Bank Austria Konjunkturindikator im November nur geringfügig auf minus 0,5 Punkte gesunken,
denn Stimmung in der Wirtschaft verschlechtert sich nur langsam
Wien (ba) - Die österreichische Wirtschaft geht in einer kontinuierlich schwächer werdenden
Verfassung ins Neue Jahr. „Der Bank Austria Konjunkturindikator ist im November weiter zurückgegangen. Wie
bereits im Vormonat lag der Wert sogar geringfügig im Minusbereich. Mit aktuell minus 0,5 Punkten hat er sich
jedoch gegenüber Oktober nur wenig verschlechtert“, meint Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer.
Die heimische Konjunktur befindet sich bereits seit Mitte 2011 in einer Abschwungphase, deren Tiefpunkt derzeit
noch nicht erreicht sein dürfte. Jedoch nimmt das Tempo der eingesetzten Konjunkturabkühlung derzeit
nicht mehr weiter zu. „Die Konjunktur befindet sich jedenfalls nicht im freien Fall, wie es in der Krise 2008/2009
zu beobachten war“, so Bruckbauer.
Die unverändert zurückhaltende Stimmung in der heimischen Wirtschaft belastet jedoch weiterhin den Ausblick.
Die österreichischen Konsumenten blicken sehr beunruhigt in die Zukunft, sind jedoch viel optimistischer als
im restlichen Europa. Im November hat sich die Stimmung sogar leicht verbessert. „Angesichts der Diskussion über
die Verschuldungslage in Europa und die steigenden Konjunktur- und damit Arbeitsplatzsorgen liegt die Kauflaune
der Verbraucher derzeit unter dem langfristigen Durchschnitt und die heimische Industrie schätzt ihre Geschäftsaussichten
im November erneut ungünstiger ein als im Vormonat“, analysiert Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.
Angesichts der deutlichen Verschlechterung des handelsgewichteten Vertrauensindex für den Euroraum ist davon
auszugehen, dass die Stimmung in der österreichischen Industrie noch nicht ihren Tiefpunkt erreicht hat, wobei
der rückläufige Trend nicht sehr stark ausgeprägt ist.
Die nachlassende Stimmung in der österreichischen Wirtschaft hat sich in den realen Daten für das Schlussquartal
2011 spürbar niedergeschlagen. Nach starken Auftragseinbrüchen, insbesondere aus dem Ausland, expandierte
die Industrie nicht mehr. Die Exportdynamik hat deutlich nachgelassen. Da auch der Importbedarf zurückging,
hielt sich der wachstumsdämpfende Effekt des Außenhandels seit Oktober zwar in Grenzen, die Inlandsnachfrage
war jedoch nicht in der Lage die Lücke zu schließen. Zwar konnte der private Konsum seinen moderaten
Aufwärtstrend nur wenig verlangsamt fortsetzen, die steigenden Konjunktursorgen wirkten sich jedoch deutlich
auf die Investitionsbereitschaft aus, die nur noch sehr schwach ausgeprägt war. „Wir rechnen zum Ende des
laufenden Jahres mit einer Stagnation der heimischen Wirtschaft und damit mit einem geringfügig besseren Ergebnis
als in der Eurozone, die voraussichtlich leicht ins Minus rutschen wird. Den BIP-Anstieg für das Gesamtjahr
schätzen wir für Österreich auf 3,3 Prozent. Für die Eurozone gehen wir von einem Wirtschaftswachstum
von 1,6 Prozent aus“, so Pudschedl.
Die Einigung auf eine Weiterentwicklung der Kriseninstrumente und auf den „Fiscal Compact“ für die fiskalpolitische
Koordination in der Eurozone am vergangenen EU-Gipfel schafft neue Rahmenbedingungen, die zur zumindest langfristigen
Milderung der bestehenden Verunsicherung in der Wirtschaft beitragen sollen. Ob diese langfristige Strategie auch
reicht kurzfristig Beruhigung zu bringen und ob die verbesserte Liquiditätsversorgung des Bankensektors auch
den Staatsanleihenmarkt beruhigen kann, ist nicht klar. „Obwohl es aus heutiger Sicht noch nicht sicher ist, ob
die bisherigen Maßnahmen reichen werden, gehen wir doch davon aus, dass die Eurozone die Mittel hat, die
Krise zu beenden“, betont Bruckbauer. „Eine erneute Rezession der österreichischen Wirtschaft erwarten wir
daher weiterhin nicht.“
Die Vertrauenskrise wird jedoch im kommenden Jahr deutliche realwirtschaftliche Bremsspuren hinterlassen. „Wir
gehen 2012 nur noch von einem Anstieg des BIP um 0,8 Prozent aus. In der gesamten Eurozone wird nach unserer Einschätzung
die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte noch rascher erfolgen, als bisher angenommen, was die Dynamik
der österreichischen Exportwirtschaft stark bremsen wird. Auch in Österreich ist mit einer beschleunigten
Nachfrageverknappung durch die öffentliche Hand zu rechnen. Konsum und Investitionstätigkeit werden darunter
leiden“, fasst Bruckbauer die Aussichten für die österreichische Wirtschaft im Jahr 2012 zusammen. Unter
anhaltend starken fiskalischen Zügeln werden trotz Überwindung der Vertrauenskrise die Wachstumsaussichten
für die österreichische Wirtschaft verhalten bleiben, doch sollte dank eines robusteren globalen Auftriebs
ein BIP-Anstieg von 2 Prozent im Jahr 2013 möglich sein.
Die Geldpolitik wirkte der bevorstehenden fiskalischen Verschärfung bereits ein wenig entgegen. Die Verringerung
des Leitzinssatzes um 25 Basispunkte Anfang Dezember und die Ankündigung weiterer liquiditätspolitischer
Maßnahmen durch die EZB werden diesen Trend unterstützen. „Die zurückhaltenden Wachstumserwartungen
und bestehenden Abwärtsrisiken für den Ausblick lassen eine länger anhaltende Tendenz zur Lockerung
der EZB-Politik auch im kommenden Jahr erwarten. Der Leitzins hat mit 1 Prozent nach unserer Ansicht jedoch bereits
seinen Tiefpunkt erreicht“, so Bruckbauer. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Leitzins in den nächsten
Monaten unter die Marke von 1 Prozent gesenkt wird, angesichts der Zurückhaltung der Zentralbank in Hinblick
auf Anleihekäufe gestiegen.
Inflation lässt nach
„Nach einem Anstieg um durchschnittlich 3,2 Prozent im Jahr 2011 wird im kommenden Jahr die Inflationsrate nur
noch 2,2 Prozent betragen“, erwartet Bruckbauer. Der langsam einsetzende Abwärtstrend bedingt durch den Wegfall
der starken Ölpreisanstiege des Vorjahres aus der Berechnungsbasis wird sich 2012 fortsetzen. Infolge von
Zweitrundeneffekten der hohen Preisdynamik aus 2011 ist dennoch ein spürbarer Inflationsdruck nach oben gegeben.
Zudem ist im Zuge der Konsolidierung des öffentlichen Haushalts mit Maßnahmen unter anderem im steuerlichen
Bereich zu rechnen, die nach Einschätzung der Ökonomen der Bank Austria einen stärkeren Rückgang
der Inflation unter die von der EZB angepeilte Marke von 2 Prozent verhindern dürften – trotz der schwächelnden
Nachfrage 2012. Erst 2013 ist mit einer Teuerungsrate im Zielbereich der Zentralbank zu rechnen, wobei aufgrund
des positiven Basiseffekts sogar ein Abwärtsrisiko gegeben ist. |