Fragestunde mit Finanzministerin Maria Fekter   

erstellt am
19. 01. 12

Fekter gegen Substanzbesteuerung, für Entlastung der Arbeit
Wien (pk) - Verlust des Triple-A im Bonitätsranking der Ratingagentur Standard&Poors für Österreich und andere Euroländer, düstere Prognosewolken am Horizont der Weltwirtschaft und anhaltende Finanzprobleme in Griechenland – vor diesem wenig erfreulichen Hintergrund stellte sich Finanzministerin Maria Fekter am Beginn der heutigen 141. Sitzung des Nationalrats am 19.01. Fragen der Abgeordneten. Im Mittelpunkt des Abgeordneteninteresses stand der weitere Kurs bei der Budgetkonsolidierung, wobei es insbesondere auch um Fragen nach dem Verhältnis von Einsparungen und zusätzlichen Steuereinnahmen ging.

Frage des Abgeordneten Kai Jan Krainer (S): Welche Schritte werden Sie setzen, dass Einkommen aus Kapital und Vermögen genauso besteuert werden wie Arbeitseinkommen?

Antwort: Finanzministerin Maria FEKTER gab zu bedenken, dass der Faktor Arbeit in Österreich mit 47,9 % belastet werde, aber nur 11,4 % davon auf Steuern entfallen. Der überwiegende Teil der Belastungen betreffe Sozialversicherungsbeiträge, eine Entlastung der Arbeit über die Steuern alleine sei daher nur zu einem gewissen Teil möglich. Die Ministerin erinnerte weiters daran, dass Österreich bei der Abgabenbelastung der Arbeit auf Platz 19 im Mittelfeld der OEZE-Staaten rangiert, bei der Besteuerung der Beträge aus Kapital aber schon 2010 mit 27,3 % über dem EU-Durchschnitt von 26,1 % lag.

Insgesamt trat Fekter dafür ein, bei dieser Diskussion "die Kirche im Dorf zu lassen", und betonte, die Regierung habe sukzessive versucht, die Kapitalerträge zu besteuern. Mit Nachdruck wandte sich Fekter gegen eine Substanzbesteuerung von Vermögen, meinte aber, Vermögenszuwächse sollten gleichbehandelt werden. Im Gegenzug zu einer Entlastung des Faktors Arbeit schlug die Ministerin jedenfalls einen Ökologisierungspfad im Steuerrecht sowie Maßnahmen zur Bekämpfung des Missbrauchs vor.

Auf eine Zusatzfrage des Abgeordneten Günter STUMMVOLL (V) versicherte Fekter, was sich die Menschen mühsam erwirtschaftet und geschaffen haben, das solle nicht weggesteuert und kalt enteignet werden. Eine Steuer auf Substanz werde es mit ihr nicht geben.

Gegen die kalte Progression sei schon durch die Steuerreform 2009 vorgegangen worden, unterstrich Fekter gegenüber Abgeordnetem Sigisbert DOLINSCHEK (B) und bekräftigte überdies, sie sei strikt dagegen, Löhne über Gesetze zu definieren.

Skeptisch äußerte sie sich auch zur Forderung des Abgeordneten Werner KOGLER (G) betreffend eine Steuer auf Millionenerbschaften. Fekter bemerkte in diesem Zusammenhang, schon die alte Erbschaftssteuer habe wenig an Einnahmen gebracht, und verwies darüber hinaus auf die derzeitige Wertpapier-Kapitalertragssteuer. Eine Erbschaftssteuer würde letztlich den Mittelstand, die Gewerbetreibenden und die Bauern treffen, dies wäre ungerecht.

Frage der Abgeordneten Gabriele Tamandl (V): Welche Strukturreformen halten Sie für geeignet, um das Budget ausgabenseitig zu sanieren?

Antwort: Finanzministerin Maria FEKTER will, wie sie sagte, bei den größten Kostentreibern ansetzen und nannte dabei Frühpensionen, ÖBB, Verwaltung, Förderwesen und Gesundheit. Nach dem Verlust des Triple A gelte es nun umso mehr, den Konsolidierungspfad konsequent durchzuziehen, um auf ein Null-Defizit zu kommen und den Schuldenberg abzubauen. Zur Herabstufung Österreichs hielt Fekter fest, der Vertrauensverlust habe nicht die Wirtschaft, sondern die Staatsfinanzen betroffen.

Vom Abgeordneten Gerald GROSZ (B) auf die 599 Reformvorschläge des Rechnungshofs zur Strukturreform angesprochen, meinte Fekter, diese Vorschläge würden alle Ressorts betreffen, daher seien auch alle Ressorts aufgefordert, sie in ihrem eigenen Wirkungsbereich umzusetzen.

Auf Einwände des Abgeordneten Karl ÖLLINGER (G), der an die Warnung von S&P vor einer Austeritätspolitik erinnerte, erwiderte Fekter, es würden keine Maßnahmen gesetzt werden, die investitionshemmend wirken, Arbeitsplätze gefährden, die Inflation antreiben oder die Konjunktur dämpfen.

Zu der vom Abgeordneten Maximilian LINDER (F) geäußerten Skepsis hinsichtlich der Zusammenlegung von Gemeinden bemerkte die Ministerin wiederum, es gebe viele gute Gemeindekooperationen, die Gemeinden könnten sie selbst bewerkstelligen, sie bräuchten dazu nicht den Fingerzeig der Finanzministerin.

Dem Abgeordneten Erwin KAIPEL (S), der unter anderem Kritik an staatlichen Zuschüssen zu den Bauernpensionen geübt hatte, hielt Fekter entgegen, die Pensionsleistungen würden sich allgemein aus Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträgen zusammensetzen, beim Bauern sei der Dienstgeber allerdings der Bauer selbst, daher müsse der Staat einspringen.

Frage des Abgeordneten Elmar Podgorschek (F): Was wird der wesentliche Inhalt der in Aussicht genommenen steuerlichen Belastungslawine sein?

Antwort: Finanzministerin Maria FEKTER bekannte sich zur ausgabenseitigen Sanierung des Budgets und kündigte Strukturreformen, aber auch Maßnahmen zur Schließung von Steuerlücken und zur Verhinderung des Missbrauchs an. Klar war für die Ministerin dabei, dass Österreich kein Einnahmenproblem, sondern vielmehr ein Ausgabenproblem habe.

Zum Vorschlag des Abgeordneten Kurt GASSNER (S) hinsichtlich einer Besteuerung von Umwidmungsgewinnen bemerkte sie, in diesem Bereich gebe es Lücken, es gelte aber zuerst, die vergleichbare Rechtslage in den Nachbarländern zu prüfen. Gegenüber dem Abgeordneten Franz ESSL (V) wiederum betonte Fekter, die Budgetkonsolidierung müsse nun etwas ambitionierter als bisher angegangen werden. Vor allem gehe es darum zu vermeiden, dass der Schuldenberg auf über 80 % des BIP anwächst, da Österreich in diesem Fall eine weitere Herabstufung drohen würde. Zur Kritik des Abgeordneter Christoph HAGEN (B) an den hohen Spritpreisen bemerkte die Ministerin, Österreich sei bei der Steuerbelastung auf Treibstoffe bereits am Limit, eine Erhöhung der Mineralölsteuer würde bloß zur einem Tanktourismus ins Ausland führen.

Was nun die Förderungen betrifft – Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) hatte sich irritiert über Subventionen an Mensdorff-Pouilly geäußert – stellte Fekter klar, die Ziele für die Förderungen müssten klarer definiert werden. Wenn man beispielsweise mit einer Förderung Lenkungseffekte in Richtung Forschung, Innovation oder Ökologisierung erreichen will, dann müssten diese Zielorientierungen gegeben sein. Werden diese Ziele tatsächlich verfolgt, dann wäre es nicht gerechtfertigt, die Förderung nur den Kleinen zu gewähren.

Frage des Abgeordneten Werner Kogler (G): Welche Konsolidierungsmaßnahmen mit welchen finanziellen Auswirkungen plant und koordiniert das Finanzministerium bis 2017?

Antwort: Finanzministerin Maria FEKTER meinte grundsätzlich, es sei legitim, dass zwei unterschiedliche Parteien zwei unterschiedliche Standpunkte vorbringen. Die Regierungsparteien seien aber konsensfähig, was die Opposition im Hinblick auf die Schuldenbremse nicht sei, fügte sie an. Die Ministerin unterstrich abermals ihr Ziel, durch Strukturreformen in den Bereichen Gesundheit, Frühpensionen, Verwaltung, Förderungen und Dienstrecht sowie durch Lückenschluss im Steuerrecht zu Kostendämpfungen zu kommen, versicherte gleichzeitig aber, dass man bei Bildung, Forschung und Universitäten mit dem Sparstift nicht so streng sein werde wie in anderen Ressorts.

Gegenüber dem Abgeordneten Wolfgang ZANGER (F), der ebenso wie Abgeordneter August WÖGINGER (V) eine Senkung des Eingangssteuersatzes thematisiert hatte, stellte Fekter fest, das Lohn- und Einkommensteuersystem habe mehrere gravierende Schwächen. Sie sprach in diesem Zusammenhang von einem sehr hohen Eingangssteuersatz, einer großen Zahl von Ausnahmen, aber auch von einer hohen Besteuerung des Mittelstands, die zu Lasten von Familien mit Kindern gehe. Auf die Forderung der Abgeordneten Sonja STESSL-MÜHLBACHER (S) nach einer stärkeren Besteuerung von Vermögen erwiderte Fekter mit dem Hinweis auf die Wertpapier-Kapitalertragssteuer und meinte, dies sei die höchste Vermögensbesteuerung der letzten Jahre. Mit Nachdruck betonte die Ministerin überdies, sie denke nicht daran, die Sparbücher weiter und höher zu besteuern, die derzeitigen 25 % seien ausreichend, daran werde nichts geändert.

Frage des Abgeordneten Josef Bucher (B): Sie haben vor wenigen Wochen ein Budget vorgelegt, das nicht haltbar ist. Beim Konsolidierungsbedarf ist immer von unterschiedlichen Höhen – nämlich zwei oder vier Milliarden Euro – die Rede: Wie hoch ist der Konsolidierungsbedarf für 2012 tatsächlich?

Antwort: Finanzministerin Maria FEKTER bezifferte den jährlichen Konsolidierungsbedarf für den Bund mit 2 Mrd. € und betonte, über einen Zeitraum von fünf Jahren müsste man 10 Mrd. € konsolidieren, um auf ein Nulldefizit zu kommen. Die Abänderung des ursprünglichen Budgetentwurfs begründete sie mit den nach unten revidierten Wachstumsprognosen, aber auch mit der Debatte über das Triple A. Gegenüber Abgeordnetem Alois GRADAUER (F) versicherte Fekter, die Regierung werde nicht zulassen, dass die Schulden über 80 % anwachsen. Das Defizit sei bereits wesentlich geringer ausgefallen als prognostiziert, auch sei die vorhergesagte Dämpfung des Wachstums nicht eingetreten. Die Wirtschaft sei gesund und gut unterwegs, stellte Fekter fest und betonte ihre Zuversicht, dass Österreich seine Konsolidierungsziele rasch erreichen werde.

Der Forderung der Abgeordneten Heidrun SILHAVY (S) nach einer Vermögensbesteuerung hielt die Ministerin entgegen, in Österreich würden sämtliche Erträge aus Vermögen bereits besteuert, auch gebe es hierzulande die höchste Reichensteuer im internationalen Vergleich. Ihre gehe es primär darum, den Mittelstand zu entlasten. Fest stand für die Ministerin aber auch, dass die Reichen einen angemessenen Beitrag leisten müssen.

Auf die Warnung des Abgeordneten Oswald KLIKOVITS (V) vor einem Konjunkturabschwung bekräftige Fekter, man dürfe die Wirtschaft und die Investoren nicht verunsichern durch gravierende Einschnitte in ihre Rahmenbedingungen, Konzerne müssten in Österreich ein sicheres Klima für ihre Investitionen vorfinden.

Frage des Abgeordneten Christoph Matznetter (S): Welche Maßnahmen werden Sie setzen, dass große Betriebe effektiv genauso besteuert werden wie kleine und mittlere?

Antwort: Finanzministerin Maria FEKTER räumte ein, das Lohn- und Einkommensteuergesetz weise gravierende Schwächen auf und enthalte zu viele Ausnahmebestimmungen. Ein erster Schritt zu einer faireren und gerechteren Behandlung der Unternehmen könnte ihrer Meinung nach durch eine Herabsetzung des Einstiegsteuersatzes erreicht werden. Auf eine Zusatzfrage von Matznetter hin führte die Bundesministerin aus, dass sie das österreichische Gruppensteuermodell für eine grandiose Erfolgsgeschichte halte, die zur Vollbeschäftigung beiträgt. Eine grundsätzliche Änderung in diesem Bereich würde Arbeitsplätze gefährden, Investitionen hemmen und Betriebsansiedlungen verhindern, warnte Fekter. Sollte es jedoch in einzelnen Bereichen Missbrauch geben, könne man über geeignete Maßnahmen reden. Die großen heimischen Leitbetriebe zahlen insgesamt 75 % der in Österreich eingenommenen Körperschaftssteuer, antwortete die Ministerin dem Abgeordneten Peter HAUBNER (V) auf eine weitere Zusatzfrage. Veränderungen in diesem Sektor würden dem Staat daher Milliarden kosten, gab Fekter zu bedenken. Was die kleinen Betriebe und Einzelpersonen-Unternehmen angeht, so werde sie keine Verschlechterungen der Rahmenbedingungen zulassen; deren Steuerlast sollte eher gesenkt werden (Frage des Abgeordneten Stefan Markowitz, B). Auf eine Zusatzfrage der Abgeordneten Ruperta LICHTENECKER (G) reagierte die Finanzministerin mit der Feststellung, Österreich habe im OECD-Vergleich ein sehr gutes Forschungsförderungssystem. Eine weitere Verbesserung könnte man durch Entfall des Deckels bei der Forschungsprämie erreichen. Was die Universitäten betrifft, soll es ein neues Konzept geben. Sie habe bereits mit Minister Töchterle vereinbart, dass die Unis für die Planungsperiode 2013-2015 "frisches Geld" in Form eines Strukturfonds bekommen. Sodann ging Fekter nochmals auf die Gruppenbesteuerung ein, die vom Abgeordneten Bernhard THEMESSL (F) thematisiert wurde. Es sei nicht richtig, dass die Banken in dem permanent kolportierten Ausmaß der Gruppenbesteuerung unterliegen. Sie sei nicht bereit, hier Änderungen vorzunehmen, die Betriebe sollen nicht verunsichert werden, unterstrich Fekter.

Frage des Abgeordneten Konrad Steindl (V): Welche budgetären und standortpolitischen Auswirkungen hatte die Einführung der Gruppenbesteuerung im Jahre 2005?

Antwort: Finanzministerin Maria Fekter wies eingangs darauf hin, dass insgesamt 1,4 Millionen Arbeitnehmer in Betrieben beschäftigt sind, die der Gruppenbesteuerung unterliegen. 14.000 Unternehmen nützen diese Form der Besteuerung und deren Steueraufkommen ist seit 2005 auch sukzessive angestiegen, teilte die Ministerin mit. Da der Wirtschaftsstandort Österreich so attraktiv wie möglich gestaltet werden soll, werde am Modell der Gruppenbesteuerung auch sicher nichts verändert, bekräftigte Fekter. Sollte es zu missbräuchlichen Verwendungen kommen, werde man sich das im Detail anschauen und eventuell Korrekturen vornehmen (Frage des Abgeordneten Roman HAIDER, F). In Bezug auf die Zusatzfrage des Abgeordneten HAUBNER (V), der die Absenkung der Körperschaftssteuer von 34 % auf 25 % ansprach, informierte die Finanzministerin darüber, dass nach dieser Maßnahme wesentlich mehr Steuern eingenommen wurden. Der Abgeordneten Ruperta LICHTENECKER (G) teilte die Ressortchefin mit, dass die Ökologisierung des Steuersystems bereits in Angriff genommen wurde; dieser Weg soll auch in Zukunft fortgesetzt werden. Insbesondere sei eine Strukturreform erforderlich, die auf eine Beseitigung der Schwächen des Systems sowie auf eine gleichzeitige Aufrechterhaltung des bisherigen Steueraufkommens abzielt.
     
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