Der Mittelstand Österreichs hat weiter Boden gutgemacht - Erwartungen aber deutlich gedämpfter
Wien (creditreform) - Der Mittelstand setzt den Aufholprozess fort, das Vorkrisenniveau ist jedoch
noch nicht erreicht. Das zeigt die Befragung von knapp 1.800 kleinen und mittleren Unternehmen im Herbst 2011 durch
Creditreform. Danach wird die Geschäftslage von gut der Hälfte der Befragten (52,6%) mit "gut"
oder "sehr gut" bewertet. Das ist ein ähnlich hoher Anteil wie im Vorjahr (52,1%). Von 9,0 auf 6,4%
leicht gesunken ist der Anteil der Unternehmen, die ihre Geschäftslage mit "mangelhaft" oder "ungenügend"
einschätzen.
Die Umsätze im Mittelstand sind 2011 weiter gewachsen, allerdings weniger dynamisch als im Vorjahr. Gut ein
Drittel der befragten Unternehmen (35,8%) erzielte Zuwächse - 15,7% der Befragten mussten einen Umsatzrückgang
hinnehmen. Vor einem Jahr berichteten 40,6% der mittelständischen Unternehmen von einem Umsatzplus und 21,6%
von einem Minus. Im Baugewerbe verlief die Umsatzentwicklung moderater als im Vorjahr: Es meldeten weniger Baubetriebe
einen Umsatzanstieg, aber auch weniger einen Rückgang. Eine merkliche Verschlechterung der Umsatzlage ist
im Verarbeitenden Gewerbe festzustellen - Verbesserungen gab es nur im Dienstleistungssektor. In allen Wirtschaftsbereichen
überwiegt aber weiterhin der Anteil der Betriebe, die per Saldo ein Umsatzplus melden.
Schlechter sieht es bei der Ertragslage aus: Der Anteil der Unternehmen, die in den vergangenen Monaten steigende
Gewinne verbuchten, fällt mit 23,8% geringer aus als der Anteil der Unternehmen, bei denen die Erträge
gesunken sind (26,2%). Im Vorjahr lag der Saldo der Ertragsmeldungen noch knapp im positiven Bereich.
Die mittelständische Wirtschaft sorgte 2011 erneut für einen positiven Beschäftigungsbeitrag. Jedes
vierte Unternehmen (25,6%) stockte in den zurückliegenden sechs Monaten das Personal auf. Im Jahr zuvor war
dies erst bei 23,5% der Mittelständler der Fall. Besonders im Verarbeitenden Gewerbe wurden in den zurückliegenden
Monaten viele Stellen geschaffen. 13,4% der Befragten mussten sich seit dem Frühjahr von Mitarbeitern trennen
(Vorjahr: 13,6%).
Investitions- und Personalplanungen sehr zurückhaltend
Der Mittelstand kann sich der weltweiten Konjunkturabkühlung nicht entziehen. Noch sind die Unternehmen
aber mehrheitlich optimistisch. Jeder Vierte (25,7%) rechnet in den kommenden Monaten mit steigenden Umsätzen.
Im Jahr zuvor war es aber noch jeder Dritte (34,5%). Sinkende Umsätze erwartet heuer jeder Fünfte (20,0%),
nachdem sich vor einem Jahr nur 13,1% der Befragten pessimistisch zeigten. Deutlich gedämpfter sind die Umsatzerwartungen
im Verarbeitenden Gewerbe. Hier überwiegt, anders als 2010, der Anteil der negativen Stimmen. Dienstleister
und der Handel sind am optimistischsten, wenngleich auch in diesen Wirtschaftsbereichen die Aussichten schwächer
beurteilt werden als vor Jahresfrist.
Auch die Ertragsaussichten werden schlechter eingeschätzt als im Herbst 2010. Gleichwohl rechnen immer noch
26,9% der Befragten damit, in den kommenden Monaten steigende Gewinne zu verbuchen (Vorjahr: 33,8%). Sinkende Erträge
erwartet - wie auch schon im Vorjahr - jeder Vierte (24,2%; Vorjahr: 23,9%).
Die Zurückhaltung der Mittelständler bei ihren Personalplanungen und Investitionsabsichten zeigt, dass
sich das Konjunkturklima deutlich abgekühlt hat. Jedes sechste Unternehmen (16,2%) wird in den kommenden sechs
Monaten den Personalbestand voraussichtlich verkleinern. Im Vorjahr war das nur bei jedem Achten (12,7%) der Fall.
Insgesamt wollen 13,2% der Unternehmen zusätzliche Mitarbeiter einstellen (Vorjahr: 13,3%). Damit dürften
im Mittelstand unter dem Strich keine neuen Arbeitsplätze mehr entstehen. Neueinstellungen sind vermehrt allein
noch im Handel geplant.
Die Investitionsbereitschaft im Mittelstand ist auf den niedrigsten Wert seit zehn Jahren gefallen. Nur noch 44,6%
der befragten Unternehmer wollen in den kommenden Monaten Investitionen durchzuführen (Vorjahr: 50,7%). Allein
am Bau sind mehr Unternehmen als vor Jahresfrist zu Investitionen bereit. Mit 40,6% vergleichsweise gering ist
der Anteil der Erweiterungsinvestitionen. In der Mehrzahl sind lediglich notwendige Ersatzinvestitionen geplant.
Den Aufschwung haben die Mittelständler häufig mit Eigenmitteln finanzieren müssen. Aufgrund dessen
sank die Eigenkapitalausstattung. Nur noch jedes dritte Unternehmen (33,6%; Vorjahr: 37,0%) verfügt über
eine Eigenkapitalquote von über 30%. Drei von zehn Unternehmen (29,7%; Vorjahr: 26,7%) sind mit einer Eigenkapitalquote
von unter zehn Prozent zu schwach kapitalisiert.
Positive Auswirkungen auf das Zahlungsverhalten - Rückgang bei den Unternehmensinsolvenzen
Die Aufschwungjahre 2010 und 2011 haben auch das Zahlungsverhalten verbessert. Zwei Drittel der Mittelständler
(64,9%) erhalten das Geld für die gelieferte Ware oder eine erbrachte Leistung nach spätestens 30 Tagen
(Vorjahr: 60,3%). Dabei sind deutliche Verbesserungen im Zahlungsverhalten der öffentlichen Hand festzustellen.
An dieser Stelle dürfte sich eine neue EU-Regelung bereits positiv ausgewirkt haben, wonach Lieferungen und
Leistungen in der Regel nach 30 Tagen bezahlt werden sollen. Immer noch bewerten die befragten Unternehmen das
Zahlungsverhalten des öffentlichen Sektors aber schlechter als das privater bzw. gewerblicher Kunden.
Forderungsverluste blieben auch bei guter Konjunktur nicht aus. Nur 13,7% der Unternehmen blieben von Zahlungsausfällen
gänzlich verschont. Sehr hohe Forderungsverluste von mehr als 1,0% des Jahresumsatzes mussten aber nur 8,1%
der Befragten hinnehmen (Vorjahr: 10,0%). Von Verschlechterungen berichtet das Baugewerbe.
Wohl auch bedingt durch die gestiegenen Zahlungsausfälle am Bau mussten mehr Bauunternehmen Insolvenz anmelden.
Insgesamt ging die Zahl der Firmeninsolvenzen aber zurück. In den ersten neun Monaten des laufenden Jahres
wurden landesweit 4.645 Verfahren registriert (Vorjahreszeitraum: 4.971). |