Bevölkerung mit Qualität zufrieden, aber Reformen nötig
Wien (sv) - Hohe Qualität, aber auch hoher Reformbedarf - auch im Jahr 2011 hat sich daran nichts
geändert. Dies zeigen die Ergebnisse der "Bevölkerungsstudie des Hauptverbandes der österreichischen
Sozialversicherungsträger" - durchgeführt vom Meinungsforschungsinstitut GfK-Austria im Spätsommer
des vorigen Jahres. Reformdiskussionen werden von der Bevölkerung generell mit hoher Aufmerksamkeit verfolgt.
Von den insgesamt 2.000 Befragten wurden auf die Frage, ob man davon gehört hätte, die Bereiche Schule/Bildung
(73 Prozent), Bundesheer (69 Prozent) am häufigsten genannt. An dritter und vierter Stelle rangieren gleichauf
Pensionen und Gesundheit mit je 61 Prozent. Es folgt die Verwaltungsreform mit 40 Prozent.
Die öffentlichen Reformdiskussionen decken sich nicht unbedingt mit den Reformprioritäten der Bevölkerung.
Denn da steht die Gesundheitsreform an der Spitze, gefolgt von der Öffentlichen Verwaltung. Schule/Bildung
steht an dritter Stelle. Es folgen die Pensionen und zuletzt - eher abgeschlagen die Bundesheer-Reform.
Der ausgeprägte Wunsch nach einer Gesundheitsreform entspringt keinesfalls einer Unzufriedenheit mit den
Leistungen und der Qualität des Angebotes. Denn die Zustimmung zur Aussage, dass Österreich im Vergleich
zu anderen Ländern Westeuropas eines der besten Gesundheitssysteme hat, ist von 2010 auf 2011 sogar geringfügig
gestiegen. Und dieser Aussage wird eine hohe Glaubwürdigkeit bei allen Altersgruppen, allen Bevölkerungsschichten
und unabhängig vom Gesundheitszustand zugebilligt.
Knapp vier von 10 kranken Menschen leiden unter fehlender Abstimmung im Gesundheitswesen
Aber es gibt auch klare Kritikpunkte, die einen deutlichen Hinweis darauf liefern, wo Reformen wirklich als notwendig
angesehen werden:
- Eine satte Mehrheit von 86 Prozent der Befragten stuft Doppeluntersuchungen in die Kategorie "Kostentreiber"
und nicht unter "Mehr Sicherheit für den Patienten" ein.
- Mehr als drei Viertel der Befragten hat das Gefühl, dass im Gesundheitssystem die "linke Hand nicht
weiß, was die rechte tut", also jede Abstimmung fehlt. Das wiederum - und da hat die Bevölkerung
offensichtlich ein sehr feines Gespür - führt sehr wahrscheinlich zu "Unerwünschten Wechselwirkungen
bei Arzneimitteln (82 Prozent), lässt die Qualität der Behandlung leiden (81 Prozent) und kann sogar
zu lebensbedrohlichen Situationen für Patienten führen (67 Prozent). Dass im Schnitt nur 22 Prozent der
Befragten selbst oder bei einem Angehörigen negative Erfahrungen aufgrund der fehlenden Abstimmung gemacht
haben, relativiert keinesfalls die Notwendigkeit einer allgemein besseren Abstimmung im Gesundheitswesen. Denn
bei den Befragten mit eher oder sehr schlechtem Gesundheitszustand sind es knapp vier von 10 Befragten, die negative
Erfahrungen gemacht haben.
93 Prozent der Österreicher haben einen Haus-/Vertrauensarzt
Der Haus-/Vertrauensarzt hat für die Österreicher eine äußerst wichtige Funktion. 93 Prozent
der Befragten haben einen Arzt in dieser Position und billigen ihm eine hohe Kompetenz in allen Gesundheitsfragen
zu. Dazu gehören:
- Die Erklärung medizinischer Zusammenhänge;
- Nimmt sich Zeit für Gespräche und Beratung;
- Ist ein gute Diagnostiker;
- Informiert und motiviert zur Vorsorgeuntersuchung;
- Ist mehr als nur ein Ansprechpartner im Notfall;
- Ist ausreichend über den medizinischen Fortschritt informiert.
Diese hohe Zufriedenheit mit Zeit und Qualität der Gespräche mit dem praktischen Arzt zieht sich durch
alle Altersgruppen durch. Sie ist im Alter tendenziell höher, ist unabhängig vom Geschlecht und der Bevölkerungsschicht.
Die Grenzen des Haus-/Vertrauensarztes zeigen sich allerdings darin, dass die Zufriedenheit leicht sinkt, je schlechter
der Gesundheitszustand des Befragten ist. Der Mittelwert auf einer Skala von 1 (= gar nicht zufrieden) bis 4 (=
sehr zufrieden) geht von 3,5 bei den Gesunden auf 3,2 bei den Kranken zurück.
Starker Wunsch nach regelmäßiger Qualitätskontrolle und Forderung nach mehr Transparenz des
ärztlichen Angebots
Vertrauen in die Kompetenz des Arztes und Zufriedenheit mit seinen Leistungen bedeutet nicht, dass nicht auch Veränderungen
gewünscht werden. Eine satte Mehrheit von 89 Prozent hält eine regelmäßige Qualitätskontrolle
der Ärzte für wünschenswert - ungeachtet der Altersgruppe oder ob sich die Befragten viel oder wenig
Gedanken um ihre Gesundheit machen.
Ein Drittel (33 Prozent) wünscht, dass diese Kontrolle von einem unabhängigen externen Qualitätsinstitut
durchgeführt wird.
Klar lässt sich der Wunsch der Bevölkerung nach mehr Transparenz des Angebotes im ärztlichen
Bereich ableiten. 27 Prozent der Befragten gefällt die Idee einer öffentlichen Datenbank über die
Ärzte sehr gut, 42 Prozent halten sie für eher gut.
Hier zeigen sich allerdings Altersunterschiede: je jünger die Befragten, desto positiver wird diese Idee
bewertet. Der Mittelwert auf einer Skala von 1 (= gefällt mir überhaupt nicht) bis 4 (= gefällt
mir sehr gut) steigt von 2,5 bei den Älteren auf 3,0 bei den Jüngeren. Angesichts der Recherche-Gewohnheiten
jüngerer Menschen ist dies keine Überraschung.
Welche Antworten wünschen die Befragten auf jeden Fall in einer Datenbank zu finden:
- 75 Prozent wollen die Bewertung nach Kompetenz
- 61 Prozent Auskunft über die Spezialisierung innerhalb einzelner Fachbereiche
- 42 Prozent Angaben über durchschnittliche Wartezeiten
- 42 Prozent Auskunft über die Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen
e-Medikation - Wichtiges Informationsinstrument für den Arzt, bessere Abstimmung und mehr Sicherheit
für den Patienten
Die e-Medikation genießt bei den Befragten - ungeachtet der Tatsache, dass es im Vorjahr nur Pilotversuche
in drei Regionen Österreichs gegeben hat - hohe Aufmerksamkeit.
Betrachtet nach den Summen aus sehr/eher geeignet, bezeichnen sie:
- 93 Prozent der Befragten als Informationsinstrument des Arztes
- 91 Prozent als Instrument der besseren Abstimmung von Krankenhaus, Arzt und Apotheker
- 90 Prozent als Instrument für die Sicherheit des Patienten.
- 88 Prozent als Informationsinstrument für den Apotheker
Weit weniger billigt man der e-Medikation die Funktion als Kostenbremse, Patientenkontrolle oder Arztkontrolle
zu. Diese Ansichten sind - so zeigen Vergleiche zwischen den Jahren 2010 und 2011 - stabil. Das gilt auch weitgehend
für die Antworten auf die Frage, wer die Prüfung auf unerwünschte (Wechsel)-Wirkungen und Doppelverordnungen
durchführen sollte:
- Der niedergelassene Arzt - 2010 = 77 Prozent; 2011 = 71 Prozent
- Der Arzt im Krankenhaus - 2010 und 2011 jeweils 43 Prozent
- Der Apotheker - 2010 und 2011 jeweils 36 Prozent.
Die Sozialversicherung garantiert unabhängig von Alter, Einkommen, sozialer Herkunft und Bildung hochwertige
Gesundheitsversorgung und eine sichere Pensionsvorsorge. Aktuell sind rund 8,2 Millionen Menschen anspruchsberechtigt
(Versicherte und mitversicherte Angehörige). Der Behandlungsanspruch aus der Krankenversicherung wird beim
Arzt durch das e-card-System angezeigt: Die e-card als Schlüsselkarte enthält keine medizinischen Daten,
ermöglicht dem Arzt aber die Überprüfung des Versicherungsstatus eines Patienten bzw. einer Patientin
und die Nutzung weiterer Services. Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ist
das organisatorische Dach über der solidarischen Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung Österreichs.
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