Wien (börse) - Die Wiener Börse war im Jahr 2011 mit einem schwachen Umfeld konfrontiert: Alle
europäischen Börsen mussten aufgrund des globalen wirtschaftlichen Umfeldes und der Zuspitzung der europäischen
Staatsschuldenkrise Kursrückgänge verzeichnen. Dadurch ist europaweit ist das IPO-Geschäft zum Erliegen
gekommen, an der Wiener Börse gab es heuer ein IPO (AMAG) und 4 Kapitalerhöhungen. Auch die Aktienumsätze
waren an den meisten europäischen Börsen rückläufig. An der Wiener Börse sank der Geldumsatz
inländischer Aktien im Vergleich zum Vorjahr um 18 %. Die an der Wiener Börse gelisteten Unternehmen
waren dennoch für Banken und Investoren attraktiv, der Stückumsatz nahm im Vergleich zum Vorjahr um 6
% zu.
Auch für 2012 rechnen die Vorstände der Wiener Börse AG, Michael Buhl und Heinrich Schaller, mit
einem volatilen Börsejahr. Sollte sich das Marktumfeld überraschenderweise positiv entwickeln, zeigt
sich der Börsevorstand optimistisch und rechnet einer Steigerung der Aktienkurse und damit einer Zunahme der
Aktiengeldumsätze auf Vorkrisen-Niveau sowie mit neuen Börsengängen. „Wir sehen derzeit einen Trend
zu kurzen IPO-Fenstern und wir wissen auch von Börsekandidaten in der Warteschleife“, meint Michael Buhl.
Die geregelten Märkte haben sich in der Krise bewährt
Einen zentralen Grund für die anhaltende Unsicherheit sehen die Wiener Börse-Vorstände in der zunehmenden
Intransparenz der außerbörslichen Finanzmärkte: Im europäischen Durchschnitt erfolgen 47 %
des Aktienhandels an den Börsen , der Anteil des außerbörslichen Handels beträgt 38 %, der
Rest entfällt auf die sogenannten multilateralen Handelsplattformen (MTFs). Im Derivativbereich nimmt der
außerbörsliche Handel eine noch gewichtigere Rolle als die Börsen ein. „Die geregelten Märkte
haben sich in der Krise bewährt, was die Politik leider ignoriert. Vielmehr werden sowohl auf EU- als auch
auf österreichischer Ebene unterschiedliche Maßnahmen überlegt, die nur die geregelten Märkten
betreffen und diesen schaden“, kritisiert Heinrich Schaller.
Einzig die Entscheidung der Europäischen Kommission, auch die außerbörslichen Transaktionen zu
besteuern, um dem Abwandern von Transaktionen von Börsen auf die außerbörslichen Handelsplattformen
Einhalt zu gebieten, wird von der Wiener Börse begrüßt. Kritisch sieht die Wiener Börse hingegen
die Besteuerung des Aktien- und Anleihenhandels an den Börsen, weil mit direkten – negativen – Auswirkungen
auf die Realwirtschaft zu rechnen ist: „Es ist davon auszugehen, dass die Einführung einer Finanztransaktionssteuer
im Aktienhandel die Liquidität an den Finanzmärkten verringern wird. Damit ist davon auszugehen, dass
die Kapitalausstattung der Unternehmen schwieriger wird. Bei niedriger Kapitalausstattung nimmt die Produktionstätigkeit
ab. Außerdem wird durch die höheren Kapitalkosten die Investitionstätigkeit der Unternehmen sinken,
wodurch die Produktivität geringer wird und letztlich die europäischen Volkswirtschaften die Steuerlast
zu tragen hätten und sich die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas weiter vermindert“, betont
Buhl.
In Österreich hemmt zusätzlich die Wertpapier-KESt die Liquidität an der Wiener Börse, auch
weitere „kapitalmarkt-feindliche“ Steuerideen, wie die Wieder-Einführung von Vermögens- und Erbschaftssteuern
oder ein allfälliger Zuschlag zur Einkommenssteuer mindern die Attraktivität des österreichischen
Kapitalmarktes und schrecken somit internationale Investoren ab. Und internationale Investoren sind für den
heimischen Kapitalmarkt sehr wichtig: Die größten Investoren kommen weiterhin aus den USA und aus Großbritannien.
Der Rückblick 2011 im Detail
Der ATX, der Leitindex der Wiener Börse, musste vom 3. Jänner 2011 bis zum 29. Dezember ein Minus von
34,87 % verzeichnen. Am letzten Handelstag schloss der ATX bei 1.891,68 Punkten. Die Kursrückgänge spiegeln
sich in der Entwicklung der Monatsumsätze wieder; so stagnierten bzw. sanken die Aktienumsätze an den
meisten internationalen Börsen während des vergangenen Jahres. An der Wiener Börse betrug der Geldumsatz
inländischer Aktien 59,7 Mrd. Euro, was einem Rückgang von 18 % gegenüber dem Vorjahr entspricht.
Die Anzahl der ausführten Transaktionen hingegen lag im Jahr 2011 jedoch um 6% über dem Wert für
2010.
Die Marktkapitalisierung lag per 29. Dezember 2011 bei 73 Mrd. Euro (Ultimo 2010: 91 Mrd. Euro). Insgesamt flossen
heuer der Wiener Börse 1,3 Mrd. Euro (davon 412 Mio. Euro durch Börsegänge und 898 Mio. Euro durch
Kapitalerhöhungen) an neuem Kapital zu. |