Nationalrat: Verbesserungen bei Bildungskarenz und landwirtschaftlicher Ausbildung
Wien (pk) - Die Themen Pensionserhöhung, Bildungskarenz, Berufsausbildung im landwirtschaftlichen
Bereich und ArbeitnehmerInnenschutz standen im Zentrum der weiteren Debatte im Nationalratsplenum vom 06.12.
Bildungskarenz als Hebel für höhere Qualifikation
Wer eine mindestens sechsmonatige Beschäftigung im Unternehmen hat, kann eine mindestens zweimonatige berufliche
Auszeit zum Zweck der Weiterbildung in Anspruch nehmen. Diese Bestimmungen, die bislang befristet gegolten haben,
werden nun unbefristet verankert. Der Nationalrats gab heute einstimmig grünes Licht für einen entsprechenden
Gesetzentwurf.
Ein von den Grünen im Zuge der Debatte eingebrachter Entschließungsantrag betreffend einen besseren
Zugang zur Bildungskarenz für NiedriglohnbezieherInnen fand nicht die erforderliche Mehrheit.
Ebenso in der Minderheit blieb der Antrag des BZÖ, der darauf abzielt, ArbeitnehmerInnen, die sich vorübergehend
gegen einen Entfall ihrer Bezüge freistellen lassen, künftig kein Weiterbildungsgeld mehr zu zahlen,
wenn sie keine Weiterbildungsmaßnahmen für diesen Zeitraum nachweisen.
Abgeordnete Dagmar BELAKOWITSCH-JENEWEIN (F) kündigte die Zustimmung ihrer Fraktion zur Regierungsvorlage
betreffend die Bildungskarenz an. Diese enthalte Erleichterungen, von denen sie sich erhoffe, dass es dadurch auch
weniger gebildeten Personen ermöglicht werde, eine Bildungskarenz in Anspruch zu nehmen. Es wäre aber
auch zu überlegen, meinte sie, ein bestimmtes Minimum des Arbeitslosengeldes festzulegen.
Abgeordneter Franz RIEPL (S) meinte, die guten Arbeitsmarktdaten seien auch auf die guten Maßnahmen zur Qualifizierung
der ArbeitnehmerInnen zurückzuführen, welche Österreich getroffen habe. Es werde im Berufsleben
immer mehr Qualifikation gefordert, daher sei die Regelung über die Bildungskarenz von großer Wichtigkeit.
Dem Antrag des BZÖ werde seine Fraktion nicht zustimmen, kündigte er an, denn dieser enthalte einen Missbrauchsvorwurf
gegenüber BezieherInnen von Weiterbildungsgeld, der so nicht nachvollziehbar sei.
Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) kündigte ebenfalls die Zustimmung ihrer Fraktion zur Novelle an. Es sei wichtig,
dass nicht nur bereits Hochqualifizierte eine Bildungskarenz in Anspruch nehmen können, sagte sie. Der Antrag
des BZÖ betreffend den Bezug eines Weiterbildungsgeldes ziele darauf ab zu verhindern, dass ein solcher Bezug
ohne weitere Kontrolle möglich sei. Die bestehende Regelung lade geradezu zu einem Missbrauch öffentlicher
Gelder ein, kritisierte sie. Hier könne man 1,4 Mio. € einsparen, die besser im Ausbau der Bildungskarenz
eingesetzt wären.
Abgeordneter August WÖGINGER (V) meinte ebenfalls, er stimme dem Gesetz gerne zu, denn es habe sich gezeigt,
dass es sich bei der Bildungskarenz um eine wichtige arbeitsmarktpolitische Maßnahme handle, zumal lebenslanges
Lernen immer wichtiger werde. Es obliege im Übrigen auch stark den Betriebsräten dafür zu sorgen,
dass auch weniger Qualifizierte die Möglichkeit erhalten, Bildungskarenz in Anspruch zu nehmen.
Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) zeigte sich erfreut darüber, dass die Bildungskarenz nun auf Dauer eingerichtet
wird. Es sollte aber darauf geachtet werden, dass auch niedriger Qualifizierte sie antreten können. Mindestarbeitslosengeld
würde dafür eine wichtige Grundlage bieten, merkte er an. Die Kritik von Abgeordneter Haubner am Weiterbildungsgeld
könne er nicht nachvollziehen, sagte Öllinger. Es müsse den BezieherInnen frei stehen, zu entscheiden,
wie sie ihre Zeit verwenden. Öllinger schlug vor, darüber nachzudenken, die Pflege von Angehörigen
mit einem Modell der Karenz zu verbinden.
Bundesminister Rudolf HUNDSTORFER stellte fest, man könne nicht oft genug wiederholen, dass Österreich
mit seiner niedrigen Arbeitslosenrate nach wie vor Europameister sei. Der Minister dankte für die Einstimmigkeit,
mit der der Nationalrat der Regelung zur Bildungskarenz seine Zustimmung erteilen werde. Was die Daten dazu betrifft,
habe sich gezeigt, dass ein Fünftel bis ein Drittel nach der Bildungskarenz den Betrieb wechselt, von denen,
die im Vertrieb bleiben, nehmen viele eine neue Position ein. Etwa ein Drittel bleibe in derselben Position, wie
vorhin. Der größte Zustrom zur Bildungskarenz erfolge derzeit bei Frauen aus Gesundheits-, Sozial- und
Bildungsberufen und Männern aus dem warenproduzierenden Sektor. Für die Sozialversicherung pflegender
Angehöriger wende man bereits bedeutende Summen auf, meinte Hundstorfer in Richtung von Abgeordnetem Öllinger.
Kritik am Weiterbildungsgeld ließ er nicht gelten. Es handle sich bei den BezieherInnen pro Monat um etwa
100 Personen. Hier erfolge sicher keine Beschönigung der Arbeitslosenstatistik.
Abgeordneter Dietmar KECK (S) sah den Zugang zur Bildungskarenz ebenfalls als eine arbeitsmarktpolitisch wichtige
Maßnahme, die gerade in der derzeitigen Situation Frauen und jungen ArbeitnehmerInnen bessere Chancen eröffnet,
am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Durch kürzere Karenzen können zudem ArbeitnehmerInnen besser in
den Betrieben gehalten werden.
Abgeordnete Birgit SCHATZ (G) begrüßte die Erleichterung des Zugangs zur Bildungskarenz. Das System
habe aber auch Mängel, da die Karenz meist von jüngeren, bereits qualifizierten ArbeitnehmerInnen in
Anspruch genommen werde. Es sollte daher die Zahl vor allem von BezieherInnen niedrigerer Einkommen mit geringerer
Bildung gesteigert werden. Der Schlüssel dazu wäre eine bessere finanzielle Absicherung, sagte Schatz
und brachte in diesem Zusammenhang einen Entschließungsantrag ein, der für Gehälter unter 1.300
€ brutto eine volle Entgeltzahlung während der Bildungskarenz fordert. Dieser fans nicht die erforderliche
Mehrheit.
Verbesserungen im Bereich landwirtschaftlicher Berufsausbildung
Der Nationalrat billigte auch mehrheitlich eine Gesetzesvorlage, die verschiedene Änderungen bei der Berufsausbildung
von Jugendlichen im land- und forstwirtschaftlichen Bereich bringt. So werden etwa erstmals Kriterien für
die fachliche Eignung von Lehrberechtigten sowie genaue Verhältniszahlen zwischen AusbildnerInnen und Lehrlingen
gesetzlich festgelegt. Außerdem ist es künftig möglich, Schwerpunkte bei der Lehrlingsausbildung
zu setzen und Ausbildungsverbünde einzurichten. In überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen ist eine
Interessenvertretung für Jugendliche vorgesehen. Adaptiert werden auch die Bestimmungen für die integrative
Berufsausbildung von behinderten Jugendlichen. Der Lehrberuf "ländliche Hauswirtschaft" wird in
"Ausbildung im ländlichen Betriebs- und Haushaltsmanagement" umbenannt.
Um die Mobilität zu fördern und den Erwerb weiterer Qualifikationen zu ermöglichen, enthält
der Gesetzentwurf Bestimmungen über die Teilnahme von Lehrlingen an internationalen Ausbildungsprogrammen
und die Anrechnung von ausländischen Ausbildungszeiten.
Abgeordnete Dagmar BELAKOWITSCH-JENEWEIN (F) erläuterte, die Regierungsvorlage finde ihre Zustimmung nicht,
da darin eine Regelung enthalten sei, die zeige, dass die überbetrieblichen Ausbildungsstätten institutionalisiert
werden sollten. Ihrer Meinung nach sollten diese aber nur eine Notlösung für nicht vermittelbare Jugendliche
sein. Es könne nicht die Aufgabe solcher Einrichtungen sein, jene Grundkenntnisse zu vermitteln, welche eigentlich
die Schule vermitteln müsste. Es sei untragbar, wenn Jugendliche nach der 9. Schulstufe über keine ausreichenden
Grundkenntnisse in Lesen, Schreiben und Rechnen verfügten. Hier zeigten sich auch deutlich die Folge der verfehlten
Bildungs- und Zuwanderungspolitik der SPÖ, meinte die Abgeordnete.
Abgeordnete Christine LAPP (S) hielt fest, es sei der SPÖ ein Anliegen, dass alle Jugendlichen in Österreich
die bestmöglichen Chancen am Arbeitsplatz erhielten. Unterscheidungen zwischen Jugendlichen nach ihrer Herkunft,
wie sie die FPÖ betreibe, lehne sie prinzipiell ab. Aufgrund des heute zu beschließenden Gesetzes werde
auch die integrative Berufsausbildung für behinderte Jugendliche durch eine Verlängerung der Ausbildungsfristen
möglich, hob Lapp hervor, zudem werde ein ganzes Bündel an weiteren Maßnahmen zur verbesserten
Qualifikation von Jugendlichen beschlossen.
Abgeordneter Jakob AUER (V) schloss sich den Ausführungen von Abgeordneter Lapp an. Österreichs Ressource
seien seine "hellen Köpfe". Die landwirtschaftlichen Schulen müssten sich weiterentwickeln,
eine fundierte Ausbildung sei wichtig, auch für die Belebung des ländlichen Raums. Die jungen Bäuerinnen
und Bauern seien heute gut ausgebildet, das sei wichtig, um die Herausforderungen der Zukunft meistern zu können.
Abgeordneter Wolfgang PIRKLHUBER (G) meinte, die Landwirtschaft sei ein wichtiger und zukunftsfähiger Beruf,
deshalb seien die Anpassungen, die das Gesetz bringe, zu begrüßen. Bei dieser Gelegenheit wäre
es aber angebracht gewesen, länderübergreifend eine bessere Vergleichbarkeit der landwirtschaftlichen
Schulen herzustellen. Es sei auch wichtig, dass die Ausbildung von Frauen in landwirtschaftlichen Berufen aufgewertet
werde. Agrarpolitik sei heute europäisch, das müsse auch in der Ausbildung der LandwirtInnen entsprechend
berücksichtigt werden.
Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B) begrüßte die vorgesehenen Anpassungen in der landwirtschaftlichen
Berufsausbildung an das allgemeine Berufsschulwesen. Positiv registrierte er auch die Zulassung zur Meisterprüfung
bereits mit 20 Jahren und die vorgesehenen Schwerpunktsetzungen in der Ausbildung. Auch die Zunahme bei den betrieblichen
Lehrstellen bewertete Dolinschek als sehr erfreulich.
Abgeordneter Johann HÖFINGER (V) würdigte die Leistungen der landwirtschaftlichen Fachschulen, die künftig
eine erweiterte und modernisierte Ausbildung anbieten werden, unter anderem auch in Kooperation mit anderen Berufssparten
und auf internationaler Ebene. Auch behinderte junge Menschen werden diese Ausbildungschancen nützen können,
hielt der Redner mit Freude fest.
Für und Wider Pensionistenpreisindex
Die Pensionen werden im Jahr 2012 mehrheitlich um 2,7% erhöht. Lediglich BezieherInnen höherer Pensionen
ab 3.300 € erhalten eine Pensionsanpassung unterhalb der Inflationsrate. Ein entsprechender Beschluss erfolgte
heute nach Zustimmung im Sozialausschuss auch durch das Plenum des Nationalrats mehrheitlich.
Abseits der Pensionserhöhung werden mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz 2011 zahlreiche Detailänderungen
im Sozial- und Arbeitslosenversicherungsrecht vorgenommen. So haben etwa ältere Arbeitslose, die mangels Notlage
keine Notstandshilfe erhalten, künftig Anspruch auf Ersatzzeiten in der Pensionsversicherung. Das so genannte
"Übergangsgeld", das gesundheitlich beeinträchtigten ArbeitnehmerInnen gebührt, die im
Rahmen des Projekts "Rehabilitation vor Pension" an beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen teilnehmen,
wird früher als bisher ausgezahlt.
Weitere Punkte betreffen die sozialversicherungsrechtliche Absicherung auch von Vertragsbediensteten der Länder
während des "Papamonats", den Übergang des Pensionsanspruches auf den Bund bei der Unterbringung
von Personen in einer therapeutischen Einrichtung aufgrund einer gerichtlichen Weisung und die Erfassung des Migrationshintergrunds
arbeitsloser Personen für zielgerichtete Qualifikations- und Integrationsangebote. Die seit 2007 geltende
Bestimmung, wonach aus Mitteln der Arbeitsmarktpolitik jährlich 2,5 Mio. € für die Schlechtwetterentschädigung
für BauarbeiterInnen bereitgestellt werden, wird bis 2014 verlängert.
Die dem Ausschussbericht angeschlossene Entschließung betreffend die Überführung der Architekten
und Ingenieurkonsulenten in das FSVG wurde einstimmig verabschiedet.
Die beiden von den Grünen in der Debatte eingebrachten Abänderungsanträge fanden keine Mehrheit.
Darüber hinaus wird im Einkommensteuergesetz 1988 ein Formalfehler bezüglich des erhöhten Pensionistenabsetzbetrags
behoben. Der Beschluss erfolgte mehrheitlich.
Keine Mehrheit fand hingegen der Antrag der Grünen, die auf die mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 abgeschaffte
Bestimmung, wonach eine Witwe mit vier Kindern nach Vollendung ihres 55. Lebensjahrs eine Invaliditätspension
in Anspruch nehmen kann, Bezug nimmt und auf eine Übergangsregelung für die Geburtsjahrgänge 1959
bis 1961 drängt.
Ebenso in der Minderheit blieb der Entschließungsantrag der FPÖ, in dem diese die Anhebung aller Pensionen
nach dem Pensionistenpreisindex fordert.
Abgeordneter Werner NEUBAUER (F) erinnerte an die nahezu 600 Einsparungsvorschläge des Rechnungshofs, zu denen
die Bundesregierung bedauerlicherweise jede Stellungnahme vermissen lasse. Neubauer kritisierte zudem auch die
Weigerung der Bundesregierung, die Anpassung der Pensionen nach dem Pensionistenpreisindex vorzunehmen, was man
sich leicht leisten könnte, würde man die Sozialversicherungen zusammenlegen und die unerträglichen
Privilegien in der Nationalbank endlich beseitigen, sagte Neubauer. Der Abgeordnete machte auf die Armut aufmerksam,
unter der viele Menschen und Familien leiden, die sich die Heizung ihrer Wohnung nicht mehr leisten können.
Die Freiheitlichen wollen sparen, dabei aber jeden Klassenkampf vermeiden, sagte der Redner. Die Schuldenbremse,
die diese Bundesregierung vorgelegt hat, sei nicht glaubhaft, weil die Bundesregierung auf leicht mögliche
Einsparungen verzichtet – die PensionistInnen dieses Landes haben dieser Bundesregierung längst das Vertrauen
entzogen, schloss Neubauer.
Abgeordnete Renate CSÖRGITS (S) meinte hingegen, die PensionistInnen freuten sich über eine Pensionssteigerung
um durchschnittlich 2,7%, wobei kleinere Pensionen stärker angehoben werden. In ihren weiteren Ausführungen
ging die Rednerin auf Detailanpassungen beim Übergangsgeld für Rehabilitation, auf die Verlängerung
befristeter Finanzierungsregelungen bei der Schlechtwettervergütungen der Bauarbeiter und auf weitere Fortschritte
bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein. Dazu kommt die Entschließung für Gespräche mit
den Ziviltechnikern, deren Sozialversicherung an die allgemeine Sozialversicherung herangeführt werden soll.
Auch Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) gab seiner Freude über die Heranführung der Ziviltechniker an
die allgemeine Sozialversicherung Ausdruck und sah darin eine Auszeichnung für das allgemeine Sozialversicherungssystem.
Den vorliegenden Gesetzentwurf beurteilte Öllinger weniger positiv. Armut sei kein besonderer Nachteil von
PensionistInnen, sondern ein Problem quer durch die Gesellschaft und auch vieler junger Menschen, weil sich die
Schere zwischen Arm und Reich immer weiter öffne. Den Pensionistenpreisindex lehnte Öllinger ab. Es sei
nicht einzusehen, dass PensionistInnen mit 6000 € pro Monat von einer Erhöhung nach dem Pensionistenpreisindex
profitieren sollen. Vielmehr gehe es darum, Maßnahmen zugunsten armutsgefährdeter Familien zu setzen,
sagte der Redner und legte dazu einen Abänderungsantrag seiner Fraktion vor. Außerdem beantragte der
Abgeordnete die sprachliche Förderung von Schulabgängern durch das AMS, die aufgrund der Defizite des
Bildungssystems nicht ausreichend lesen und schreiben können, und zwar ungeachtet der Tatsache, ob sie Migrationshintergrund
haben oder nicht.
Abgeordneter August WÖGINGER (V) sprach sich ebenfalls für Gespräche über eine weitere Harmonisierung
des Pensionsversicherungssystems aus und zeigte sich zuversichtlich über die Erfolgsaussichten dieses Bemühens.
Der FPÖ hielt der Redner die große Zahl ihrer Anträge vor, die Kosten von rund 10 Mrd. € verursachen
würden. Es sei völlig unglaubwürdig, zugleich Schuldenabbau und Mehrausgaben zu verlangen. Zur Pensionsanpassung
2012 bekenne er sich, sagte Wöginger, "damit wird die Inflation abgegolten, das ist ein machbares Ergebnis
der Verhandlungen". Kritik am Zuwachs höherer Pensionen hielt Wöginger entgegen, dass diese Pensionen
zuletzt ganz unberücksichtigt geblieben seien. Zum vierten Mal werde morgen eine Nulllohnrunde für PolitikerInnen
und PolitikerpensionistInnen beschlossen, teilte Wöginger in diesem Zusammenhang mit. Die Kritik Öllingers
an der sprachlichen Förderung von Menschen mit Migrationshintergrund durch das AMS wies er zurück und
lehnte den diesbezüglichen Antrag der Grünen ab.
Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B) sprach von einem Flickwerk und warf den Regierungsparteien eine Verwirrungstaktik
vor, indem sie den Menschen einmal etwas wegnehmen, dann wieder kleine Verbesserung zugestehen, auf die notwendigen
großen Reformen aber verzichten. Einzelne Maßnahmen seien positiv, räumte der Redner ein, etwa
die Rehabilitation vor der Pension. Ältere Menschen brauchen Arbeitsplätze statt Maßnahmen, die
der Verbesserung der Beschäftigungsstatistik dienen. Einmal mehr drängte Dolinschek auf die Zusammenführung
von Sozialversicherungsanstalten und schloss sich bei der Beurteilung des Pensionistenpreisindex Abgeordnetem Öllinger
an. Ein solcher Index würde das gesamte Pensionssystem ins Wanken bringen, sagte Dolinschek, "das nütze
niemandem".
Bundesminister Rudolf HUNDSTORFER warnte die FPÖ davor, den PensionistInnenen Pensionserhöhungen vorzugaukeln,
die nicht erfüllbar seien. Auch sei es nicht möglich, in Einzelverträge bei der Nationalbank einzugreifen.
AltpolitikerInnen, die einen Pensionssicherungsbeitrag von 14% zahlen, sind von einer weiteren Nulllohnrunde betroffen.
Auch sollte die FPÖ zur Kenntnis nehmen, dass der Pensionistenpreisindex von allen ExpertInnen Österreichs
abgelehnt werde. Auch er lehne Generationenindizes ab, sagte der Sozialminister und sprach hinsichtlich der aktuellen
Pensionserhöhung von einer guten Lösung. Und was der Rechnungshof im Sozialressort verlange, habe er
schon lange erledigt, sagte der Minister an die Adresse der FPÖ.
Das ASVG sah Hundstorfer als Basis für die Zukunft des Sozialversicherungssystems. Bei den Verhandlungen mit
den einzelnen Gruppen und Ländern sei es notwendig, die demokratischen Spielregeln einzuhalten. Das Pensionsinstitut
für Verkehr und öffentliche Einrichtungen werde in den nächsten Monaten ordnungsgemäß
aufgelöst und in das ASVG implementiert, kündigte der Sozialminister an.
Abgeordneter Josef MUCHITSCH (S) bedankte sich im Namen der Bauarbeiter für den Bundeszuschuss zur Verlängerung
der Bauarbeiter-Schlechtwetterregelung. Verwunderlich zeigte er sich über die Initiative der Freiheitlichen
für den Pensionistenpreisindex, da diese Partei in ihrer Regierungsverantwortung die Pensionen nicht nur am
wenigsten erhöht, sondern Kürzungen bei Pensionsansprüchen vorgenommen habe. Die jetzige Regierung
reduziere Abschläge bei den Invaliditätspensionen und bei den Schwerarbeiterpensionen, und das sei ein
wesentlicher sozialer Fortschritt. "Während in Europa Pensionen gekürzt werden, werden sie in Österreich
erhöht", schloss Muchitsch.
Abgeordneter Norbert HOFER (F) meinte, die SPÖ würde, wäre sie in Opposition, angesichts der vorliegenden
Maßnahmen auf die Straße gehen und gegen die "böse" Bundesregierung demonstrieren. Zum
SPÖ-Vorschlag, die Superreichen stärker zu besteuern, sagte der Redner, dies werde die Budgetprobleme
nicht lösen, setze aber Eingriffe in bestehende Verträge voraus. Österreich stehe im internationalen
Vergleich der Einkommensgerechtigkeit nicht schlecht da, hielt Hofer demgegenüber fest. Er könne sich
eine gerechtere Besteuerung von Vermögenserträgen vorstellen, vor einer Besteuerung des Vermögensbestandes
warnte Hofer aber eindringlich, weil solche Steuern schwer einzuheben seien und letztlich an die Mieter weitergegeben
würden. Die Maßnahmen, die die FPÖ vorschlägt, kosten langfristig nicht, wie Wöginger
behauptet, 10 Mrd. €, denn ein Familiensplitting etwa würde mehr Kinder bedeuten, was mittel- und langfristig
die Sozialversicherungen entlastet würde.
Abgeordneter Karl DONABAUER (V) machte auf die österreichische Sozialquote von mehr als 30% aufmerksam, auf
den Höchststand an Beschäftigung im Land und auf die sozialen Verbesserungen im vorliegenden Entwurf,
die unter anderem auch ein Übergangsgeld bei Rehabilitationsmaßnahmen bringen. Das sei wichtig, wenn
man das Pensionsantrittsalter anheben wolle. "Helfen wir den Menschen dabei, länger im Arbeitsprozess
bleiben zu können", lautete der Appell des Abgeordneten. Beim Thema Pensionsanpassung entzog Donnerbauer
der FPÖ das Vertrauen, solange sie sich nicht entscheiden könne, ob sie sparen oder Anträge stellen
wolle, die Milliarden Kosten nach sich ziehen würden. Seine Bitte an den Sozialminister lautete auf eine stärkere
Anhebung der Ausgleichszulage. Das sei eine Aufgabe für die Zukunft, die wir sicher noch erledigen werden,
zeigte sich Donabauer überzeugt.
Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) hielt das Pensionssystem für das "heiße Eisen" der Sozialpolitik
und trat vehement für eine Harmonisierung und Zusammenlegung der Pensionssysteme ein. Es gehe auch um die
Abschaffung von Pensionsprivilegien sowie um eine zügige Angleichung im Pensionsalter von Männern und
Frauen. Andernfalls drohe eine überfallsartige Angleichung wie derzeit in Italien. "Wir müssen seriös
über eine raschere Angleichung reden und die Kindererziehungszeiten entsprechend berücksichtigen",
forderte Haubner.
Bei Pensionserhöhungen sprach sich Abgeordnete Haubner gegenüber der FPÖ für den Verbraucherpreisindex
und gegen den Pensionistenpreisindex aus. Kleine und mittlere Pensionen sollen nach dem Verbraucherpreisindex angepasst
werden, dies gelte aber nicht für hohe Pensionen, wo ein entsprechender Solidarbeitrag verlangt werden könne.
Schließlich erinnerte die Rednerin an das BZÖ-Pensionskontomodell, das das Pensionssystem ihr zufolge
auch für die kommenden Pensionen sichern würde.
Abgeordneter Oswald KLIKOVITS (V) hielt die Pensionserhöhung um durchschnittlich 2,7% als durchaus angemessen
angesichts der momentanen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Mehr könne es natürlich immer sein, aber
das müsse man sich auch leisten können, gab der Redner zu bedenken. Positiv bewertete er auch die Harmonisierungsbestimmungen
für die Ziviltechniker im Pensionsbereich.
Debatte über ArbeitnehmerInnenschutz
Einen weiteren Themenblock der heutigen Sitzung bildeten Fragen des Arbeitnehmerschutzes. Als Basis dafür
dienten drei Entschließungsanträge der Grünen ( 1637/A[E], 1638/A[E] und 480/A[E]), die aber keine
Mehrheit fanden. Die Grünen sprechen sich darin für eine Erweiterung der Berufskrankheitenliste um psychische
und psychosomatische Krankheiten, eine geschlechtergerechte Überarbeitung der Berufskrankheitenliste und eine
Aufstockung des Budgets der Arbeitsinspektorate aus.
Abgeordneter Andreas KARLSBÖCK (F) kündigte einleitend an, dass seine Fraktion dem vorliegenden Antrag,
bei dem es um die Aufnahme von psychischen und psychosomatischen Erkrankungen in die Liste der Berufskrankheiten
geht, zustimmen werde. Es sei kein Geheimnis, dass die Gebietskrankenkasse seit einem halben Jahr eine so genannte
Task Force eingesetzt hat, die sich mit dem Problem des Dauerkrankenstands befasst. Nach zahlreichen Gesprächen
mit ExpertInnen habe er aber den Eindruck gewonnen, dass das AMS diese Einrichtung instrumentalisiert und daran
interessiert ist, dass Langzeitarbeitslose als arbeitsunfähig eingestuft werden. Da diese Personen nun krank
geschrieben sind, müsse das AMS nichts mehr für sie bezahlen. In der Folge werde dann ein Antrag auf
Invaliditätspension gestellt, wodurch sie gänzlich aus der AMS-Statistik rausfallen. Karlsböck forderte
den Sozialminister auf, die Vermittlungsbedingungen beim AMS zu evaluieren und etwaige Missstände abzustellen.
Abgeordneter Erwin SPINDELBERGER (S) räumte ein, dass in den letzten Jahren psychische und psychosomatische
Erkrankungen stark zugenommen haben und zu den Hauptverursachern von Krankenständen zählen. Bereits mehr
als 50% der Krankenstandstage seien mittlerweile auf Symptome von Stresserkrankungen zurückzuführen,
zeigte der Redner auf, und mehr als eine Million Menschen leiden unter chronischen Erschöpfungszuständen,
Depressionen oder Schlafstörungen. Dies sei auch ein Hauptgrund für das massive Ansteigen der Invaliditätspensionen,
hob Spindelberger hervor. Inhaltlich spreche er sich jedoch gegen den Antrag der Grünen aus, weil vielmehr
alle Anstrengungen unternommen werden sollten, um durch entsprechende Prävention die Zunahme der arbeitsbedingten
Erkrankungen zu verhindern und die Arbeitsbedingungen noch mehr zu verbessern.
Sie könne den letzten Satz ihres Vorredners nur unterstreichen, meinte Abgeordnete Birgit SCHATZ (G), aber
trotzdem müsse die Tatsache anerkannt werden, dass die arbeitsbedingten psychischen und psychosomatischen
Krankheiten drastisch zunehmen. Über ein Drittel aller Pensionsantritte gehen mittlerweile auf psychische
Erkrankungen zurück. Das sei wohl ein Beweis dafür, dass die Prävention derzeit nicht greife. Weiters
ging sie auf ihren Antrag betreffend die Erhöhung des Personals des Arbeitsinspektorats sowie eine Aufstockung
des Budgets ein, wodurch der Zunahme der unselbständig Erwerbstätigen um 10% in den letzten zehn Jahren
Rechnung getragen würde.
Abgeordnete Ridi STEIBL (V) ging zunächst auf die G-Forderung nach Erweiterung der Berufskrankheitenliste
ein. Sie gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass psychische und psychosomatische Erkrankungen in der Regel
nicht auf bestimmte Berufe zurückzuführen sind, sondern verschiedene Ursachen haben. Das Vorsorgeprinzip
werde in den Betrieben sehr ernst genommen, war Steibl überzeugt, wobei die Verantwortung aber sowohl bei
den Unternehmern als auch bei den Arbeitnehmern liege. Sodann hob sie noch den Einsatz von Präventivfachkräften
der AUVA hervor.
Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B) war der Auffassung, dass die Bestimmungen bezüglich der Berufskrankheiten
teilweise nicht mehr zeitgemäß sind und einer Modernisierung bedürfen. Für ihn sei klar, dass
die Liste auch um psychische und psychosomatische Krankheiten erweitert werden müsse. Generell sprach er sich
für regelmäßige Kontrollen der Arbeitsbedingungen und verstärkte Präventionsmaßnahmen
aus.
Bundesminister Rudolf HUNDSTORFER wies darauf hin, dass das AMS jährlich zwischen 900.000 und einer Million
KundInnen betreue. Eine gewisse Anzahl davon habe gesundheitliche Probleme und müsse fachkundig betreut werden,
meinte der Sozialminister, was aber nicht von den AMS-Beratern durchgeführt werden könne. Es gehe daher
auch nicht um das Verschieben von Kosten von einer Institution zu einer anderen, sondern um eine kompetente Hilfestellung
in einer schwierigen Lebenssituation. Auch wenn einige Betroffene einen Pensionsantrag stellen, könne vielen
Personen dadurch geholfen werden, indem sie über sozialökonomische Projekte wieder in Beschäftigungsverhältnisse
kommen. Die Kritik der Freiheitlichen bezeichnete er als oberflächlich, da man sich nicht mit den konkreten
Fakten und Projekten beschäftige.
Abgeordneter Franz ESSL (V) lehnte eine generelle Einbindung der psychischen und psychosomatischen Erkrankungen
in die Liste der Berufskrankheiten ab; dies würde auch die finanziellen Möglichkeiten sprengen. Ein Nein
von seiner Seite gab es auch zur Forderung bezüglich der Aufstockung des Budgets des Arbeitsinspektorats.
Abgeordnete Judith SCHWENTNER (G) gab zu bedenken, dass die Liste der anerkannten Berufskrankheiten einigermaßen
veraltet sei und den modernen Arbeitsbedingungen angepasst werden sollte. Im Besonderen ging sie dann noch auf
den Antrag betreffend die Berücksichtigung geschlechtsspezifischer arbeitsbedingter Risiken in der Prävention
und bei der Anerkennung von Berufskrankheiten ein. Als Beispiel führte sie den Beruf der Kindergärtnerin
an, die oft bei einem Lärm von 85-88 Dezibel arbeiten müssen, was zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen
führen kann. |