Wien (wifo) - Die europäische Wirtschaftspolitik diskutiert anhaltend, durch welche Maßnahmen
das Vertrauen der Finanzmärkte in die Kreditwürdigkeit der Länder mit hoher Staatsverschuldung zurückgewonnen
werden kann. Auch für Staaten mit relativ geringer Verschuldung sind die Finanzierungskosten mittlerweile
gestiegen. Die Dynamik der Realwirtschaft lässt weiter nach, jedoch ist nach wie vor kein Einbruch der Wirtschaftsleistung
zu erkennen.
Die schwierige Entscheidung über eine Stabilisierung der Finanzmärkte für europäische Anleihen
fällt in eine Phase abnehmender und sehr unterschiedlicher Konjunkturdynamik. Der Anstieg der Renditen von
Staatsanleihen in den letzten Monaten weist sogar auf eine Zunahme der Verunsicherung auf den Finanzmärkten
hinsichtlich der Bedienbarkeit der Schulden einzelner Euro-Länder hin. Vor diesem Hintergrund versucht die
Politik vermehrt durch die Ankündigung verstärkter Sparbemühungen eine Beruhigung herbeizuführen.
Dies birgt jedoch die Gefahr einer weiteren Konjunkturdämpfung.
Mittlerweile sind die Finanzierungskosten auch für Staaten mit vergleichsweise unproblematischem Verschuldungsniveau
gestiegen. Selbst für deutsche Anleihen war nach einem deutlichen Rückgang jüngst ein leichter Anstieg
der Zinssätze festzustellen. Die Realwirtschaft blieb bisher von den Auswirkungen weitgehend verschont. Zwar
kühlt sich die Konjunktur im Euro-Raum seit dem Frühjahr ab, wie die Unternehmensumfragen zeigen, jedoch
verstärkte sich die Abwärtsbewegung bislang nicht. Im III. Quartal expandierte die Wirtschaft des Euro-Raumes
unverändert um 0,2% gegenüber der Vorperiode. In Deutschland beschleunigte sich das Wachstum sogar leicht
von +0,3% auf +0,5%; während die Exportwirtschaft anhaltend an Schwung verliert, entwickelt sich die Binnennachfrag
recht robust. Konsumentenvertrauen und Einzelhandelsumsätze weisen auch zum Jahresende auf eine stabile Konsumnachfrage
hin.
Für die österreichische Wirtschaft ergab die Revision der vierteljährlichen Volkswirtschaftlichen
Gesamtrechnung im III. Quartal 2011 ein Wachstum von real 0,3% gegenüber der Vorperiode (nach +0,5% im II.
Quartal). Damit hat sich die Konjunktur neuerlich abgeschwächt. Die Dynamik dürfte weiter nachlassen,
jedoch steht auch in Österreich unmittelbar kein Einbruch der Wirtschaftsleistung bevor. Im November verschlechterte
sich die Einschätzung der künftigen Wirtschaftsentwicklung durch die Unternehmen nicht weiter, und auch
die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ist als verhalten positiv zu beurteilen. |