Mauthausen-Überlebender Hans Marsálek gestorben  

erstellt am
14. 12. 11

Nazi-Opfer, Lager-Chronist, Widerstandskämpfer und Gedenkstätten-Mitbegründer
Wien (bmi) - Einer der letzten und prominentesten Zeitzeugen der Gräuel im Konzentrationslager Mauthausen, Hofrat Dr. Hans Marsálek, ist in der Nacht von 8. auf 9. Dezember 2011 in Wien verstorben. Mit ihm verliert Österreich einen unermüdlichen Aufklärer und Mahner vor Totalitarismus und Inhumanität. Marsálek hat sich unschätzbare Verdienste um den Aufbau der KZ-Gedenkstätte Mauthausen erworben. Als Bindeglied zwischen der Lagergemeinschaft und dem Bundesministerium für Inneres war Marsálek die treibende Kraft zur Entwicklung und Neugestaltung dieses wichtigen Erinnerungsortes.

Er war nicht nur Überlebender und Chronist des KZ-Mauthausen, sondern auch der Gründer des Museums und des Archivs der KZ-Gedenkstätte Mauthausen. Er legte den Grundstein für die heutige Arbeit und die neuen Entwicklungen an der KZ-Gedenkstätte. Mit seiner Publikation zur Geschichte des Lagers Mauthausen, das 1974 erstmals erschien, schuf er das Standardwerk - es ist bis heute das wichtigste Buch zum Thema Mauthausen.

Hans Marsálek wurde am 19. Juli 1914 in Wien als Kind tschechischer Eltern geboren. 1938, nach dem "Anschluss" Österreichs und seiner Einberufung zur Deutschen Wehrmacht, flüchtete er nach Prag. Er wurde 1941 aufgrund illegaler politischer Tätigkeiten im kommunistischen Widerstand von der Gestapo verhaftet und am 28. September 1942 in das Konzentrationslager Mauthausen deportiert. Ab Mai 1944 wurde er als zweiter Lagerschreiber eingesetzt. In seiner Funktion konnte er seinen Mithäftlingen helfen, indem er kranke und schwache Häftlinge anderen Kommandos zuteilte und sich aktiv am Widerstand innerhalb des Lagers beteiligte.

Am 28. Mai 1945 kam Marsálek nach Wien zurück, trat in den Polizeidienst ein und wurde im Jahr 1963 vom Bundesministerium für Inneres damit betraut, in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen ein Museum einzurichten. Er engagierte sich vor allem bei diversen Überlebendenorganisationen. Er war Vorstandsmitglied der Österreichischen Lagergemeinschaft Mauthausen, deren Nachfolgeorganisation das Mauthausen-Komitee Österreich ist, und Mitglied des Comité International de Mauthausen.

Am 24. November 2009 wurde Hofrat Hans Marsálek in Anerkennung seiner herausragenden Verdienste um die KZ-Gedenkstätte Mauthausen, um die wissenschaftliche und publizistische Aufarbeitung der Geschichte der Konzentrationslager Mauthausen und Gusen sowie für seinen Widerstand gegen das NS-Regime der Ehrendoktor der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes-Kepler-Universität Linz verliehen.

Für Hans Marsálek war die Arbeit an der KZ-Gedenkstätte ein aktives, politisches Statement für Frieden und eine Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft.

"Nie, nie wollen wir wieder Waffen tragen, nie, nie wollen wir wieder Krieg": Diese Prämisse war für Hans Marsálek wohl der größte Antrieb für seine Arbeit.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Abteilung IV/7 (Gedenkstätten und Kriegsgräberfürsorge) trauern um Hans Marsálek!

http://www.mauthausen-memorial.at

 

Faymann: Tief betroffen über das Ableben von Hans Marsálek
Wien (sk) - Tief betroffen zeigt sich Bundeskanzler Werner Faymann über den Tod des ehemaligen NS-Widerstandskämpfers und KZ-Opfers Hans Marsálek. Hans Marsálek war von 1964 bis zu seiner Pensionierung 1976 Leiter der Gedenkstätte und des Museums Mauthausen. "Marsáleks Tod hinterlässt eine große Lücke, er hat Zeit seines Lebens Mahnmale der Erinnerung an die Opfer von Faschismus und Nationalsozialismus gesetzt", so Werner Faymann am 14.12. gegenüber dem SPÖ-Pressedienst.

Seien es seine Lagerchroniken oder sein 1980 erschienenes Buch über "Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen", "Marsálek war uns ein ständiger Mahner, der das 'Niemals vergessen' immer hochgehalten hat", so der Bundeskanzler. Zeit seines Lebens, so Faymann, war Marsálek ein aktiver Kämpfer gegen den Nationalsozialismus und gegen diejenigen, die noch heute mit der Schreckensideologie liebäugeln. Ob als Wissenschafter, in seinen zahlreichen Zeitzeugen-Vorträgen oder als Mitglied des Comité International de Mauthausen. "Österreich hat einen großen Patrioten verloren, wir alle trauern um Hans Marsálek", so Bundeskanzler Faymann.

 

Prammer würdigt Lebenswerk
Wien (pk) - Bewegt von der Nachricht vom Ableben des Widerstandskämpfers und Überlebenden des Konzentrationslagers Mauthausen würdigt Nationalratspräsidentin Barbara Prammer dessen Lebenswerk. Maršálek war als Gründer des Museums und Archivs der KZ- Denkstätte Mauthausen maßgeblich an der gesamten Entwicklung der Gedenkkultur in Österreich beteiligt. Sie habe Maršálek stets als unermüdlichen Mahner vor dem Faschismus, vor Nationalsozialismus, Rassismus und Rechtsextremismus erlebt, sagte Prammer, die auch Vorsitzende des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus ist. Besonders wichtig sei ihm dabei immer gewesen, Jugendlichen politisches Bewusstsein zu vermitteln und das Ableben dieses unersetzlichen Zeitzeugen verstärke den Auftrag, diese Arbeit weiter zu tragen. "Mein Mitgefühl gilt seiner Familie und allen die ihm nahestanden. Das Lebenswerk von Hans Maršálek muss weiterhin richtungsweisend sein," so die Nationalratspräsidentin abschließend.

 

Ostermayer: Mit Hans Marsálek ist ein Pionier des Erinnerns von uns gegangen
Wien (bpd) - "Wir trauern um einen außergewöhnlichen Menschen, einen mutigen Kämpfer gegen das Unrecht. Hans Marsálek leistete Widerstand gegen die austrofaschistische Diktatur, danach gegen die Naziherrschaft, und selbst während seiner Lagerhaft in Mauthausen konnte er als Lagerschreiber kleine Widerstände organisieren und damit so manchem Mithäftling helfen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kämpfte Marsálek unermüdlich gegen das Vergessen. Er wurde zum Archivar des Lagers Mauthausen, er begründete Museum und Gedenkstätte und er war der Jugend bis heute ein geduldiger Lehrer." Staatssekretär Josef Ostermayer hatte erst vor kurzem die Zertifikate für die neu ausgebildeten Mauthausen-Guides übergeben und das neue Vermittlungskonzept vorgestellt. Dieses konnte nicht zuletzt auf der Arbeit von Hans Marsálek aufbauen, der eine herausragende, verdiente Rolle für unser Land und die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit spielte: "Er hat nie hasserfüllt gesprochen, denn ihm ging es um die Vermittlung, um das Lernen aus dem Geschehenen. Damit 'Nie wieder Krieg' und 'Nie wieder Faschismus' keine hohlen Phrasen bleiben. Das Erbe von Zeitzeugen wie ihm wird deshalb auch künftig ein lebendiges sein."

Staatssekretär Ostermayer machte deutlich: "Er hat uns über vieles Bescheid gegeben, von dem damals viele nicht Bescheid wissen wollten. Wir verdanken ihm vieles, vor allem, dass den Nachkommen bis heute das Unrecht und die Gräuel der Nazizeit deutlich vor Augen geführt werden können. So trauern wir nicht nur um einen Zeitzeugen, der Schreckliches erlebt und in den Zeiten der Not Widerstand geleistet hat, sondern um einen mutigen Pionier des Erinnerns", schloss Staatssekretär Ostermayer, der Familie und Weggefährten sein Mitgefühl ausdrückte.
 
zurück