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Wirtschaftsuniversität Wien klagte die Republik |
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erstellt am
29. 11. 11
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Presseaussendung der Schlichtungskommission gemäß § 13a Universitätsgesetz
2002 beim BMWF
Wien (bmf) - Die Schlichtungskommission hat mit Bescheid vom 2. November 2011 (schriftlich ausgefertigt
am 25. November 2011) die Leistungsvereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung
(idF BMWF) und der Wirtschaftsuniversität Wien (idF WU) für 2010 bis 2012 wegen gravierender Veränderung
der zugrundeliegenden Rahmenbedingungen dahin abgeändert, dass das Grundbudget von 185,349.000 Euro auf 191,349.000
Euro erhöht wird. Der Erhöhungsbetrag von 6,000.000 Euro ist bis 31. Dezember 2011 an die WU zu zahlen.
Die gravierende Veränderung der Rahmenbedingungen liegt in der Nichterlassung einer VO nach § 124b Abs
6 UG, mit der der Zugang zu den Bachelorstudien an der WU hätte beschränkt werden sollen. Wäre die
VO erlassen worden, hätte die Zahl der Studienanfänger und Studienanfängerinnen auf 3.710 beschränkt
werden können, während in den letzten drei Studienjahren durchschnittlich 6.000 Personen ein Bachelorstudium
an der WU begonnen haben. Die WU hat eine Erhöhung des Grundbudgets um die für den notwendigen Ausbau
der WU und die Abgeltung entstandener Nachteile erforderlichen Mittel beantragt.
Bei der Festsetzung des Erhöhungsbetrags war maßgebend, dass sich eine durch Bescheid erlassene oder
abgeänderte Leistungsvereinbarung im Rahmen der Bestimmungen des Universitätsgesetzes 2002 zu halten
hat, die wechselseitigen Interessen abzuwägen sind und der bisherige Verhandlungsstand zugrunde zu legen ist.
Gegeneinander abgewogen wurden das Interesse der WU, trotz fehlender Zugangsregelung durch intensive Betreuung
am Beginn des Studiums sicherzustellen, dass die Studierenden möglichst früh erkennen, ob sie das für
sie richtige Studium gewählt haben, und das Interesse des BMWF, jeder Universität die ihren Leistungen
und Bedürfnissen angemessenen Mittel zur Verfügung zu stellen und nicht für eine Universität
auf Kosten aller anderen Universitäten optimale Bedingungen zu schaffen. Das BMWF kann auch nicht mehr verteilen,
als es für diese Zwecke hat; auch eine Anpassung der Leistungsvereinbarung muss daher ihre Grenzen in dem
für die laufende Leistungsvereinbarungsperiode noch dafür zur Verfügung stehenden Betrag von rund
10,000.000 Euro finden.
Nach Scheitern der Bemühungen um eine Zugangsregelung hätten redliche und vernünftige Parteien einen
Mehrbetrag vereinbaren müssen, der die mit Wirkung für diese Leistungsvereinbarungsperiode realistischer
Weise zu tätigenden und auch budgetär zu bedeckenden höheren Aufwendungen deckt. Das wäre nicht
der von der WU geforderte Betrag gewesen, weil sich die Parteien angesichts der budgetären Zwänge darauf
nicht hätten einigen können.
Was angesichts der für Studierende ab dem Wintersemester 2011/2012 wirksam gewordenen Studieneingangs- und
Orientierungsphase (idF STEOP) naheliegt, ist eine Verbesserung der Ressourcen für diesen Abschnitt. Die Schlichtungskommission
hat in Analogie zu § 273 ZPO den für eine Verbesserung der Studienbedingungen in der STEOP angemessenen
Betrag mit 4,000.000 Euro festgesetzt. Den für die Abgeltung von Mehraufwendungen und für den Ausgleich
von Nachteilen angemessenen Betrag hat die Schlichtungskommission mit 2,000.000 Euro festgelegt.
Der Schlichtungskommission ist bewusst, dass der WU ein wesentlich höherer Betrag zustünde, könnten
die Leistungen des Bundes in dem Maß erhöht werden, in dem die tatsächlichen Studierendenzahlen
die Zahl der Studierenden bei geregeltem Zugang zu den Bachelorstudien übersteigen. Eine Erhöhung des
Globalbudgets in diesem Ausmaß muss aber an den begrenzten Mitteln scheitern, die für diese Leistungsvereinbarungsperiode
noch zur Verfügung stehen. Für künftige Leistungsvereinbarungen wird eine Regelung des Zugangs unabdingbar
sein, wenn es nicht gelingt, die Budgetmittel für die Universitäten drastisch zu erhöhen, so dass
in den Massenstudien annehmbare Bedingungen geschaffen werden können. Denn der Bund darf den öffentlichen
Universitäten aufgrund ihrer verfassungsrechtlich gesicherten Autonomie und der Freiheit der Wissenschaft
nur insoweit Aufgaben übertragen, als er ihnen auch die - finanziellen oder anderen - Mittel eröffnet,
um die Aufgaben zu erfüllen. Ist das Gesamtbudget im Verhältnis zu den Studierendenzahlen zu gering,
müsste die Universität entweder selbst Zugangsbeschränkungen einführen oder Studiengebühren
vorsehen können.
Nicht ausdrücklich geändert wurden die von der WU zugesagten Leistungen. Die WU hat insoweit keinen Abänderungsantrag
gestellt; es ist daher anzunehmen, dass die Parteien die Leistungspflichten der WU einvernehmlich anpassen werden.
[Geschäftsstelle der Schlichtungskommission gemäß § 13a Universitätsgesetz 2002 beim
Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung] |
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Schlichtungskommission bestätigt dramatische Unterfinanzierung
der WU
Utl.: Kommission bezeichnet eklatantes Missverhältnis zwischen Aufgaben einer Universität
und den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln als verfassungswidrig
Wien (wu) - Die Schlichtungskommission unterstützt in ihrem Bescheid die Position der WU, dass
der Gesetzgeber das Budget für die Universitäten drastisch erhöhen muss. Ist dies nicht der Fall,
verlangt sie für alle Massenfächer Zugangsregeln. Andernfalls müssten Leistungen der Universität
verringert werden. Eine ausreichende Finanzierung der an die Universität übertragenen Aufgaben ist nicht
nur eine bildungs- und wissenschaftspolitische Verpflichtung des Gesetzgebers, sondern auch ein verfassungsrechtliches
Gebot an diesen.
"Mit dem eben veröffentlichten Bescheid der Schlichtungskommission haben wir die Bestätigung einer
unabhängigen Einrichtung, dass die WU dramatisch unterfinanziert ist", erklärt Rektor Christoph
Badelt. Die Kommission hält im Bescheid nicht nur fest, dass der WU viel mehr Geld zustehen würde, sondern
sieht sogar im Vorgehen des Gesetzgebers, den Universitäten Aufgaben zu übertragen, ohne für eine
ausreichende Finanzierung zu sorgen, eine Verfassungswidrigkeit. Im Bescheid weist die Kommission darauf hin, dass
für künftige Leistungsvereinbarungen eine Regelung des Zugangs in Massenfächern unabdingbar sei,
sollte es nicht gelingen, das Budget für Universitäten drastisch zu erhöhen. "Wir fühlen
wir uns darin bestätigt, dass es ein richtiger und wichtiger Schritt war, erstmals in Österreich ein
Schlichtungsverfahren einzuleiten. Der Bescheid ist klar richtungsweisend für alle anderen Universitäten
und deren zukünftige Leistungsvereinbarungen", hält Rektor Badelt fest.
Bescheid verändert künftige Leistungsvereinbarungsverhandlungen
Der Bescheid der Schlichtungskommission wird die Verhandlungen über die kommenden Leistungsvereinbarungen
wesentlich beeinflussen - und zwar für alle Universitäten. Diese müssen darauf bedacht sein, nicht
mehr Leistungen zu versprechen als sie mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mittel auch erfüllen können.
Die Schlichtungskommission sieht die Zahl der Studierenden dabei als entscheidende Größe an. Sie hält
ausdrücklich fest, dass eine optimale Betreuung der Studierenden nur erreicht werden kann, wenn der Gesetzgeber
mehr Geld für die jeweilige Universität, vor allem in den Massenfächern, zur Verfügung stellt
und sieht darin eine verfassungsrechtliche Aufgabe des Gesetzgebers. Die Kommission weist in ihrem Bescheid außerdem
darauf hin, dass der Charakter von öffentlichen Universitäten als "Forschungsuniversität"
erhalten bleiben muss und daher nicht alle Mittel in die Lehre verschoben werden dürfen. Wird das Grundbudget
der Universitäten in Zukunft daher nicht drastisch erhöht, empfiehlt sie ausdrücklich, dass Universitäten
autonom Zugangsregeln oder Studiengebühren einführen können.
Sechs Millionen für Verbesserung der Studienbedingungen
Für Rektor Badelt ist es überraschend, dass die Schlichtungskommission ihre eigenen Handlungsmöglichkeiten
sehr eng definiert, da sie sich an das zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch frei verfügbare Budget des
Wissenschaftsministeriums gebunden fühlt. Deshalb können mit dem zugesprochenen Geldbetrag von Euro 6
Mio. nur ein paar besondere Härten im Lehrbetrieb der WU gemildert werden. Die WU wird den erhaltenen Betrag
zum Ausbau der Ressourcen in den Bachelorstudien verwenden. "Eine wirkliche Verbesserung ist allerdings nur
dann zu erreichen, wenn es auch in der nächsten Leistungsvereinbarungsperiode zu einer deutlichen Budgetsteigerung
kommt. Andernfalls würde der einmalige Betrag sehr rasch verpuffen", warnt der Rektor.
"Die Bedeutung der Entscheidung der Schlichtungskommission liegt daher weniger in der der WU zugesprochenen
Budgetsteigerung als in der rechtlichen Klarstellung, dass die bisher praktizierte Hochschulpolitik in Österreich
verfassungsrechtlich bedenklich ist und daher aus Anlass der nächsten Leistungsvereinbarung eine Entscheidung
zwischen Zugangsregeln oder drastischen Budgetsteigerungen notwendig sein wird", fasst Rektor Badelt zusammen. |
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Töchterle: Bescheid bestätigt, dass in Massenfächern Regelung zu Uni-Zugang "unabdingbar"
ist
Wissenschafts- und Forschungsminister will zügig notwendige Rahmenbedingungen umsetzen
Wien (bmwf) - "Ich habe seit jeher betont: Universitäten haben Kapazitäten und die müssen
sie auch leben dürfen. Das haben wir mit dem Bescheid der Schlichtungskommission schwarz auf weiß",
so Wissenschafts- und Forschungsminister Dr. Karlheinz Töchterle in einer ersten Reaktion auf den nun vorliegenden
Bescheid der Schlichtungskommission im WU-Verfahren. Das Ministerium muss der Wirtschaftsuniversität Wien
(WU Wien) laut Bescheid bis Jahresende sechs Millionen Euro zahlen -"diese Mittel mildern zwar kurzfristig
die Probleme an der WU, sie sind aber keine langfristige Lösung. Wir brauchen einen geregelten Zugang zu den
Universitäten. Vor allem in den Massenfächern brauchen die Unis rasch Instrumente, die sie gezielt einsetzen
können." Er werde mit der SPÖ Gespräche aufnehmen, um gemeinsam zu einer Lösung zu kommen.
Das Ministerium und die WU waren sich immer einig: Eine Uni muss im Rahmen ihrer Autonomie das Recht haben, Studierende
entsprechend den vorhandenen Kapazitäten aufzunehmen. Auf Basis der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten
(Universitätsgesetz §124b, "Notfallparagraph") hat die WU im vergangenen Jahr einen Antrag
gestellt, der vom Ministerium unterstützt wurde. Das Ministerium hat sich damit bemüht, die in den Leistungsvereinbarungen
getätigte Zusage gegenüber der WU einzuhalten. Der Beschluss des Antrags war aber bisher mit dem Koalitionspartner
nicht möglich.
"Der heute vorgelegte Bescheid bestätigt erneut: Wir brauchen an der WU Zugangsregelungen - das ist im
Sinne der Qualitätssicherung für Studierende und Lehrende." Wörtlich wird im Bescheid festgehalten,
dass eine Regelung des Zugangs "unabdingbar" sei. Auch die Expertengruppe zum Hochschulplan, der Internationale
Währungsfonds, die OECD und die EU empfehlen Zugangs- und damit Kapazitätsregelungen, in fast allen Hochschulsystemen
weltweit ist das gelebte Praxis.
Weiters verweist der Minister auf die Aussagen der Schlichtungskommission betreffend Studienbeiträge ("Ist
das Gesamtbudget im Verhältnis zu den Studierendenzahlen zu gering, müsste die Universität entweder
selbst Zugangsbeschränkungen einführen oder Studiengebühren vorsehen können."). Der Bescheid
weist auch darauf hin, dass der Staat sogar verfassungswidrig handelt, wenn er den Unis nicht die nötigen
Rahmenbedingungen, nämlich Zugangsregelungen in allen Massenfächern, ermöglicht, ohne zugleich die
entsprechenden finanziellen Mittel bereit zu stellen. Im Falle der WU würde eine Ausfinanzierung ohne Zugangsregelungen
eine Verdoppelung des Budgets bedeuten.
"Jetzt gilt es, gemeinsam mit der WU Rahmenbedingungen für die Zukunft zügig umzusetzen, die die
Uni dringend benötigt und die auch weltweit funktionierende Selbstverständlichkeit sind", schließt
Töchterle. |
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Grünewald: Nun sollen sich alle anderen Unis anschließen
Wirtschaftsuni feiert Erfolg - nun ist Töchterle am Zug
Wien (grüne) - Erfreut über den Erfolg der Wirtschaftsuniversität (WU), zeigt sich der Wissenschaftssprecher
der Grünen, Kurt Grünewald: "Die WU hat sechs Million erstritten. Dieser ungewöhnliche Weg
musste eingeschlagen werden. Nun sollten auch andere Unis diesen Weg gehen."
Schon im Sommer forderten die Grünen alle RektorInnen der übrigen Unis dazu auf, dem Beispiel der WU
zu folgen und in einer "legitimen Notwehraktion" und wegen der Leistungsvereinbarungen mit dem Wissenschaftsministerium
zur Schlichtungskommission zu gehen. Grünewald fordert nun auch den Wissenschaftsminister auf, endlich zu
handeln: "Töchterle ist jetzt am Zug." |
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