Pflanzenextrakte statt Antibiotika: Heidrun Halbwirth von der TU Wien wurde im Bundesministerium
für Wissenschaft und Forschung mit dem KIWIE-Preis ausgezeichnet.
Wien (tu) - Wenn Blüten und Blätter von Obstbäumen plötzlich welken und sich
dunkel verfärben, kann das ein Zeichen für Feuerbrand sein – eine gefürchtete Pflanzenkrankheit,
die man normalerweise mit dem Antibiotikum Streptomycin bekämpft. An der TU Wien wurden umweltverträgliche
Alternativen dazu gesucht und erfolgreich getestet. Heidrun Halbwirth wird dafür von Wissenschaftsminister
Karlheinz Töchterle mit dem KIWIE-Preis (Silbermedaille der Korea International Women`s Invention Exposition)
ausgezeichnet. Dieser Preis prämiert Forschungsarbeit, die in konkrete Erfindungen mündet.
Vom Apfel erzeugt, im Labor kopiert
Die chemische Strategie, mit der man den Feuerbrand in Zukunft bekämpfen will, hat man sich vom Apfel selbst
abgeschaut: „Der Ausganspunkt unserer Forschung war ein Test von Wachstumsregulatoren, die man verwendet, damit
Apfelbäume nicht zu groß werden“, erzählt Heidrun Halbwirth. „Erstaunlicherweise zeigte sich, dass
diese Apfelbäume auch resistenter gegen Feuerbrand sind.“ Man untersuchte also, welche Substanzen für
diesen Effekt verantwortlich sind – und wurde bei den Flavonoiden fündig. Flavonoide sind eine Gruppe von
Pflanzenstoffen, die unter anderem auch in vielen Pflanzen die Blütenfarbe bestimmen.
Instabile Verbindung: Der Trick mit dem Enzym
Es ist allerdings nicht genug, diese Flavonoide künstlich herzustellen und zum Schutz gegen Feuerbrand auf
die Pflanzen aufzusprühen. „So wie die Substanz beim Apfelbaum gefunden wurde ist sie industriell nicht nutzbar,
weil sie sehr instabil ist“, erklärt Heidrun Halbwirth. Am Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik
und Technische Biowissenschaften (AG Prof. Stich) wurde daher ein Verfahren entwickelt, die chemische Verbindung
nutzbar zu machen. Ein stabiles Derivat des gewünschten Wirkstoffes wurde hergestellt, das man vor der Verwendung
durch die Beifügung eines zusätzlichen Enzyms aktiviert. Danach kann die Substanz direkt auf die blühenden
Apfelbäume aufgespritzt werden – der Wirkstoff entsteht dann direkt auf der Apfelblüte aus der frisch
aktivierten, stabileren Substanz.
Auch Walnüsse helfen
Die Herstellung von umweltfreundlichen Wirkstoffen gegen den gefürchteten Feuerbrand beschäftigt die
Forschergruppe K. Stich, H. Halbwirth, C. Gosch, T.C. Fischer schon seit Jahren. „Auch aus Walnüssen kann
man einen Stoff gewinnen, der gegen Feuerbrand wirkt“, sagt Christian Gosch (TU Wien). In Labor- und Freilandversuchen
erzielte man mit dem aus Walnüssen extrahierten Wirkstoff Juglon und den enzymatisch aktivierten Flavonoiden
schon große Erfolge – auch Firmen zeigen bereits grosses Interesse an einer raschen Umsetzung in ein marktfähiges
Produkt.
Auszeichnung für TU-Forscherin
Für Forscherinnen, deren wissenschaftliche Erkenntnisse sich unmittelbar industriell umsetzen lassen, wurde
auch heuer wieder der KIWIE-Preis der Korea International Women`s Invention Exposition vergeben. Heidrun Halbwirth
bekam für die Arbeiten zur Feuerbrand-Bekämpfung die KIWIE-Silbermedaille zuerkannt. Vergeben wurde die
Auszeichnung am 12.12. von Bundesminister Karlheinz Töchterle. Schon im Vorjahr konnte Halbwirth eine KIWIE-Auszeichnung
erringen, und auch ist es nicht der erste Preis für die Forscherin: Halbwirth konnte heuer bereits den Förderpreis
„PRIZE 2010“ vom Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend und einen Preis der Dr. Maria Schaumayer-Stiftung
entgegennehmen. |