Wirtschaftswachstum allein nicht länger als Messlatte für steigenden Wohlstand der Gesamtbevölkerung
geeignet
Wien (sk) - Als Messlatte für die Entwicklung und den steigenden Wohlstand eines Landes galt bisher
das Wirtschaftswachstum bzw. Bruttoinlandsprodukt (BIP). "Viele Jahrzehnte wurden im langjährigen Durchschnitt
hohe Wachstumsraten verzeichnet. Ein Großteil der Bevölkerung konnte dadurch ihren Lebensstandard verbessern",
sagte Sozialminister Rudolf Hundstorfer am 02.12. im Rahmen der Sozialenquete "Wie kann sozialer Fortschritt
gemessen werden?", veranstaltet vom Wirtschaftsforschungsinstitut und dem Hauptverband der Österreichischen
Sozialversicherungsträger. Steigende Wachstumsraten seien jedoch nicht länger ein verlässlicher
Faktor zum Messen des Wohlstandes der Gesamtbevölkerung. "Der Wohlstandsgewinn wird immer ungleicher
auf die Bevölkerungsgruppen verteilt", so Hundstorfer, der betonte, dass die Frage nach einer gerechten
Verteilung daher immer wichtiger werde.
"Ein möglichst hohes Wirtschaftswachstum war lange Zeit die wesentliche Voraussetzung für substantielle
Verbesserungen der Lebensbedingungen eines Großteils der Bevölkerung. Die meisten Menschen konnten -
in unterschiedlichem Ausmaß - vom wachsenden Bruttoinlandsprodukt profitieren", so der Minister. Seit
rund 30 Jahren verschärfe sich jedoch die soziale Ungleichheit in der österreichischen Bevölkerung.
"Die Vermögen und Vermögenseinkünfte sind viel stärker als die Lohneinkommen angestiegen",
sagte Hundstorfer. Es sei offensichtlich, dass "ein Großteil der Vermögen auf einen sehr kleinen
Bevölkerungsanteil entfällt", konstatiert der Sozialminister. "Wenn wir den Wohlstand einer
Gesellschaft darstellen wollen, müssen wir deshalb mehr Augenmerk als bisher auf die Verteilung des Wohlstandes
legen", forderte Hundstorfer.
"Wenn die Lebensbedingungen immer ungleicher werden, wird auch die Unzufriedenheit steigen, selbst wenn im
Laufe der Zeit ein gewisser Wohlstandsgewinn erzielt werden kann", mahnte der Sozialminister. Der Verteilungspolitik
werde eine immer größere Bedeutung zukommen "wenn wir allen bessere Lebensbedingungen ermöglichen
wollen", unterstrich Hundstorfer. Es sei deshalb wichtig, stärker als bisher die Verteilung des Wohlstandes
zu thematisieren und dafür geeignete Messzahlen zu entwickeln. Hundstorfer bedankte sich in diesem Zusammenhang
bei den Veranstaltern der Enquete dafür, "dieses wichtige Zukunftsthema" anzusprechen. |