St. Pölten (wknoe) - Der blaugelben Industrie ist es während der Finanz- und Wirtschaftskrise
gelungen, ihre relative Wettbewerbsposition zu verbessern. Angesichts der trüben Konjunkturaussichten müsse
aber unbedingt mehr zur Stärkung der Standortqualität unternommen werden, fordert die Sparte Industrie
der NÖ Wirtschaftskammer.
Eine vom Industriewissenschaftlichen Institut (IWI) im Auftrag der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer Niederösterreich
(WKNÖ) durchgeführte Nachkrisenbetrachtung stellt der NÖ Industrie durchwegs ein gutes Zeugnis aus.
Studienautor und IWI-Geschäftsführer Herwig Schneider bescheinigt den Unternehmen, "ihre Hausaufgaben
gemacht zu haben". So konnten die NÖ Industriebetriebe während des konjunkturellen Abschwungs ihre
internationale Wettbewerbsfähigkeit sogar noch verbessern. Zwei Drittel der vom IWI befragten Unternehmen
geben an, jetzt infolge der getroffenen Anpassungen an die Markterfordernisse besser situiert zu sein als dies
vor der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise der Fall gewesen ist. Die Einbußen, welche der industrielle
Sektor hat erleiden müssen, der in NÖ mehr als ein Drittel der gesamten Wirtschaftsleistung bestreitet,
seien nicht so schwerwiegend gewesen, wie in anderen Ländern, so eine Hauptaussage der IWI-Untersuchung.
Konjunkturwetterlage verdüstert sich
Trotz dieses zweifellos erfreulichen Umstandes sieht Thomas Salzer, Industrie-Spartenobmann der WKNÖ, keinen
Grund zur Entwarnung: "Die Konjunkturwetterlage verdüstert sich zusehends, unsere Betriebe beurteilen
die Wirtschaftslage immer pessimistischer!" Eine Sonderauswertung des aktuellen WIFO-Konjunkturtest für
den Bereich der NÖ-Industrie zeigt, dass in den letzten Monaten die Produktion nur mehr unterdurchschnittlich
gestiegen ist. Nahezu alle Sektoren rechnen für die nächsten Monate mit einem zum Teil deutlichen Nachlassen
bei den Auftragseingängen. Positiv entgegen dem allgemeinen Konjunkturverlauf entwickeln sich lediglich die
Bereiche Papiererzeugende, Papierverarbeitende und Holzindustrie sowie die Leder-, Textil- und Bekleidungsindustrie.
Aber auch hier fällt der Ausblick auf die nächsten Monate weniger erfreulich aus als auf die aktuelle
Lage.
Politik ist nun am Zug
Befinden wir uns derzeit in einer ähnlichen Situation wie 2008/2009? Ökonom Schneider verneint diese
Frage, realistisch betrachtet müsse für die nächste Zeit mit niedrigen Wachstumsraten gerechnet
werden. Größere Sorgen bereitet jedoch ein anderer Aspekt: "Was können die Betriebe noch tun,
um sich auf die schwieriger werdenden Zeiten vorzubereiten?", fragt NÖ Industrie-Obmann Salzer. Die Untersuchung
habe ergeben, dass die niederösterreichischen Industriebetriebe 2008/2009 alle nur erdenklichen Anstrengungen
unternommen hätten, um sich krisenfest zu machen. Sämtlicher überflüssiger Speck sei bereits
weggeschnitten, das Rationalisierungspotential ist ausgeschöpft. Aufgrund des immer größer werdenden
Wettbewerbsdrucks müssten aber unbedingt Maßnahmen getroffen werden, um die Qualität des Industriestandortes
(Nieder)österreich und damit die Wettbewerbsposition der Betriebe zu stärken. "Die Politik ist nun
am Zug!", so die NÖ Industrie.
Stärkerer Fokus auf flexible Kurzarbeit und Arbeitszeitmodelle
Was kann die Politik konkret noch tun? Geld für weitere Konjunkturpakete ist bekanntlich keines mehr vorhanden.
Salzer hält dem entgegen, dass weniger Maßnahmen zur Ankurbelung der Konjunktur, als nachhaltige strukturelle
Änderungen erforderlich seien. Bei den vielzitierten Rahmenbedingungen müsse der Hebel angesetzt werden:
"Ein besseres und flexibleres Kurzarbeitsarbeitsmodel ist notwendig, um für den kommenden Konjunkturabschwung
gerüstet zu sein. Als Folge der letzten Finanz- und Wirtschaftskrise sind die Urlaubstage und Guthaben bei
den Zeitkonten erschöpft und fallen als Puffer aus", argumentiert der Spartenobmann. Handlungsbedarf
sei ebenso bei der Flexibilisierung der Arbeitszeit gegeben: "Die Betriebe brauchen Modelle, die ihnen ein
flexibles Agieren sowohl in Spitzen- als auch in Krisenzeiten ermöglichen, ohne dass die Kostenbelastung gleich
existenzgefährdend wird."
Fachkräftemangel
Druck macht die NÖ-Industrie auch in Richtung Bildungssystem. Zum Teil sei es ersichtlich, so Salzer, dass
die Qualität bei der Schulausbildung abnehme. Und beim Fachkräftenachwuchs habe man in den letzten Jahren
ein deutliches Problem bekommen, vor allem in der Metall- und Maschinenindustrie. Es mangle an Drehern, Schweißern
und Fräsern: "Wir wollen den Nachwuchs verstärkt dazu motivieren, einen Technikerberuf zu ergreifen."
Es gelte die Chancen und Möglichkeiten besser aufzuzeigen, die diese Berufsfelder bieten, damit sich junge
Leute mehr für technische Berufe interessieren. |