Schwächelnd ins Neue Jahr, jedoch kein Absturz der österreichischen Konjunktur   

erstellt am
15. 12. 11

Bank Austria Konjunkturindikator im November nur geringfügig auf minus 0,5 Punkte gesunken, denn Stimmung in der Wirtschaft verschlechtert sich nur langsam
Wien (ba) - Die österreichische Wirtschaft geht in einer kontinuierlich schwächer werdenden Verfassung ins Neue Jahr. „Der Bank Austria Konjunkturindikator ist im November weiter zurückgegangen. Wie bereits im Vormonat lag der Wert sogar geringfügig im Minusbereich. Mit aktuell minus 0,5 Punkten hat er sich jedoch gegenüber Oktober nur wenig verschlechtert“, meint Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer. Die heimische Konjunktur befindet sich bereits seit Mitte 2011 in einer Abschwungphase, deren Tiefpunkt derzeit noch nicht erreicht sein dürfte. Jedoch nimmt das Tempo der eingesetzten Konjunkturabkühlung derzeit nicht mehr weiter zu. „Die Konjunktur befindet sich jedenfalls nicht im freien Fall, wie es in der Krise 2008/2009 zu beobachten war“, so Bruckbauer.

Die unverändert zurückhaltende Stimmung in der heimischen Wirtschaft belastet jedoch weiterhin den Ausblick. Die österreichischen Konsumenten blicken sehr beunruhigt in die Zukunft, sind jedoch viel optimistischer als im restlichen Europa. Im November hat sich die Stimmung sogar leicht verbessert. „Angesichts der Diskussion über die Verschuldungslage in Europa und die steigenden Konjunktur- und damit Arbeitsplatzsorgen liegt die Kauflaune der Verbraucher derzeit unter dem langfristigen Durchschnitt und die heimische Industrie schätzt ihre Geschäftsaussichten im November erneut ungünstiger ein als im Vormonat“, analysiert Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. Angesichts der deutlichen Verschlechterung des handelsgewichteten Vertrauensindex für den Euroraum ist davon auszugehen, dass die Stimmung in der österreichischen Industrie noch nicht ihren Tiefpunkt erreicht hat, wobei der rückläufige Trend nicht sehr stark ausgeprägt ist.

Die nachlassende Stimmung in der österreichischen Wirtschaft hat sich in den realen Daten für das Schlussquartal 2011 spürbar niedergeschlagen. Nach starken Auftragseinbrüchen, insbesondere aus dem Ausland, expandierte die Industrie nicht mehr. Die Exportdynamik hat deutlich nachgelassen. Da auch der Importbedarf zurückging, hielt sich der wachstumsdämpfende Effekt des Außenhandels seit Oktober zwar in Grenzen, die Inlandsnachfrage war jedoch nicht in der Lage die Lücke zu schließen. Zwar konnte der private Konsum seinen moderaten Aufwärtstrend nur wenig verlangsamt fortsetzen, die steigenden Konjunktursorgen wirkten sich jedoch deutlich auf die Investitionsbereitschaft aus, die nur noch sehr schwach ausgeprägt war. „Wir rechnen zum Ende des laufenden Jahres mit einer Stagnation der heimischen Wirtschaft und damit mit einem geringfügig besseren Ergebnis als in der Eurozone, die voraussichtlich leicht ins Minus rutschen wird. Den BIP-Anstieg für das Gesamtjahr schätzen wir für Österreich auf 3,3 Prozent. Für die Eurozone gehen wir von einem Wirtschaftswachstum von 1,6 Prozent aus“, so Pudschedl.

Die Einigung auf eine Weiterentwicklung der Kriseninstrumente und auf den „Fiscal Compact“ für die fiskalpolitische Koordination in der Eurozone am vergangenen EU-Gipfel schafft neue Rahmenbedingungen, die zur zumindest langfristigen Milderung der bestehenden Verunsicherung in der Wirtschaft beitragen sollen. Ob diese langfristige Strategie auch reicht kurzfristig Beruhigung zu bringen und ob die verbesserte Liquiditätsversorgung des Bankensektors auch den Staatsanleihenmarkt beruhigen kann, ist nicht klar. „Obwohl es aus heutiger Sicht noch nicht sicher ist, ob die bisherigen Maßnahmen reichen werden, gehen wir doch davon aus, dass die Eurozone die Mittel hat, die Krise zu beenden“, betont Bruckbauer. „Eine erneute Rezession der österreichischen Wirtschaft erwarten wir daher weiterhin nicht.“

Die Vertrauenskrise wird jedoch im kommenden Jahr deutliche realwirtschaftliche Bremsspuren hinterlassen. „Wir gehen 2012 nur noch von einem Anstieg des BIP um 0,8 Prozent aus. In der gesamten Eurozone wird nach unserer Einschätzung die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte noch rascher erfolgen, als bisher angenommen, was die Dynamik der österreichischen Exportwirtschaft stark bremsen wird. Auch in Österreich ist mit einer beschleunigten Nachfrageverknappung durch die öffentliche Hand zu rechnen. Konsum und Investitionstätigkeit werden darunter leiden“, fasst Bruckbauer die Aussichten für die österreichische Wirtschaft im Jahr 2012 zusammen. Unter anhaltend starken fiskalischen Zügeln werden trotz Überwindung der Vertrauenskrise die Wachstumsaussichten für die österreichische Wirtschaft verhalten bleiben, doch sollte dank eines robusteren globalen Auftriebs ein BIP-Anstieg von 2 Prozent im Jahr 2013 möglich sein.

Die Geldpolitik wirkte der bevorstehenden fiskalischen Verschärfung bereits ein wenig entgegen. Die Verringerung des Leitzinssatzes um 25 Basispunkte Anfang Dezember und die Ankündigung weiterer liquiditätspolitischer Maßnahmen durch die EZB werden diesen Trend unterstützen. „Die zurückhaltenden Wachstumserwartungen und bestehenden Abwärtsrisiken für den Ausblick lassen eine länger anhaltende Tendenz zur Lockerung der EZB-Politik auch im kommenden Jahr erwarten. Der Leitzins hat mit 1 Prozent nach unserer Ansicht jedoch bereits seinen Tiefpunkt erreicht“, so Bruckbauer. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Leitzins in den nächsten Monaten unter die Marke von 1 Prozent gesenkt wird, angesichts der Zurückhaltung der Zentralbank in Hinblick auf Anleihekäufe gestiegen.

Inflation lässt nach
„Nach einem Anstieg um durchschnittlich 3,2 Prozent im Jahr 2011 wird im kommenden Jahr die Inflationsrate nur noch 2,2 Prozent betragen“, erwartet Bruckbauer. Der langsam einsetzende Abwärtstrend bedingt durch den Wegfall der starken Ölpreisanstiege des Vorjahres aus der Berechnungsbasis wird sich 2012 fortsetzen. Infolge von Zweitrundeneffekten der hohen Preisdynamik aus 2011 ist dennoch ein spürbarer Inflationsdruck nach oben gegeben. Zudem ist im Zuge der Konsolidierung des öffentlichen Haushalts mit Maßnahmen unter anderem im steuerlichen Bereich zu rechnen, die nach Einschätzung der Ökonomen der Bank Austria einen stärkeren Rückgang der Inflation unter die von der EZB angepeilte Marke von 2 Prozent verhindern dürften – trotz der schwächelnden Nachfrage 2012. Erst 2013 ist mit einer Teuerungsrate im Zielbereich der Zentralbank zu rechnen, wobei aufgrund des positiven Basiseffekts sogar ein Abwärtsrisiko gegeben ist.
     
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