Mehr Risikokapital und leichterer Kreditzugang für KMU
Brüssel (europa.eu) - Der Zugang zu Finanzierungsmitteln ist unverzichtbar, wenn es darum geht,
die Wettbewerbsfähigkeit und das Wachstumspotenzial kleiner und mittlerer Unternehmen zu steigern. Aber im
Umfeld der gegenwärtigen Krise, in der den Unternehmen der Realwirtschaft immer weniger Geld geliehen wird,
haben es solche Unternehmen immer schwerer, Kredite zu bekommen. Aus diesem Grund legt die Europäische Kommission
nun eine Strategie zur Förderung des Kapitalzugangs für KMU mit einem EU-Aktionsplan vor, der auch eine
größere finanzielle Unterstützung aus dem EU-Haushalt und von der Europäischen Investitionsbank
vorsieht, und schlägt eine Verordnung zur Festlegung einheitlicher Regeln für die Vermarktung von Risikokapitalfonds
vor.
Die neue Verordnung wird Risikokapitalgebern europaweit die Kapitalbeschaffung zugunsten neu gegründeter Unternehmen
erleichtern. Das Konzept ist einfach: Wenn die festgesetzten Anforderungen erfüllt sind, können sich
alle qualifizierten Fondsverwalter ihr Kapital unter der Bezeichnung „Europäischer Risikokapitalfonds“ in
der gesamten EU beschaffen. Sie müssen dann nicht mehr die komplizierten und in den einzelnen Mitgliedstaaten
auch noch unterschiedlichen Anforderungen erfüllen. Dank der Einführung einheitlicher Vorschriften können
Risikokapitalfonds potenziell mehr Kapital einsammeln und größer werden.
Zusätzlich zu den in der letzten Woche vorgestellten Maßnahmen, die auch neue Finanzierungsbürgschaften
in Höhe von 1,4 Milliarden Euro im Rahmen des Programms für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen
und für KMU (COSME 2014–2020) umfassen, wird die Europäische Investitionsbank ihr KMU-Darlehensprogramm
zügig fortführen, und zwar fast auf dem gleichen Niveau wie im Jahr 2011 (10 Mrd. Euro).
Antonio Tajani, der für Industrie und Unternehmertum zuständige Vizepräsident der Europäischen
Kommission erklärte dazu: „Die Erleichterung der Zugangs der KMU zu Finanzierungsmitteln hat bei der Überwindung
der Krise oberste Priorität. Unser Aktionsplan verdeutlicht, dass Europa alles tut, um den Kapitalzugang für
die KMU zu verbessern. Wir wollen unsere EU-Finanzierungsinstrumente für KMU stärken und diesen den Zugang
zu den Finanzmärkten erleichtern.“
EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier erklärte dazu: „Wir brauchen mehr Risikokapital in Europa. Wenn wir
den Unternehmen helfen, innovativer und wettbewerbsfähiger zu werden, dann wird auch Risikokapital zum Aufbau
der europäischen Unternehmen der Zukunft beitragen. Damit sie die vielversprechendsten Start-ups unterstützen
können, müssen Risikokapitalfonds größer werden und ihre Investitionen diversifizieren. Die
heutigen Vorschläge werden dabei helfen, diesen neuen Markt aufzubauen.“
KMU-Aktionsplan
Der wirtschaftliche Erfolg Europas hängt weitgehend ab vom Wachstum kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU),
die ihr Potenzial ausschöpfen. Die KMU erwirtschaften mehr als die Hälfte der gesamten Wertschöpfung
in der Nicht-Finanzwirtschaft und haben in den letzten 5 Jahren 80 % aller neuen Arbeitsplätze in Europa geschaffen.
Die Europäische Kommission präsentiert nun in einem Aktionsplan ihre verschiedenen Maßnahmen, mit
denen sie für die 23 Millionen KMU in Europa den Zugang zu Finanzierungsmitteln erleichtern und einen bedeutenden
Beitrag zum Wachstum leisten will. Die vorgeschlagenen Rechtsvorschriften und anderen Maßnahmen dienen der
Aufrechterhaltung des Kreditflusses in die KMU und der Verbesserung ihres Zugangs zu den Kapitalmärkten, indem
einerseits die Sichtbarkeit der KMU-Märkte und KMU-Anteile für Anleger erhöht wird und andererseits
Regulierungs- und Verwaltungslasten verringert werden.
Risikokapital für KMU
Risikokapital zur frühen Finanzierung neu gegründeter Unternehmen ist eine wichtige Art der langfristigen
Investition in junge und innovative KMU. Diese Investitionsform hat aber wegen der geringen Größe der
Fonds und der kleinen Kapitalmenge, die sie bereitstellen können, bislang keine größere Rolle bei
der Anfangsfinanzierung spielen können. Deshalb müssen sich KMU auch weiterhin vor allem durch kurzfristige
Bankdarlehen finanzieren. Im Umfeld der gegenwärtigen Krise, in der den Unternehmen der Realwirtschaft immer
weniger Geld geliehen wird, kann es für solche Unternehmen sehr schwer sein, derartige Darlehen zu bekommen.
Wie die der Kommission vorliegenden Unterlagen zeigen, sind Unternehmen mit langfristigen Risikokapitalgebern erfolgreicher
als Unternehmen, die sich durch kurzfristige Bankkredite finanzieren müssen. Üblicherweise wird dies
auf die strenge Prüfung zurückgeführt, die ein Risikokapitalgeber durchführt, bevor er in ein
Unternehmen investiert. Der durchschnittliche europäische Risikokapitalfonds ist aber klein und liegt weit
unter der optimalen Größe, die für eine diversifizierte Investitionsstrategie erforderlich wäre,
um zu einzelnen Unternehmen einen zweckmäßigen Kapitalbeitrag leisten und damit eine reale Wirkung erzielen
zu können. Während ein durchschnittlicher Risikokapitalfonds in der Europäischen Union ein Volumen
von ungefähr 60 Millionen Euro hat, kommt ein US-amerikanischer Fonds im Durchschnitt auf ein Kapitalvolumen
von 130 Millionen Euro(1). Wirtschaftsstudien belegen, dass Risikokapitalfonds erst ab einer Größe von
ungefähr 280 Millionen Euro(2) einen entscheidenden Einfluss auf die Branchen, in die sie investieren, ausüben
können. Überdies investierten US-amerikanische Risikokapitalfonds im Durchschnitt etwa 4 Millionen Euro
in jedes Unternehmen, wogegen europäische Fonds lediglich auf Investitionen von durchschnittlich 2 Million
Euro pro Unternehmen kommen. In den USA beliefen sich frühzeitige Beteiligungsinvestitionen im Durchschnitt
auf 2,2 Millionen Euro pro Unternehmen, während solche frühen Kapitalbeteiligungen in der EU bei nur
durchschnittlich 400.000 Euro pro Unternehmen(3) lagen.
Größere Risikokapitalfonds können wiederum mehr Kapital für einzelne Unternehmen bereitstellen
und sich zudem auf bestimmte Sektoren spezialisieren, z. B. auf die Informationstechnologie, Biotechnologie oder
Gesundheitsfürsorge. Dies dürfte dann den KMU helfen, ihre Wettbewerbsfähigkeit auf den globalen
Märkten zu verbessern. |
1: Josh Lerner, Yannis Pierrakis, Liam Collins, Albert Bravo Biosca, „Atlantic Drift - Venture
Capital performance in the UK and the US“, Forschungsbericht von Juni 2011, siehe Abschnitt 4.1.
2: Idem.
3: K. Raade, C.T. Machado: „Recent developments in the European private equity markets“, Economic papers 319, April
2008. |