Bozen (lpa) - Eine ganze Reihe gravierender Folgen für Südtirol
zieht das Sparpaket nach sich, das Ende vergangener Woche in Rom verabschiedet worden ist. "Vor allem in Sachen
Liberalisierungen, bei den Gemeindesteuern, der Regelung der Berufe und der Vergabe von Aufträgen herrscht
dringender Handlungsbedarf, weil wir unsere Regelungen an den neuen Rahmen anpassen müssen", so Landeshauptmann
Luis Durnwalder am 19.12.
Die Folgen des römischen Sparpakets gehen weit über das rein finanzielle und die Beteiligung Südtirols
an der Sanierung des Staatshaushalts hinaus. Vor allem jene Teile des Pakets, die eine Ankurbelung der Wirtschaft
zum Ziel haben, werden zu grundlegenden Änderungen in Südtirol führen, allen voran die Regelungen
zur Liberalisierung der Wirtschaft. Die mitunter weitreichendsten Folgen werden sich für den Handel ergeben,
wo Schranken grundlegend abgebaut werden. "So wird es kaum noch Beschränkungen geben, keinen Großverteilungsplan
und auch keine Warentabellen", so Durnwalder nach der Sitzung der Landesregierung. Wer über eine Handelslizenz
verfüge, könne künftig - unabhängig vom Inhalt der Lizenz und vom Standort seines Ladens -
verkaufen, was immer er wolle.
"Die Folgen für unsere Dörfer kann man sich ausmalen", so der Landeshauptmann. Man müsse
deshalb die Spielräume ausloten, die das Sparpaket den Regionen einräume, wenn es etwa um hygienische
oder urbanistische Einschränkungen gehe. "Zudem kann man vielleicht auch mit Lärm- oder Verkehrsbelastungen
argumentieren, um eine restriktivere Regelung durchzusetzen", erklärt Durnwalder. Mit der Ausarbeitung
eines Gesetzentwurfes wird die Landesregierung eine Gruppe von Experten des Landes und der Gemeinden, von Juristen
und Verfassungsrechtlern, Raumordnungs- und EU-Rechts-Fachleuten betrauen, zu der auch Vertreter der Handelsverbände
beigezogen werden. "So verkürzen wir die Zeiten zur Ausarbeitung der neuen Regelung, weil wir Konsultationen
bereits in der Erarbeitungsphase führen", so Durnwalder.
In Sachen Liberalisierung wurden heute auch die Folgen auf die bisher geschützten Berufe diskutiert. "Wir
haben eine Reihe von Bestimmungen, die den Zugang zu bestimmten Berufen oder deren Ausübung regeln",
so der Landeshauptmann, der als Beispiele Kaminkehrer oder Friseure nannte. Diese Regelungen scheinen durch das
Monti-Sparpaket durcheinander gewirbelt oder gänzlich hinfällig zu werden, weshalb auch hier geprüft
werden müsse, wo die Spielräume des Landes lägen.
Dritter großer Komplex, den es heute zu diskutieren galt, war jener der Gemeindenfinanzierung, die durch
die Einführung der Immobiliensteuer IMU auf neue Beine gestellt wird. "Dabei ist noch nicht klar, welchen
Einfluss wir auf die Ausgestaltung der IMU haben, welche Befreiungen wir vorsehen können, wie landwirtschaftliche
Immobilien behandelt werden oder welche Tarifklassen man anwenden muss", so der Landeshauptmann. Auch diese
Fragen sollen in einer Arbeitsgruppe geklärt werden, in der Vertreter der Landesregierung ebenso sitzen werden,
wie solche des Rats der Gemeinden.
Auswirkungen, und zwar nachhaltige, zeitigt das Sparpaket auch auf die Vergabe öffentlicher Aufträge,
die in Südtirol ohnehin einem Umbruch unterzogen wird. "Wir haben mit dem Finanzgesetz die zentrale Vergabestelle
eingeführt, die mit Experten besetzt und Anlaufstelle aller öffentlichen Körperschaften sein wird",
so Durnwalder. Etwas ähnliches sei nun auch im Sparpaket enthalten, das den Zusammenschluss kleinerer Gemeinden
bei der Abwicklung von Ausschreibungen vorsehe. "Wir werden die Vergabestelle nun schnellstmöglich einrichten,
damit diese trotz der neuen Regelungen ihre Arbeit aufnehmen kann", so der Landeshauptmann.
Die Landesregierung kann den Montischen Ausschreibungs-Bestimmungen allerdings durchaus auch positive Seiten abgewinnen.
"So sieht das Sparpaket die Ausschreibung nach Gewerken vor", so Durnwalder, der sich allerdings skeptisch
zur Klausel äußert, wonach diese Möglichkeit nur bestünde, wenn sie "wirtschaftlich tragbar"
sei. "Diese Klausel lässt einigen Interpretationsspielraum zu", so der Landeshauptmann. Erstmals
gebe es darüber hinaus eigene Schutzbestimmungen von kleinen und mittleren Unternehmen. "Damit könnten
sich für uns Spielräume zum Schutz von Subunternehmen auftun", so Durnwalder. Er denke etwa daran,
Zahlungen von Seiten des Landes direkt an die Subunternehmer fließen zu lassen, anstatt den Umweg über
jenes Unternehmen zu nehmen, das die Ausschreibung für sich entschieden hat. "So könnten wir eine
Situation verhindern, in der wir unsere Schulden beglichen haben, die großen Firmen die kleinen aber nicht
bezahlen", so der Landeshauptmann.
Das Land hat nun im Normalfall drei, in Ausnahmefällen sechs Monate Zeit, um seine Bestimmungen den neuen
Vorgaben des Sparpakets anzupassen. "Wir werden also schnellstmöglich Gesetzentwürfe ausarbeiten
und dem Landtag vorlegen", so Durnwalder. |