St. Pölten (nöwpd) - Obwohl 75 Prozent aller Niederösterreicherinnen, die in Gemeinden mit
weniger als 4.000 Einwohnern leben, nur drei Kilometer vom nächsten Nahversorgungsgeschäft entfernt leben
und dieses in der Hälfte der Fälle in fünf Minuten mit dem Rad oder in 15 Minuten zu Fuß erreichen
könnten, erledigen drei Viertel der Frauen ihre Einkäufe mit dem Auto. Lediglich zwölf Prozent gehen
zu Fuß zum Lebensmittel-Shopping, zehn Prozent benutzen das Fahrrad und gar nur ein Prozent öffentliche
Verkehrsmittel
Großeinkäufe, Bequemlichkeit, Schnelligkeit und Flexibilität sind die ausschlaggebenden Motive,
weshalb Niederösterreicherinnen im ländlichen Raum mehrheitlich mit dem Auto einkaufen fahren. Das hat
das Marktforschungsinstitut MAKAM mit einer Befragung von 600 Frauen aus ländlichen Gemeinden in Niederösterreich
und der Steiermark festgestellt. Dabei geben 13 Prozent der Konsumentinnen an, gar keine andere Möglichkeit
als das Auto für ihren Einkauf zu haben. Drei von zehn befragten Frauen sagen, dass das Erreichen eines Nahversorgers
mit öffentlichen Verkehrsmitteln unmöglich sei, weil in ihrer Gemeinde weder Bus noch Bahn verfügbar
sind.
"Jedes Nahversorgungsgeschäft sollte mit einem möglichst dichten Netz von Fuß- und Radwegen
leicht zugänglich gemacht werden², schlägt Bettina Malle, Marketingleiterin der Einkaufsorganisation
MARKANT Österreich, vor. Auch die Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz müsse verbessert werden.
Denn "je leichter der Nahversorger erreichbar ist, desto weniger wird auf Vorrat angeschafft und desto höher
ist folglich die Einkaufsfrequenz², unterstreicht Malle.
Mehr als zwei Drittel der befragten Niederösterreicherinnen sind mit der Nahversorgungssituation in ihrer
Gemeinde grundsätzlich zufrieden. Ein knappes Drittel kritisiert allerdings die unzureichende Dichte an Läden
oder deren geringes Leistungsspektrum. Viele Frauen begrüßen auch, wenn der Nahversorger in die Rolle
eines Multifunktionsgeschäftes schlüpfen und Postdienstleistungen, Hauszustellung, ein Cateringservice
oder eine Kaffeeecke anbieten würde. Auch Pendler-Lunchpakete, Frühstücksackerln oder Oma-Enkel-Tage
mit speziellen Ermäßigungen seien innovative Ideen, mit denen kleine Kaufleute auf dem Land durchaus
punkten könnten, meint der Handelsexperte Wilhelm Kaufmann von der Steirischen Wirtschaftsförderung.
Ohne finanzielle Hilfe der öffentlichen Hand wird man freilich nicht auskommen. "Die Überlebensschwelle
der Nahversorgungsbetriebe muss durch Förderungen oder kommunale Initiativen nach unten gedrückt werden²,
fordert Karl Ungersbäck, Geschäftsführer der Sparte Handel in der NÖ Wirtschaftskammer. Über
seine eigentliche Aufgabe hinaus erfülle ein Nahversorger nämlich auch eine wichtige soziale und kommunikative
Funktion. "Für die Gemeinde ist er ein identitätsstiftender Teil, was nach Unterstützung verlangt",
betont Ungersbäck. |