Innenausschuss: Debatte über den Sicherheitsbericht 2010   

erstellt am
25. 11. 11

Rückgang der Gesamtkriminalität, hohe Aufklärungsquote
Wien (pk) - Der Innenausschuss setzte seine Beratungen am 25.11. mit der Debatte über den Sicherheitsbericht 2010 fort, der schließlich mit S-V-G-B-Mehrheit zur Kenntnis genommen wurde. Weiters standen ein Bericht über die Vollzugspraxis aus den Bereichen Asyl-, Fremdenpolizei- sowie Niederlassungs- und Aufenthaltswesen (S-V-F-B-Mehrheit) auf der Agenda sowie eine Reihe von Entschließungsanträgen der Opposition, die alle vertagt wurden. Die Grünen forderten den Staatssekretär für Integration auf, einen Tätigkeitsbericht vorzulegen, um genauer darüber informiert zu sein, welche Empfehlungen des Expertenrats bis wann umgesetzt werden bzw. wurden. Die Anträge der Freiheitlichen betrafen die Schaffung einer Polizeistation in der Kremser Innenstadt, die Einführung der "digitalen Anzeige" sowie die Ausweitung des Handlungsspielraums von ExekutivbeamtInnen außer Dienst. Das BZÖ trat wiederum dafür ein, Personen, die etwa aufgrund von Alkohol- oder Drogeneinfluss schuldhaft einen Polizeieinsatz erforderlich machen, einen Kostenersatz vorzuschreiben.

Sicherheitsbericht 2010: Gesamtkriminalität ging um 9,4 % zurück
Laut aktuellem Sicherheitsbericht konnte 2010 ein Rückgang der Gesamtkriminalität um 9,4% gegenüber 2009 verzeichnet werden. Insgesamt wurden 535.745 strafbare Handlungen angezeigt und 233.477 Tatverdächtige ermittelt. Die Aufklärungsquote betrug 41,4%, wobei Vorarlberg mit 57,1% die besten Ergebnisse aufweist. Die Zahl der Verurteilungen ist dem Bericht zufolge 2010 mit einem Plus von 1,4% wieder leicht gestiegen, wobei es in 39,5% der Fälle um Vermögensdelikte und in 24,2% der Fälle um Delikte gegen Leib und Leben ging. 85,5% der Verurteilten waren Männer, 31,4% ausländische StaatsbürgerInnen. 3.063 rechtskräftige Verurteilungen betrafen Jugendliche.

Festgestellt wird im Bericht auch, dass sich Österreich in verstärktem Maß von einem Zielland zu einem Transitland für illegale MigrantInnen entwickelt und wie andere EU-Länder von einer ideologisierten islamistischen Radikalisierung junger Muslime betroffen ist. Im Bereich der Wirtschaftskriminalität kam es zu einem starken Anstieg des Internetbetrugs.

Abgeordneter Albert Steinhauser (G) befasste sich in seiner Wortmeldung vor allem mit dem Bereich verdeckte Ermittlungen und fragte, warum es dort zu signifikanten Änderungen gekommen ist. Weiters wollte er wissen, wie viele Vertrauenspersonen tätig sind, nach welchen Kriterien sie ausgewählt und wie sie kontrolliert werden. Zudem erkundigte er sich, ob der kontinuierliche Rückgang beim Einsatz der Diversion in den letzten drei Jahren auf eine Arbeitsüberlastung der StaatsanwältInnen zurückzuführen ist. Seine Fraktionskollegin Alev Korun bemängelte, dass für den Sektor Fremdenkriminalität keine vergleichbaren Statistiken zur Verfügung stehen. Während bei Tatverdächtigen der Aufenthaltsstatus erhoben wird, wird bei den Verurteilten nur mehr die Staatsangehörigkeit angeführt.

Abgeordneter Peter Westenthaler (B) forderte eine Debatte darüber, ob Sexualstraftäter prinzipiell vorzeitig entlassen werden sollen. Er gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass etwa jeder fünfte Sexualstraftäter, der im Jahr 2006 bedingt frei gelassen wurde, im Jahr 2010 wiederverurteilt wurde. Außerdem zeigte er sich besorgt angesichts der sehr niedrigen Aufklärungsquoten bei Einbruchsdiebstählen, Wohnungseinbrüchen, Autodiebstählen etc. Sein Parteikollege Christoph Hagen war der Meinung, dass die Exekutive aufgrund der stark steigenden Kriminalitätszahlen in manchen Bereichen einer großen Arbeitsbelastung ausgesetzt sind. Er erkundigte sich zudem danach, wie mit Asylwerbern umgegangen wird, die auf "Heimaturlaub" fahren.

Wolfgang Gerstl (V) wies darauf hin, dass Rumänien und Bulgarien seit November 2010 am Schengener Informationssystem teilnehmen und wollte wissen, wie die bisherigen Erfahrungen damit sind.

Bundesministerin Johanna Mikl-Leitner informierte G-Mandatar Steinhauser darüber, dass insgesamt 36 verdeckte Ermittler vom BKA für Kriminalitätsbekämpfung eingesetzt werden. Außerdem sind 100 Vertrauenspersonen tätig, die natürlich vom BKA im Vorfeld genau überprüft und auch ständig kontrolliert werden. Die unterschiedlichen Zahlen in der Statistik ergeben sich dadurch, dass eine andere Zählweise eingeführt und nunmehr nicht mehr jede einzelne Aktivität, sondern nur mehr die Fälle gerechnet werden.

Es sei richtig, dass die sogenannte Balkanroute von immer mehr Schleppern genutzt werde, räumte Mikl-Leitner gegenüber der Abgeordneten Angela Lueger (S) ein, wobei die serbisch-ungarische Grenzstadt Subotica als Hochburg gilt. Durch die Intensivierung der bilateralen und europäischen Zusammenarbeit (Frontex und Europol) befinde man sich aber auf einem guten Weg, um diesem massiven Problem Einhalt zu gebieten. Überdies sei dies auch ein Schwerpunktthema beim nächsten Innenministerrat im Dezember, kündigte die Ressortchefin an. Was die Schengen-Erweiterung um Bulgarien und Rumänen betrifft, so werde dies intensiv diskutiert. Ein Bericht stellte fest, dass bezüglich der Korruptionsbekämpfung zwar schon einiges getan wurde, aber noch viel passieren müsse.

Hinsichtlich der vom B-Mandatar Peter Westenthaler angesprochenen Aufklärungsquoten bei Einbrüchen, Autodiebstählen etc. gab Mikl-Leitner zu bedenken, dass man die Entwicklung über einen längeren Zeitraum anschauen müsse; dann sehe die Bilanz nämlich viel besser aus. Die Erstellung einer Statistik, in der alle wegen Verjährung eingestellten Sexualstrafanzeigen aufgelistet werden, hielte sie für interessant. Auf eine Frage des Abgeordneten Christoph Hagen (B) hin erklärte die Ministerin, dass es für AsylwerberInnen sehr strenge Regeln gebe und (beweisbare) Heimaturlaube natürlich ein Asylaberkennungsgrund sind.

Abgeordnetem Hannes Fazekas (S) gegenüber, teilte die Innenministerin mit dass in Schwechat aufgrund der Flughafenerweiterung eine Neuorganisation des Polizeieinsatzes notwendig gewesen sei und insgesamt zehn Arbeitsplätze von ExekutivbeamtInnen verschoben worden seien. Die Neustrukturierung, die u.a. zu einer besseren Verzahnung mit der Grenzkontrolle beitragen soll, sei gut vorbereitet, zeigte sich Mikl-Leitner optimistisch. Schließlich unterstrich sie noch einmal, dass der Flughafen Schwechat insgesamt 110 zusätzliche Planstellen erhält.

Justizministerin Beatrix Karl ging sodann auf alle Fragen ein, die ihr Ressort betrafen. So führte sie etwa gegenüber Abgeordneter Alev Korun (G) aus, dass die Justiz die Information über den Aufenthaltsstatus eines Verurteilten nicht benötige und dieser daher nicht erhoben wird. Dies sei auch in Hinkunft nicht beabsichtigt, da eine Erhebung nicht nur datenschutzrechtlich bedenklich, sondern auch mit einem sehr hohen Aufwand verbunden wäre. Grundsätzlich betrage der Anteil der AusländerInnen an den Verurteilungen 31,4%; ein Wert, der nach einem steilen Anstieg in den Jahren 2001 bis 2006, seit einiger Zeit relativ konstant ist.

Was die wiederverurteilten Sexualstraftäter angeht, so müsse man bedenken, dass zwar 22% rückfällig wurden, aber nur 7% einschlägig verurteilt wurden, informierte Karl B-Abgeordneten Westenthaler. Bezüglich der Erstellung einer Verjährungsstatistik war die Ressortchefin skeptisch, da man sich jeden Akt anschauen müsste. Man werde den Vorschlag näher prüfen, sicherte sie zu. Zum Thema "elektronisch überwachter Hausarrest" merkte Karl an, dass derzeit eine Evaluierung laufe; ein entsprechender Bericht werde dem Nationalrat natürlich vorgelegt. Hinsichtlich der Frage des Abgeordneten Steinhauser zur Diversion vertrat die Justizministerin die Auffassung, dass der Verwaltungsaufwand bei dieser Maßnahme eigentlich gering sei und eine Anklageerhebung viel aufwendiger ist. Aber sie werde sich gerne bei den StaatsanwältInnen erkundigen, wie sie diese Frage beurteilen.

Der Sicherheitsbericht wurde mit S-V-G-B-Mehrheit zur Kenntnis genommen. Ein Antrag der Grünen betreffend Tätigkeitsbericht des Staatssekretariats für Integration wurde mit S-V-Mehrheit vertagt. Im Juli 2011 habe ein Expertenrat 20 Vorschläge ausgearbeitet, erinnerte Abgeordnete Alev Korun (G), aber man wisse noch immer nicht, bis wann was umgesetzt wird.

Staatssekretär Sebastian Kurz stellte gegenüber Korun fest, dass er die 20 Expertenvorschläge als sein politisches Arbeitsprogramm sehe und dass einige Empfehlungen auch schon umgesetzt werden konnten. Andere Vorhaben, wie z.B. die Erhöhung der Erwerbsquote von MigrantInnen, werden natürlich viel länger dauern bzw. nie ganz erfüllt werden können. Jedenfalls werde er – ebenso wie heuer – wieder einen Integrationsbericht vorlegen, wo auch die Umsetzungsschritte der einzelnen Vorschläge enthalten sein werden, versprach der Staatssekretär.

Asylanträge sanken 2010 markant
Weiters im Innenausschuss zur Diskussion stand ein Bericht des Innenministeriums zur Vollzugspraxis aus den Bereichen Asyl-, Fremdenpolizei- sowie Niederlassungs- und Aufenthaltswesen, der mit S-V-F-B-Mehrheit zur Kenntnis genommen wurde. Aus dem Bericht geht unter anderem hervor, dass die Zahl der Asylanträge im Jahr 2010 mit 11.012 einen Tiefstwert erreicht hat und die Zahl der offenen Asylverfahren deutlich gesenkt werden konnte. Per 30. Juni 2011 waren 20.034 Fälle noch offen. Kontinuierlich rückläufig ist auch die Zahl der positiv abgeschlossenen Asylverfahren, 2010 waren es 15,9%. Die Gesamtzahl der in Österreich legal aufhältigen AusländerInnen wird im Bericht für 2010 mit insgesamt 460.983 angegeben.

Abgeordnete Alev Korun (G) stand dem Bericht kritisch gegenüber, da er – wie z.B. im Fall der Folgeanträge - kein objektives Zahlenmaterial liefere. Ihrer Ansicht nach werden zudem die Opfer von Menschenhandel zu wenig geschützt, da im Zusammenhang mit 190 Ermittlungen in diesem Bereich nur 12 Aufenthaltstitel verliehen wurden.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner erklärte sich zunächst bereit, die angesprochenen Kritikpunkte aufzugreifen und einer Überprüfung zuzuführen. Die genannten Asylantragszahlen seien richtig, sie müssen aber auch im europäischen Vergleich betrachtet werden, argumentierte sie. Es gehe nämlich nicht an, dass nur wenige Länder, die ganze Last tragen müssen. Was den Themenbereich Schlepperei/Menschenhandel/Prostitution betrifft, so unterstrich sie mit Nachdruck, dass der Fokus auf den Opfern liege, wobei viele Betroffene bereits im Asylsystem drinnen sind. Gleichzeitig müssen die Täter einer adäquaten Strafe zugeführt werden, bekräftigte Mikl-Leitner. Sie sei daher sehr froh, dass erst vor kurzem die Höchststrafe (10 Jahre) für dieses Delikt verhängt wurde.
     
zurück