2. Österreichischer Männerbericht liegt vor
Wien (pk) - Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz hat dem Parlament
den 2. Österreichischen Männerbericht vorgelegt. Der Bericht wurde im Auftrag der männerpolitischen
Grundsatzabteilung des BMASK vom Institut für empirische Sozialforschung erstellt. In einem pragmatisch ausgerichteten
Ansatz werden im Bericht eine Reihe von Studien präsentiert, die relevante und aktuelle gesellschaftliche
Entwicklungen in Österreich behandeln. Es wurden verschiedene gesellschaftliche, politische und ökonomische
Bereiche dargestellt, die sich weitgehend an einem typischen Lebenslauf orientieren. Behandelt werden daher Familie,
Schule, Beruf, Freizeit, Gesundheit. Eigene Kapitel behandeln die Themen der Erfahrungen mit Kriminalität
und Gewalt, die gesellschaftliche und politische Partizipation sowie die Situation spezialisierter Unterstützungs-
und Beratungsangebote für Männer.
Familie heute ist geprägt durch eine Krise der Vaterrolle
Seit den sechziger Jahre habe das klassische Väterbild an Gültigkeit verloren, es habe sich aber kein
klares und unproblematisches neues Rollenverständnis herausgebildet, hält die Studie fest. Im Kapitel
"Buben und Burschen in der Familie" plädieren die AutorInnen daher dafür, dass "man Söhne
zu Vätern erziehen sollte". Es sei für Buben heute aus vielerlei Gründen schwierig, positive
männliche Vorbilder in Familie und Schule zu finden. Das habe zur Folge, dass die Jungen ihre Bilder von Männlichkeit
in den Medien und den Peer-Groups oder bei etwas älteren Freunden suchten. Das führe oft dazu, dass sie
ihr Männlichkeitsbild als das genaue Gegenteil von Weiblichkeit definierten. Durch diese Alternativstrategien
würden letztlich aber traditionelle Rollenbilder fortgeführt oder sogar verstärkt, lautet die Schlussfolgerung
der Studie.
Dieses Fehlen der Väter sei dabei aber nicht unbedingt direkt auf die hohe Scheidungsrate zurückzuführen.
Scheidungsväter hätten nämlich nicht weniger Kontakt zu ihren Kindern als Väter, die im gemeinsamen
Haushalt leben. Vielmehr entspreche in vielen Familien das gewünschte Verhältnis der Söhne zu den
Vätern nicht unbedingt den real bestehenden Beziehungen zwischen den Generationen.
Festzustellen sei, dass auch bei Paaren, die eine paritätische Haushaltsführung anstreben, nach der Geburt
von Kindern sich eine Verschiebung zu einem traditionelleren Rollenmuster der Haushaltsführung ergebe und
die Versorgung der Kinder stärker der Frau zufalle, was auf Dauer viele Beziehungen belaste. Gleichzeitig
sei auch das Berufsleben nach wie vor von klassischen Männlichkeits- und Weiblichkeitsbildern dominiert, wodurch
viele Männer in ihrem Rollenverständnis überfordert seien, hält der Bericht fest.
Sinnvoll wäre es daher, Söhne früh zu Vätern zu erziehen, welche die Aufgaben im Haushalt kompetent
und selbstbewusst erledigen können. Das würde dazu beitragen, dass weniger Ehen geschieden werden und
Väter mit den an sie gestellten Anforderungen besser zurecht kommen und selber wieder ihren Söhnen ein
gutes Vorbild sein können.
Schule: Geschlechterspezifische Entscheidungen der Schulwahl
In der Wahl der Schule zeigten sich bei Schülerinnen und Schülern geschlechterspezifische Unterschiede.
So seien Polytechnische Schulen trotz eines steigenden Anteils von Mädchen eine typisch männliche Schulform.
Ausschlaggebend sei, dass sie meist einen Übergang in die Lehre darstellten, und das duale Ausbildungssystem
sei nach wie vor eine Domäne der Burschen. Die AHS-Oberstufe ist in den letzten 40 Jahren aber eine "weibliche"
Schulform geworden. In den BHS ist das Geschlechterverhältnis seit der Jahrtausendwende ausgeglichen. Die
berufsbildenden Schulen würden klare geschlechtsspezifische Segregationsphänomene aufweisen und traditionellen
Geschlechterrollen folgen.
Berufseinstieg von Burschen
Die Lehre wird nach wie vor als ein typisch "männlicher" Weg ins Berufsleben angesehen. Spezifika
des Berufseinstiegs von Burschen sind zudem, dass sie eher nach extrinsischen Berufszielen (gutes Einkommen, hohes
Sozialprestige) entscheiden, weibliche Jugendliche eher nach intrinsischen Berufszielen. Jungen Männern gelingt
der Berufseinstieg und Eintritt in den Arbeitsmarkt auch früher als jungen Frauen, und sie werden dabei eher
von Familie, Freundes- und Bekanntenkreis unterstützt. Über den Ablauf geschlechtstypischer Ausbildungs-
und Berufsentscheidungen von Burschen ist aber über statistische Daten hinaus wenig bekannt. Auf jeden Fall
besteht eine Tendenz der Burschen, Berufe zu meiden, die als "frauenspezifisch" gelten.
Was die Jugendarbeitslosigkeit aufgrund mangelnder Qualifikationen betrifft, lassen sich in Österreich - anders
als in anderen EU-Ländern - nur geringe geschlechtsspezifische Unterschiede zulasten der Burschen feststellen,
sagt die Studie. Betrachtet man allerdings Burschen mit Migrationshintergrund gesondert, so zeigt sich sehr oft
ein hoher Qualifikationsbedarf. 47% der jungen Männer mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft
sind niedrig qualifiziert, hingegen nur 10% der Burschen mit österreichischem Pass. Tendenziell gleicht sich
zwar der Bildungsstand der zweiten Einwanderergeneration dem österreichischen Durchschnitt an, doch bleibt
auch bei jenen Jugendlichen der zweiten Generation, die lediglich über einen Pflichtschulabschluss verfügen,
die Differenz zu Jugendlichen mit österreichischen Eltern besonders groß und ist bei Männern noch
stärker ausgeprägt als bei Frauen.
Gesellschaftliche und politische Partizipation, Freizeit, Werte
Nach wie vor gilt in Österreich, dass Politik eher Männersache ist. Deutlich mehr Männer geben an,
sich für Politik zu interessieren, als Frauen, und das gilt auch bei Männern und Frauen mit höherer
Bildung. Männer sind dementsprechend häufiger in politischen und kommunalen Institutionen aktiv. Sie
beurteilen auch das Funktionieren der Demokratie und das Parteiensystem deutlich positiver als Frauen. Allerdings
ist das Interesse der österreichischen Bevölkerung an Politik insgesamt nicht sehr ausgeprägt –
ein gutes Drittel bekennt sich dazu, sich kaum bis gar nicht für Politik zu interessieren. Erwartungen an
die Erfüllung der eigenen Ansprüche werden auch viel weniger in "eine vernünftige Politik der
Regierung" gesetzt als an PartnerInnen, sich selbst und den Freundeskreis.
In ihren Zukunftserwartungen wie auch in den Wertemustern unterscheiden sich Männer und Frauen kaum. 94% der
Männer und 98% der Frauen ist die Familie wichtig oder sehr wichtig. Ganz oben in der Wichtigkeit stehen Freundes-
und Bekanntenkreis, Arbeit und Freizeit. Letztere wird weniger mit "sinnstiftenden Tätigkeiten"
verbracht, wie einem ehrenamtlichen politischen Engagement, sondern dient regenerativen Tätigkeiten. Fernsehen
liegt dabei für beide Geschlechter an erster Stelle. Für Männer stehen zudem Heimwerken und Videospiele,
der Besuch von Sportveranstaltungen und Lokalen mehr im Vordergrund als für Frauen. Frauen nehmen hingegen
stärker das Kulturangebot wahr. In der Großstadt Wien ist für junge Männer vor allem das Interesse
am Sport- und Fitnessangebot ausgeprägt. |
Männergesundheit
Gender-Medizin befasst sich mit Unterschieden von Männern und Frauen, die in deren medizinischer Untersuchung
und Behandlung zu berücksichtigen sind. Dabei spielt neben dem biologischen auch das "soziale Geschlecht"
eine Rolle. Lebensstile, Rollenvorstellungen, gesellschaftliche und soziale Orientierung beeinflussen die Gesundheit
stärker als biologische Faktoren. Eine Migrationsbiographie hat zudem meist negative gesundheitliche Aspekte.
Österreichische Männer leben im Durchschnitt 5,4 Jahre kürzer als Frauen, die Lebenserwartung bei
der Geburt beträgt jetzt 77,6 Jahre für Männer und 83 Jahre für Frauen. Männer können
dabei mit 61,8 Jahren in guter Gesundheit rechnen.
Spezifische Aspekte des Erwerbslebens von Männern
Starke geschlechtsspezifische Unterschiede zeigen sich in der Erwerbstätigkeit. 2010 lag die Erwerbstätigenquote
bei 77,1% der Männer und 66,4% der Frauen im erwerbsfähigen Alter. Männer stellen damit einen Anteil
von 53,6% der Erwerbstätigen, deren Zahl in den letzten 15 Jahren angestiegen ist, was vor allem überwiegend
auf Frauen, die Teilzeitjobs annehmen, zurückzuführen ist. Nur 9% der Männer, aber 43,8% der Frauen
arbeiten Teilzeit. Für 40% der Frauen sind dabei Betreuungspflichten der ausschlaggebende Faktor, nicht Vollzeit
zu arbeiten.
2009 waren 84,6% der erwerbstätigen Männer unselbständig tätig und 13,6% selbständig (Frauen:
89% und 8,5%). Die restlichen 1,8% entfielen auf mithelfende Familienangehörige. 44,4% der freien DienstnehmerInnen
waren Männer und 67,4% der LeiharbeiterInnen. 37,9% der unselbständig beschäftigen Männer waren
Arbeiter, 44% Angestellte.
Markant ist nach wie vor der Anteil der Männer an Führungspositionen: 2009 waren 72,8% der Führungskräfte
männlich. Der Männeranteil bei Facharbeiter-, Meister- und Vorarbeiterberufen lag bei 82,7%, leitenden
Beamtenpositionen 69,7%, freien Berufen 61,8%, FirmeninhaberInnen 62,3%. Hingegen stellten Frauen 66,1% der einfachen
Angestellten, 53,8% der nicht-leitenden BeamtInnen und 53,6% der qualifizierten Angestellten.
Die Verdienstunterschiede zwischen Männern und Frauen sind in Österreich höher als in vielen EU-Ländern.
2009 war der Bruttostundenverdienst von Männern 15,0 €, von Frauen 11,2 €, was einem Verdienstgefälle
von 25,5% entspricht (Schnitt der EU-27: 17,7%). Ein beträchtlicher Teil des Unterschieds dürfte dabei
auf Diskriminierungseffekte zurückzuführen sein. Trotzdem sind Männer und Frauen mit ihrem Einkommen
annähernd gleich zufrieden, gar nicht zufrieden sind je 15%.
132.000 erwerbstätige Männer, 116.000 erwerbstätige Frauen, das sind jeweils rund sechs respektive
7% der Erwerbstätigen, gelten als der Gruppe der "working poor" zugehörig.
Was als männer- oder frauentypische Berufen gilt, unterliegt einem starken Wandel. So gab es an Volksschulen
2008/09 nur mehr einen Männeranteil von 9,7% an Lehrenden, und der Männeranteil ist auch an anderen Schultypen
signifikant zurückgegangen. Ausnahmen bilden nur Schulen mit technischen Schwerpunkten. Eine "weibliche
Branche" ist das Gesundheitswesen, wobei es allerdings noch immer mehr Ärzte als Ärztinnen gibt.
Frauentypisch ist auch die Arbeit mit kleinen Kindern, in diesem Bereich arbeiteten 2009/10 nur 764 Männer
gegenüber 45.742 Frauen. Ein seit 2008 jährlich stattfindender Boys' Day der Männerberatungsstellen
soll Burschen überzeugen, dass auch für sie Sozialberufe eine geeignete Berufswahl darstellen könnten.
Scheidung: Unterschiedliche Standpunkte zu gemeinsamer Obsorge
Das Thema Scheidung führt nach wie vor zu Diskussionen, nicht nur in Österreich, vor allem in Bezug auf
die gemeinsame Obsorge. Der Bericht führt dazu verschiedene Expertenmeinungen an. Rechtsanwältin Helen
Klaar und Rechtsanwalt Alfred Kriegler, deren Standpunkte in dem Bericht ausführlich referiert werden, vertreten
in vielen Punkten gegensätzliche Auffassungen.
Alfred Kriegler meint zur Frage der gemeinsamen Obsorge, dass diese eine neue Mentalität schaffen sollte,
dass mit der Scheidung die Ehe, aber nicht die Elternschaft ende. Klaar hingegen führt ins Treffen, dass eine
gemeinsame Obsorge gegen den Willen eines Elternteils die Gefahr enthalte, dass Ehe-Konflikte weitergeführt
werden. Kriegler ist der Auffassung, es seien vor allem die finanziellen Auswirkungen einer gemeinsamen Obsorge,
welche den beträchtlichen Widerstand gegen diese Regelung hervorriefen. Auch Klaar meint, dass finanzielle
Argumente eine wesentliche Rolle in der Diskussion spielen.
Alfred Kiegler stellt auch in Frage, ob das Ehegatten- und Kindesunterhaltsrecht, die an der so genannten "Hausfrauenehe"
orientiert sind, noch zeitgemäß sein könne, da es zunehmend auch andere Familienkonstellationen
gebe. Helen Klaar sieht hier bereits eine Tendenz der Änderungen der Judikatur. So würden oft beiderseitige
Empfehlungen aufgerechnet und so nur ein "Unterhalt nach Billigkeit" gewährt. Sie meint, nach wie
vor sei die Scheidung für Männer ein finanzielles, für Frauen ein existenzielles Problem. Alfred
Kriegler stellt demgegenüber fest, auch Männer seien nach einer Scheidung von der Armutsfalle bedroht,
weil ihr Einkommen nicht mehr reiche.
Bei den Besuchsregelungen sieht Kriegler das Problem, dass diese nach einer gewissen Zeit nicht mehr eingehalten
würden, und es keine Sanktionen gebe. Klaar spricht vor allem das Problem an, dass den Hauptbetreuenden –
meist den Müttern – kein Recht eingeräumt werde, dass Besuchsberechtigte das Kind rechtzeitig abholen.
Das gehe auf Kosten der Freizeit und Erholung des hauptbetreuenden Elternteils, dem ein Anspruch auf zwei freie
Wochenenden im Monat oder allenfalls eine Entschädigung dafür zustehen müsste.
Einigkeit herrscht bei beiden darüber, dass ein zentraler Familiengerichtshof für Wien wünschenswert
wäre.
Gewalt und Kriminalität
Studien zu Gewalt zeigen, dass Männer häufiger sowohl Täter als auch Gewaltopfer sind. Nur Gewalt
in intimen Beziehungen und bei Sexualvergehen richtet sich häufiger gegen Frauen als gegen Männer. 86%
der Verurteilungen vor österreichischen Strafgerichten betrafen Männer, wobei diese auch die schwereren
Taten begehen und öfter als Frauen Wiederholungstäter sind. Strafbare Handlungen mit einem Gewaltaspekt
werden zu über 90% von Männern begangen, Vergewaltigungen und sexueller Missbrauch von Unmündigen
fast nur von Männern. Auch strafbarer Waffengebrauch ist fast nur bei Männern zu finden.
Gesellschaftliche Einbindung und soziale Netzwerke
Wenn auch Männer und Frauen etwa gleich viele soziale Kontakte haben, so gibt es doch gewisse Unterschiede,
wenn es um gesellschaftliches Engagement der Bürger und Bürgerinnen geht. Freiwilligenarbeit wird etwa
von Männern mehr im formellen Rahmen, etwa bei Vereinen, geleistet. Frauen sind hingegen eher informell engagiert,
etwa in der Nachbarschaftshilfe. Auch hier tritt, wie am regulären Arbeitsmarkt, ein geschlechtsspezifisches
Segregationsphänomen auf. Männer sind auch typischerweise weniger spendenbereit als Frauen und geben
geringere Beträge.
Männer und Familie: Die Karriere hat nach wie vor Priorität
Obwohl Männer sich in größerer Zahl als früher prinzipiell bereit erklären, mehr zu Haushalt
und Kinderbetreuung beizutragen, schlägt sich das in der Praxis noch immer nicht entsprechend nieder. Die
Frage der Karenz bildet die Schnittstelle von Familie und Beruf. Ob Männer dazu bereit sind, Kinderkarenz
in Anspruch zu nehmen, hängt von den Karrierevorstellungen und dem beruflichen Umfeld ab. Derzeit liegt der
Männeranteil beim Bezug des Kinderbetreuungsgeldes bei 4,7%, der Anteil der Väter an den Erwerbstätigen,
die eine Kinderkarenz in Anspruch nehmen, liegt sogar nur bei 0,4%. Es zeigt sich zudem, dass der Anteil der Bezieher
von Kinderbetreuungsgeld bei den Angestellten weit unter dem Durchschnitt liegt, was darauf hindeutet, dass klassische
Angestelltenberufe nur schwer mit verstärktem familiärem Engagement vereinbar sind. Familiengründung
und erster beruflicher Aufstieg fallen meist zusammen, Vätern wird daher eine Entscheidung in die eine oder
andere Richtung abverlangt.
Damit ein größerer Anteil der Väter, die zu einer Karenzzeit grundsätzlich bereit wären
(in einer Studie 2004 waren das immerhin 63% der Befragten), diese auch tatsächlich in Anspruch nehmen, müssten
erfolgreiche Karenzmodelle einige Faktoren berücksichtigen. Teilweise trägt das österreichische
Modell diesen schon Rechnung. Erforderlich seien kürzere Karenzzeiten, die auch mehrfach in Anspruch genommen
werden können, sowie einkommensabhängige Transferzahlungen, heißt es im Bericht. Wünschenswert
sei auch eine Elternteilzeit ohne Zuverdienstgrenze über einen längeren Zeitraum und die Integration
von Karenzvätern und -müttern in institutionelle Standardabläufe.
Familie und Beruf
Das häufigste Versorgungs- und Ernährungsmodell in österreichischen Familien ist die Vollzeitarbeit
des Vaters und Teilzeitarbeit der Mutter. 40,9% der Eltern entscheiden sich dafür. Ausschlaggebend ist dafür
die in der Regel die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen. Das Ernährungsmodell der Familie verändert
sich aber mit zunehmendem Alter der Kinder, wobei das Alter des jüngsten Kindes ausschlaggebend ist. Je älter
dieses wird, umso häufiger steigen Mütter wieder ins Berufsleben ein. Für die Erwerbstätigkeit
der Frauen spielt die Zahl der Kinder eine Rolle, während das Berufsleben der Väter davon weniger berührt
wird. Allerdings sind Väter häufiger vollerwerbstätig als kinderlose Männer, und sie leisten
auch wesentlich mehr Überstunden.
Was die Vereinbarkeit von Familie und Beruf betrifft, zeigten sich ein Großteil der Befragten damit sehr
zufrieden oder doch überwiegend zufrieden. Nur 5% der Männer und 3% der Frauen meinten, Beruf und Familie
schlecht oder sogar sehr schlecht vereinbaren zu können. Von Bedeutung dabei ist die Flexibilität, die
Arbeitgeber Müttern und Vätern zugestehen, sich im Bedarfsfall um die Kinder kümmern zu können.
Väter in Patchwork-Familien
Durch die aufgrund hoher Scheidungsraten neu aufgetauchten Familienformen der Patchwork-Familien entstehen an Stelle
des Modells der Kleinfamilie komplexe Familienstrukturen mit zahlreichen beteiligten Personen. Das Familienrechtspaket
2009 hat darauf reagiert, indem eine Beistandspflicht für Stiefvater und Stiefmutter gegenüber dem in
die Ehe mitgebrachten minderjährigen Kind festgelegt wurde. Sie können und müssen daher auch den
obsorgeberechtigten Elternteil in bestimmten Fällen in der Ausübung der Obsorge vertreten. Vorerst gilt
die Beistandspflicht auch bei unverheirateten Paaren, die Möglichkeit der Obsorgevertretung aber nur bei ehelichen
Gemeinschaften. Ob diese Regelung der Realität von Patchwork-Familien gerecht wird, müsse erst evaluiert
werden, hält die Studie dazu fest.
Spezifische Unterstützungs- und Beratungsangebote für Männer
Abgerundet wird der Österreichische Männerbericht 2011 mit Daten zu jenen Männerberatungsstellen,
die ihre Dienstleistungen gänzlich für Männer konzipiert haben. Dafür wurde bei fünfzehn
Beratungsstellen, die bei unterschiedlichen Trägern (kirchlichen, privaten oder öffentlichen) angesiedelt
sind, recherchiert. Zunehmend Bedeutung gewinnen in den Beratungsstellen neben der psychologischen, sozialarbeitsrechtlichen,
juristischen und gelegentlich auch medizinischen Beratung die therapeutischen Angebote. Es werden derzeit rund
18.000 Beratungen pro Jahr durchgeführt. Empirische Daten zu Notwendigkeit und Akzeptanz der Männerberatung
fehlen in Österreich. Man könne aber davon ausgehen, dass das herrschende Männerideal dazu führe,
dass von Klienten die Selbsterkenntnis, Unterstützung zu brauchen, oft erst spät gewonnen werde, heißt
es in der Studie. |