wurden Lohfeyer zufolge dem Umweltausschuss
zugewiesen. Mit der neuen Online-Zustimmung zu Petitionen und Bürgerinitiativen wird interessierten Menschen
nach Ansicht von Lohfeyer die Möglichkeit geboten, sich direkt am politischen Prozess zu beteiligen.
Abgeordneter Wolfgang PIRKLHUBER (G) bewertete die neue elektronische Zustimmungsmöglichkeit zu Petitionen
und Bürgerinitiativen als gemeinsamen Erfolg des Petitionsausschusses. In kurzer Zeit hätten 3.000 BürgerInnen
eine Zustimmungserklärung abgegeben, skizzierte er. Pirklhuber sprach sich in diesem Sinn für einen weiteren
Ausbau des Instruments aus. Was die Frage des weltweiten Atomausstiegs betrifft, steht die Regierung nach Ansicht
Pirklhubers nun vor einer Nagelprobe. Dem vorliegenden Sammelbericht des Petitionsausschusses werden die Grünen
ihm zufolge nicht zustimmen, da etliche Petitionen nicht dem zuständigen Ausschuss zugewiesen worden seien.
Abgeordnete Anna HÖLLERER (V) hob ebenfalls hervor, dass die Möglichkeit der Online-Unterstützung
von Petitionen und Bürgerinitiativen gut angenommen worden sei. Besonders stark unterstützt wurde ihrer
Darstellung nach eine Petition betreffend das Verbot von Kastenständen in der Schweinehaltung. Unter den UnterstützerInnen
seien allerdings viele Wienerinnen und Wiener, gab Höllerer zu bedenken, diese hätten vielfach wohl nur
einen "theoretischen Zugang" zur Schweinehaltung. Dem stehe ein E-Mail von einer Schweinebäuerin
entgegen, die ihr über negative Erfahrungen mit der Gruppenferkelhaltung berichtet habe. Ausdrücklich
bedankte sich Höllerer für die vom zurückgetretenen Bauernbund-Obmann Fritz Grillitsch geleistete
Arbeit und wünschte ihm gute Besserung.
Abgeordnete Edith MÜHLBERGHUBER (F) kam zunächst auf zwei Bürgerinitiativen, die sich unterrichts-
und schulspezifischer Themen annehmen, zu sprechen, um sich schließlich der Petition betreffend Krankenhausselbstbehalte
für Kinder zu widmen, deren Hintergrund sie genau beleuchtete. Der Gesundheitsminister sei, wie die Abgeordnete
skizzierte, mit letztgenanntem Anliegen bereits vertraut. Da es sich aber um Länderkompetenz handle, hoffe
sie, dass im Rahmen des nächsten Finanzausgleichs eine entsprechende Lösung für dieses Problem gefunden
werden könne. Schließlich belasteten Krankenhausselbstbehalte für Kinder Familien in nicht geringem
Maße.
Aus dem Petitionsausschuss gebe es immer Interessantes zu berichten, zeigte sich B-Mandatarin Ursula HAUBNER überzeugt,
die in diesem Zusammenhang etwa auf die Petition "SOS-Familie" und die Initiative betreffend freie Schulwahl
verwies. Mit der Einräumung der Möglichkeit, Petitionen über die Homepage des Parlaments online
unterstützen zu können, wäre ein wichtiger Schritt gelungen, wie auch die BenutzerInnenzahlen zeigten.
Der diesbezügliche "Modernisierungsschub" werde also positiv aufgenommen. Nun müssten aber
weitere Schritte folgen, zeigte sich Haubner überzeugt: So sollte es künftig auch möglich sein,
Petitionen direkt zu übergeben. Dass man derzeit eines Abgeordneten zur Einbringung bedürfe, sei schließlich
antiquiert.
Anzudenken gelte es außerdem auch Möglichkeiten der elektronischen Unterstützung von Volksbegehren.
Erspare man den BürgerInnen Mühen, könnte man dieses Instrument schließlich wieder attraktiver
machen. Moderne Demokratie brauche moderne Bürgerbeteiligung, stand für Haubner fest. Sie kündigte
dementsprechend an, als Obfrau des Petitionsausschusses auch in Zukunft für diesbezügliche Verbesserungen
einzutreten. |
Wenn es um mehr Demokratie gehe, könne Ausschussobfrau Ursula Haubner immer mit der Unterstützung der
Grünen rechnen, meinte Abgeordneter Harald WALSER (G). Er selbst kam vor allem auf die Petition betreffend
freie Schulwahl zu sprechen. Deren Behandlung habe die engagierten Eltern, die sie initiierten, mit großem
Frust zurückgelassen. Desinteresse und Resignation bei BürgerInnen gelte es aber zu vermeiden, zeigte
sich der G-Mandatar überzeugt.
S-Mandatar Hannes WENINGER griff den Appell seines Vorredners auf und mahnte eine tiefgreifende Diskussion über
die Art des Umgangs mit Petitionen und Bürgerinitiativen ein. Das sei notwendig, wenn man nicht wolle, dass
dem Ausschuss lediglich eine "Briefkastenfunktion" zukomme. Es gelte, die BürgerInnen schließlich
auch weiterhin zur Einbringung zu ermutigen und die Teilhabe am demokratischen Prozess zu fördern.
Abgeordneter Josef JURY (F) wollte in das "Loblied" seiner VorrednerInnen nicht einstimmen: Das Engagement
der BürgerInnen werde schließlich nicht entsprechend gewürdigt, wenn man Initiativen und Petitionen
einfach enderledige. Zu sprechen kam Jury außerdem auf Bürgerforderungen in Hinblick auf einen Ausstieg
aus dem EURATOM-Vertrag und die Sicherstellung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft.
V-Mandatar Hermann GAHR hielt es für unabdingbar, in der Atomfrage geeint aufzutreten. Dementsprechend sei
es auch wichtig, über alle Parteigrenzen hinweg zu kooperieren, hielt er in Richtung Abgeordnetem Jury fest.
Die Anliegen, die man im Petitionsausschuss behandle, seien höchst unterschiedlich. Dass man sie öffentlich
diskutieren könne, trage, wie Gahr ausführte, nicht unwesentlich zur Stärkung der Demokratie bei.
Die Möglichkeit der Online-Zustimmung zu Petitionen hielt der Abgeordnete außerdem für eine gute
und zukunftsorientierte Sache: Damit ermutige man schließlich auch junge Menschen, sich einzubringen, schloss
er.
Abgeordneter Christian LAUSCH (F) kritisierte den Umgang mit Petitionen und Bürgerinitiativen. Diese verkämen
leider häufig zu einem "PR-Gag, wie auch das Beispiel der von Abgeordnetem Ewald Sacher eingebrachten
Petition zeige: Dem Verein "Neue Thayatalbahn" habe man zwar Hoffnungen gemacht, der Initiative sei schlussendlich
aber ein "Begräbnis erster Klasse" zuteil geworden. "Wählertäuschung" mit Instrumenten
der direkten Demokratie zu betreiben, sei aber nicht der richtige Weg, zeigte er sich überzeugt.
S-Mandatar Johann HELL kam auf ebendiese Petition zu sprechen und erläuterte die Hintergründe, die zur
Letztentscheidung geführt hätten.
Abgeordneter Josef LETTENBICHLER (V) nahm auf die Petition betreffend Verhinderung der Schaffung von LKW-Stellplätzen
im Siedlungsgebiet von Angath Bezug, die er selbst habe einbringen dürfen. In diesem Zusammenhang wäre
bereits ein erster Teilerfolg erzielt worden, zeigte sich der V-Mandatar überzeugt: Schließlich sei
nunmehr eine Studie zur Erhebung des grundsätzlichen Bedarfs an Stellplätzen in Auftrag gegeben worden.
Abgeordneter Johann HECHTL (S) sprach eine von mehr als 7.000 Personen unterstützte Bürgerinitiative
an, die auf eine Adaptierung des Schulorganisationsgesetzes abzielt, um das Nachholen eines Berufsschulabschlusses
zu ermöglichen. Das sei angesichts des Facharbeitermangels überaus wünschenswert, hielt der Abgeordnete
fest. Er hoffe, der Unterrichtsausschuss werde dieses Anliegen entsprechend positiv erledigen.
Petitionen und Initiativen betreffend Atomausstieg standen im Zentrum der Wortmeldung von S-Mandatar Dietmar KECK,
der außerdem dafür plädierte, die an den Nationalrat herangetragenen Anliegen stets unter dem ersten
Tagesordnungspunkts einer Sitzung zu behandeln.
Erste Lesung von Anträgen
Der heutige Sitzungstag endete mit zwei ersten Lesungen. Zunächst stand der Vorschlag des BZÖ
zur Diskussion, schriftliche Anfragen auch in tagungsfreier Zeit einbringen zu können.
Abgeordneter Ewald STADLER (B) erläuterte, der Antrag ziele auf eine Änderung in § 91 der Geschäftsordnung
des Nationalrats ab, wonach schriftliche Anfragen von Abgeordneten an die Bundesregierung derzeit nur innerhalb
der Tagung gestellt werden können. Diese Regelung sei nicht mehr zeitgemäß. Was die Geschäftsordnungen
einiger Landtage bereits ermöglichten, sollte auch auf Bundesebene möglich sein, argumentierte der Abgeordnete.
Es sollten daher im entsprechenden Paragraphen die Worte "innerhalb der Tagung" gestrichen werden.
Abgeordneter Otto PENDL (S) meinte, der Antrag sei überlegenswert, und lud alle Abgeordneten dazu ein, über
die beantragte Änderung der Geschäftsordnung zu debattieren.
Abgeordneter Dieter BROSZ (G) sah einen sehr berechtigten Antrag, der gerade in Hinblick auf die parlamentarische
Kontrolle, die immer größere Bedeutung gewinne, einen richtigen Schritt darstelle.
Der Antrag wurde dem GO-Ausschuss zugewiesen.
Die FPÖ wiederum spricht sich für die Aufnahme eines Passus im Strafgesetzbuch aus, wonach über
Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft im Falle der Verurteilung nach einer mit Vorsatz oder grob
fahrlässig begangenen strafbaren Handlung ein automatisches zwanzigjähriges Aufenthaltsverbot verhängt
werden soll ( 1652/A).
Abgeordneter Johannes HÜBNER (F) begründete den Antrag seiner Fraktion damit, dass die Bestimmung, wonach
rechtskräftig verurteilte ausländische Straftäter Österreich verlassen müssten, derzeit
nur über sehr ineffektive und teure Verfahren, die bis zu den Obersten Gerichten gingen, durchgesetzt werden
könne. In der Realität würde das Aufenthaltsverbot oft gar nicht schlagend. In Dänemark sei
dagegen das Aufenthaltsverbot eine automatische Nebenfolge einer Verurteilung in einem Strafverfahren, sofern nicht
triftige Gründe dagegen stehen. Der Antrag der FPÖ ziele auf eine effektive Abwicklung der Ausweisungsverfahren
und der Aufenthaltsverbote nach Verurteilungen ausländischer Straftäter ab.
S-Abgeordneter Peter WITTMANN hielt fest, der Antrag der Freiheitlichen sei von den legistischen Grundlagen her
völlig falsch, überzogen und entspreche auch nicht dem dänischen Modell, wie die FPÖ behaupte.
Auch Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) schloss sich der Auffassung seines Vorredners an und sah einen manipulativen
Umgang der FPÖ mit Zahlen. Die Vermischung von "Tatverdächtigen" mit verurteilten Straftätern
etwa sei charakteristisch für diesen unverhältnismäßigen und überzogenen Antrag, der
mit seinem Automatismus der Ausweisung sicher auch MRK-widrig sei.
Abgeordneter Ewald STADLER (B) meinte, man könne über die legistische Qualität des Antrags sicher
debattieren. Die Forderung nach Ausweisung als Folge einer Verurteilung wegen "grober Fahrlässigkeit"
sei legistisch sicher unsinnig. Das geforderte Aufenthaltsverbot sei aber an sich nicht MRK-widrig. Über seine
tatsächliche Dauer müsse man sicher noch diskutieren. Als Nebenfolge einer Verurteilung zu einer unbedingten
Freiheitsstrafe ab 12 Monaten sei es für ihn aber durchaus denkbar. Bei richtiger Formulierung des Antrags
könne eine solche Regelung einen praktikablen Weg der Verfahrensvereinfachung darstellen. Stadler kritisierte
dann noch, dass die ÖVP sich an Debatten über Erste Lesungen offenbar nicht mehr beteilige, und sah darin
eine Geringschätzung parlamentarischer Abläufe.
Der Antrag wurde dem Justizausschuss zugewiesen. |