Burgstaller zog Bilanz über Salzburger Vorsitz in der Landeshauptleute-Konferenz
Salzburg (lk) - "Die Länder haben ihre Rolle als Reform-Lokomotive in Österreich im
Jahr 2011 untermauert", zog Landeshauptfrau Mag. Gabi Burgstaller am 30.12. in einem Informationsgespräch
eine Bilanz über den Salzburger Vorsitz in der Landeshauptleute- Konferenz im zweiten Halbjahr 2011. Salzburg
habe dabei wichtige Vorarbeiten der oberösterreichischen Vorsitzführung entscheidend vorantreiben und
finalisieren können, ergänzte Salzburgs Landeshauptfrau. Bei der Landeshauptleute-Konferenz am 11. Oktober
in Kaprun und dem darauf folgenden Bund-Länder-Gipfel am 21. Oktober in Wien seien "wesentliche Einigungen
erzielt" worden, "in manchen Bereichen haben die Länder echte Meilensteine gesetzt", so Burgstaller.
Ein kräftiges Zeichen ihres Reformwillens haben die Länder zum Beispiel Anfang Juli gesetzt, als sie
die Lösung beim Pflegefonds und die Übertragung der Pflegegeldagenden an den Bund möglich machten.
Als weitere Beispiele nannte Burgstaller die 15a-Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern zur Basisbildung
und zum Ausbau der Nachmittagsbetreuung, Weichenstellungen in der Gesundheitsreform und die einhellige Forderung
nach Einführung eines Pflegestipendiums für Berufsumsteiger.
Zur Erfolgsliste zählt Salzburgs Landeshauptfrau weiters die vereinbarte Einführung einer zweistufigen
Verwaltungsgerichtsbarkeit, die Deregulierung von bundesgesetzlichen Vorschriften, die Errichtung eines Bundesamtes
für Asyl und Migration sowie die Schaffung von Rechtsgrundlagen zur Einführung einer Transparenzdatenbank.
55 Millionen Euro-Paket für die Erwachsenenbildung
Als "großen Wurf" im Bildungsbereich bezeichnete Burgstaller das Erwachsenenbildungs-Paket:
"Auf meine Initiative hin beschloss die Landeshauptleute-Konferenz am 19. Mai 2011 die Grundsätze einer
15a-Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern über die Förderung grundlegender Bildungsabschlüsse
für Erwachsene inklusive Basisbildung und Grundkompetenzen. Im Herbst kam es zum Abschluss dieses Pakets.
Diese Vereinbarung wird am 1. Jänner 2012 in Kraft treten. Die Finanzierung erfolgt zu 50 Prozent durch den
Bund und zu 50 Prozent durch die jeweiligen Länder."
Die Vereinbarung regelt die Förderung grundlegender Bildungsabschlüsse für Erwachsene inklusive
Basisbildung/Grundkompetenzen. "Geholfen wird damit den Menschen, die Defizite in den Grundkompetenzen beziehungsweise
keinen positiven Schulabschluss haben", sagte Burgstaller. "Neben der Verbesserung von Schreib- und Lesekenntnissen
steht das Nachholen des Hauptschulabschlusses für mich ganz weit vorne auf der Liste." Die Kurse umfassen
Lesen, Schreiben, Alltagsrechnen und den Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologien sowie das Nachholen
des Hauptschulabschlusses.
Für Basisbildung und Grundkompetenzen wenden Länder und Bund für drei Jahre in Summe 21,8 Millionen
Euro auf, für das Nachholen des Pflichtschulabschlusses 32,8 Millionen Euro. Für Salzburg stehen 1,2
Millionen für die Basisbildung und 2,9 Millionen Euro für das Nachholen des Pflichtschulabschlusses zur
Verfügung. "Mindestens 750 Personen in Salzburg und 12.600 Personen bundesweit verbessern ihre Kompetenzen
im Alltag, vor allem aber können sie in der Folge ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt deutlich steigern",
so die Landeshauptfrau. "Ich nenne nur kurz das Stichwort Fachkräftemangel. Wir unterstützen Menschen
dabei, auf die Schiene weiterer Qualifikationen zu gelangen. Losfahren müssen diese dann selber."
Bundesweite Anerkennung von Erwachsenenbildungskursen
Im Kontext dieser Vereinbarung wurde eine weitere 15a-Vereinbarung beschlossen. Ein österreichweit einheitliches
Zertifizierungsverfahren für die Erwachsenenbildung (Ö-Cert) beendet das Problem der Anrechenbarkeit
von Kursen zwischen den Bundesländern und schafft einheitliche Qualitätsstandards für Bildungsanbieter.
"Für die betroffenen Menschen ist das ein großer Schritt nach vorne. Ein Kurs, der beispielsweise
in Wien absolviert wurde, wird in Salzburg nun voll anerkannt. Bisher war das alles andere als einfach", sagte
die Landeshauptfrau. Ö-Cert trat bereits am 1. Dezember 2011 in Kraft.
Jahrzehntelange Debatte um Landesverwaltungsgerichte beendet
"Große Bedeutung" misst Burgstaller der Neugestaltung der Verwaltungsgerichtsbarkeit bei. "Die
Diskussion darüber hat immerhin 28 Jahre und damit – nach innenpolitischen Kategorien gemessen – beinahe unendlich
gedauert", so Burgstaller. Künftig sollen neun Landesverwaltungsgerichte und zwei Bundesverwaltungsgerichte
die in sämtlichen Bereichen der mittelbaren Bundesverwaltung und Landesverwaltung tätigen rund 120 Behörden
ablösen. "Die Lösung wird in demokratie- und rechtsstaatlicher Hinsicht einen großen und sehr
positiven Schub bringen", ist die Landeshauptfrau überzeugt.
Einmal mehr erneuerte Burgstaller ihre Forderung, auf Bundesebene bei anstehenden Projekten "ernst zu machen"
und das "Fensterjahr 2012 für tief greifende Reformpakete in den Bereichen Bildung und Universitäten,
Gesundheit und Steuergerechtigkeit zu nützen. Die Hand der Länder für diese Reformvorhaben bleibt
weiter ausgestreckt", erklärte die Vorsitzende der Landeshauptleute-Konferenz.
Gemeinsam müssen Bund, Länder und Gemeinden in den kommenden Monaten "Reformen im größeren
Stil angehen", betonte die Salzburger Landeshauptfrau. Viele der vom Rechnungshof präsentierten Vorschläge
seien "taugliche Aufhänger für Reformen, existieren derzeit aber erst als Überschriften und
sind in diesem Sinn mit Inhalten zu füllen". Von zentraler Bedeutung ist für Burgstaller in diesem
Zusammenhang die Beseitigung von "real existierenden Doppelgleisigkeiten zwischen Bund und Ländern und
eine Fülle von Kompetenz-Zersplitterungen, die niemand mehr nachvollziehen kann". Als Beispiel nannte
die Landeshauptfrau in diesem Zusammenhang das Landarbeitsrecht, dessen Vereinheitlichung nach wie vor nicht gelungen
ist und das weiterhin nach jeder Novellierung des Arbeitsrechts auf Bundesebene in neun Bundesländern "kopiert"
werden muss. "Das ist ein unglaublicher bürokratischer Aufwand ohne konkreten Nutzen für die Bürgerinnen
und Bürger. Beispiele dieser Art lassen sich nach wie vor leider noch zu viele finden", sagte Burgstaller.
Grundlagenarbeit habe, so Burgstaller, die LH-Konferenz unter Salzburger Vorsitzführung auch im Bereich der
Gesundheitsreform geleistet. So wurden die Weichen gestellt, dass künftig auch innerhalb Österreichs
nach dem Prinzip "Geld folgt Leistung" ein finanzieller Ausgleich bei der Behandlung von "Gastpatienten"
aus dem Inland erfolgen soll. So sind die Landeshauptleute in Kaprun übereingekommen, dass dieses Thema Gegenstand
der Verhandlungen über den nächsten Finanzausgleich sein soll. Burgstaller erneuerte in diesem Zusammenhang
ihre Forderung, dass die Länder im Gesundheitsbereich auch künftig eine "mitentscheidende"
Rolle spielen müssten. "Ich hielte es für absurd, wenn von Wien aus entschieden würde, an welchen
Standorten welche Einrichtungen benötigt werden. Die Länder können hier jedenfalls eine bessere
Einschätzung treffen, sie sind näher an den Bedürfnissen der Bürger", sagte Burgstaller.
Konkret gehe es darum, dass der Bund den Rahmen vorgeben sollte. Das Land würde allenfalls auch in Absprache
mit einem Nachbarbundesland entscheiden, wo eine Einrichtung benötigt werde, sei es nun ein Spital oder auch
ein Gesundheitszentrum. "Das Wichtigste ist, dem Bedarf der Patienten zu entsprechen", betonte die Landeshauptfrau.
Asyl-Verfahren sollen effizienter abgewickelt werden
Die Einführung eines "Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl" (ursprünglich BAM
Bundesamt für Asyl und Migration) wird in Zukunft zu einer wesentlich effizienteren Abwicklung von Verfahren
im Bereich des Asyl- und Fremdenrechts sowie des humanitären Aufenthaltes beitragen. Die entsprechende gesetzliche
Novelle wird zurzeit ausgearbeitet. "Da die Schaffung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl eng mit
der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit zusammenhängt, gehe ich davon aus, dass das Innenministerium
demnächst die Vorschläge auf den Tisch legen wird. Der Bund/Länder-Gipfel einigte sich politisch
auf die vorgestellten Grundzüge und den Zeitplan zur Schaffung des Bundesamtes für Asyl und Migration",
erläuterte Burgstaller.
Länder auch bei Transparenzdatenbank konstruktiv
Beim Bund-Länder-Gipfel am 21. Oktober konnte weiters eine allgemeine politische Einigung zur Schaffung
einer Transparenzdatenbank erzielt werden. Allgemeines Ziel soll es sein, alle staatlichen Leistungen zu kennen.
Dafür muss allen Gebietskörperschaften wie Bund, Ländern oder Gemeinden die Datenbank zugänglich
sein, damit sie sich über Förderungen für bestimmte Personen, Projekte und Firmenkomplexe informieren
können.
"Die Errichtung einer Transparenzdatenbank wird in Zukunft Klarheit für die Bürgerinnen und Bürger
bringen, welche Leistungen der öffentlichen Hand grundsätzlich zur Verfügung stehen bzw. ihnen gewährt
werden, und eine bessere Steuerung und Kontrolle ermöglichen", erklärte Burgstaller. Die Errichtung
der Datenbank wird derzeit intensiv zwischen Finanzministerium und den Ländern vorbereitet.
Nächste Schritte bei Deregulierung stehen an
Als "echte Bündnispartner" haben sich die Länder auch in Fragen der Verwaltungsvereinfachung
und Deregulierung erwiesen, fügte Burgstaller an. "Von den vorliegenden 345 Vorschlägen sind mehr
als die Hälfte bereits abgeschlossen oder befinden sich in Umsetzung", führte Burgstaller auf der
Habenseite an. Bei 64 Vorschlägen besteht noch Klärungs- und Abstimmungsbedarf; 101 Projekte wurden vom
Bund abgelehnt und werden neuerlich in einer Bund/Länder-Arbeitsgruppe geprüft. "Bis zum nächsten
Bund/Länder-Gipfel, der im Frühjahr 2012 stattfinden soll, könnten mindestens 100 weitere Deregulierungsvorschläge
umgesetzt sein", gab Burgstaller als Richtschnur für die weitere Vorgangsweise vor.
Bewegung bei Diskussion über Widmungsabgabe
"Bewusstseinsbildung" habe man unter Salzburger Vorsitzführung auch in Fragen der Steuergerechtigkeit
geleistet, ergänzte die Landeshauptfrau. So könnten immer mehr Länder ihrem Vorschlag für eine
Umwidmungsabgabe positive Seiten abgewinnen, zeigte sich Burgstaller überzeugt. "Wurde ich Anfang des
Jahres für meinen Vorschlag der Einführung einer Besteuerung auf Widmungsgewinne noch milde belächelt,
so wird heute die Widmungsabgabe auch in Wirtschaftskreisen und selbst im Bauernbund als im Prinzip positives Steuerungsinstrument
gesehen."
Salzburgs Landeshauptfrau hatte vorgeschlagen, dass die Widmungsabgabe so ausgestaltet sein soll, dass sie bodenmobilisierend
und preisdämpfend wirkt. Die eingenommenen Gelder sollen zweckgewidmet für die Bereitstellung von Grund
und Boden sowie den geförderten Wohnbau verwendet werden. Derzeit werden auf Bundesebene zur Umsetzung der
Schuldenbremse, Änderungen bei der Gewinnbesteuerung auf Immobilien nach dem Einkommensteuergesetz (EStG)
diskutiert. Durch eine Aufhebung der Spekulationsbefristung von zehn Jahren und einen angemessen frühen Stichtag
für die Referenzwerte könnten die heute zum größten Teil unbesteuerten Wimdungsgewinne miteinbezogen
werden. "Die Spekulationsfrist von zehn Jahren führt zu Hortungseffekten und sollte unbedingt aufgehoben
werden. Falls es zu einer 'Widmungsabgabe nach EStG' kommen würde, wäre das ein großer Fortschritt
in Richtung Steuer- und Steuerungsgerechtigkeit," so Burgstaller: "Wird dazu noch eine sinnvolle Neufassung
der heute mehr oder weniger zahnlosen 'Bodenwertabgabe' für unbebautes Bauland erreicht, wäre ein Großteil
meiner Forderung umgesetzt." Mehr wollte die Landeshauptfrau aufgrund der laufenden Gespräche in Wien
dazu nicht sagen. |