Fekter gegen Substanzbesteuerung, für Entlastung der Arbeit
Wien (pk) - Verlust des Triple-A im Bonitätsranking der Ratingagentur Standard&Poors für
Österreich und andere Euroländer, düstere Prognosewolken am Horizont der Weltwirtschaft und anhaltende
Finanzprobleme in Griechenland – vor diesem wenig erfreulichen Hintergrund stellte sich Finanzministerin Maria
Fekter am Beginn der heutigen 141. Sitzung des Nationalrats am 19.01. Fragen der Abgeordneten. Im Mittelpunkt des
Abgeordneteninteresses stand der weitere Kurs bei der Budgetkonsolidierung, wobei es insbesondere auch um Fragen
nach dem Verhältnis von Einsparungen und zusätzlichen Steuereinnahmen ging.
Frage des Abgeordneten Kai Jan Krainer (S): Welche Schritte werden Sie setzen, dass Einkommen aus Kapital und
Vermögen genauso besteuert werden wie Arbeitseinkommen?
Antwort: Finanzministerin Maria FEKTER gab zu bedenken, dass der Faktor Arbeit in Österreich mit 47,9 % belastet
werde, aber nur 11,4 % davon auf Steuern entfallen. Der überwiegende Teil der Belastungen betreffe Sozialversicherungsbeiträge,
eine Entlastung der Arbeit über die Steuern alleine sei daher nur zu einem gewissen Teil möglich. Die
Ministerin erinnerte weiters daran, dass Österreich bei der Abgabenbelastung der Arbeit auf Platz 19 im Mittelfeld
der OEZE-Staaten rangiert, bei der Besteuerung der Beträge aus Kapital aber schon 2010 mit 27,3 % über
dem EU-Durchschnitt von 26,1 % lag.
Insgesamt trat Fekter dafür ein, bei dieser Diskussion "die Kirche im Dorf zu lassen", und betonte,
die Regierung habe sukzessive versucht, die Kapitalerträge zu besteuern. Mit Nachdruck wandte sich Fekter
gegen eine Substanzbesteuerung von Vermögen, meinte aber, Vermögenszuwächse sollten gleichbehandelt
werden. Im Gegenzug zu einer Entlastung des Faktors Arbeit schlug die Ministerin jedenfalls einen Ökologisierungspfad
im Steuerrecht sowie Maßnahmen zur Bekämpfung des Missbrauchs vor.
Auf eine Zusatzfrage des Abgeordneten Günter STUMMVOLL (V) versicherte Fekter, was sich die Menschen mühsam
erwirtschaftet und geschaffen haben, das solle nicht weggesteuert und kalt enteignet werden. Eine Steuer auf Substanz
werde es mit ihr nicht geben.
Gegen die kalte Progression sei schon durch die Steuerreform 2009 vorgegangen worden, unterstrich Fekter gegenüber
Abgeordnetem Sigisbert DOLINSCHEK (B) und bekräftigte überdies, sie sei strikt dagegen, Löhne über
Gesetze zu definieren.
Skeptisch äußerte sie sich auch zur Forderung des Abgeordneten Werner KOGLER (G) betreffend eine Steuer
auf Millionenerbschaften. Fekter bemerkte in diesem Zusammenhang, schon die alte Erbschaftssteuer habe wenig an
Einnahmen gebracht, und verwies darüber hinaus auf die derzeitige Wertpapier-Kapitalertragssteuer. Eine Erbschaftssteuer
würde letztlich den Mittelstand, die Gewerbetreibenden und die Bauern treffen, dies wäre ungerecht.
Frage der Abgeordneten Gabriele Tamandl (V): Welche Strukturreformen halten Sie für geeignet, um das Budget
ausgabenseitig zu sanieren?
Antwort: Finanzministerin Maria FEKTER will, wie sie sagte, bei den größten Kostentreibern ansetzen
und nannte dabei Frühpensionen, ÖBB, Verwaltung, Förderwesen und Gesundheit. Nach dem Verlust des
Triple A gelte es nun umso mehr, den Konsolidierungspfad konsequent durchzuziehen, um auf ein Null-Defizit zu kommen
und den Schuldenberg abzubauen. Zur Herabstufung Österreichs hielt Fekter fest, der Vertrauensverlust habe
nicht die Wirtschaft, sondern die Staatsfinanzen betroffen.
Vom Abgeordneten Gerald GROSZ (B) auf die 599 Reformvorschläge des Rechnungshofs zur Strukturreform angesprochen,
meinte Fekter, diese Vorschläge würden alle Ressorts betreffen, daher seien auch alle Ressorts aufgefordert,
sie in ihrem eigenen Wirkungsbereich umzusetzen.
Auf Einwände des Abgeordneten Karl ÖLLINGER (G), der an die Warnung von S&P vor einer Austeritätspolitik
erinnerte, erwiderte Fekter, es würden keine Maßnahmen gesetzt werden, die investitionshemmend wirken,
Arbeitsplätze gefährden, die Inflation antreiben oder die Konjunktur dämpfen.
Zu der vom Abgeordneten Maximilian LINDER (F) geäußerten Skepsis hinsichtlich der Zusammenlegung von
Gemeinden bemerkte die Ministerin wiederum, es gebe viele gute Gemeindekooperationen, die Gemeinden könnten
sie selbst bewerkstelligen, sie bräuchten dazu nicht den Fingerzeig der Finanzministerin.
Dem Abgeordneten Erwin KAIPEL (S), der unter anderem Kritik an staatlichen Zuschüssen zu den Bauernpensionen
geübt hatte, hielt Fekter entgegen, die Pensionsleistungen würden sich allgemein aus Dienstgeber- und
Dienstnehmerbeiträgen zusammensetzen, beim Bauern sei der Dienstgeber allerdings der Bauer selbst, daher müsse
der Staat einspringen.
Frage des Abgeordneten Elmar Podgorschek (F): Was wird der wesentliche Inhalt der in Aussicht genommenen steuerlichen
Belastungslawine sein?
Antwort: Finanzministerin Maria FEKTER bekannte sich zur ausgabenseitigen Sanierung des Budgets und kündigte
Strukturreformen, aber auch Maßnahmen zur Schließung von Steuerlücken und zur Verhinderung des
Missbrauchs an. Klar war für die Ministerin dabei, dass Österreich kein Einnahmenproblem, sondern vielmehr
ein Ausgabenproblem habe.
Zum Vorschlag des Abgeordneten Kurt GASSNER (S) hinsichtlich einer Besteuerung von Umwidmungsgewinnen bemerkte
sie, in diesem Bereich gebe es Lücken, es gelte aber zuerst, die vergleichbare Rechtslage in den Nachbarländern
zu prüfen. Gegenüber dem Abgeordneten Franz ESSL (V) wiederum betonte Fekter, die Budgetkonsolidierung
müsse nun etwas ambitionierter als bisher angegangen werden. Vor allem gehe es darum zu vermeiden, dass der
Schuldenberg auf über 80 % des BIP anwächst, da Österreich in diesem Fall eine weitere Herabstufung
drohen würde. Zur Kritik des Abgeordneter Christoph HAGEN (B) an den hohen Spritpreisen bemerkte die Ministerin,
Österreich sei bei der Steuerbelastung auf Treibstoffe bereits am Limit, eine Erhöhung der Mineralölsteuer
würde bloß zur einem Tanktourismus ins Ausland führen.
Was nun die Förderungen betrifft – Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) hatte sich irritiert über Subventionen
an Mensdorff-Pouilly geäußert – stellte Fekter klar, die Ziele für die Förderungen müssten
klarer definiert werden. Wenn man beispielsweise mit einer Förderung Lenkungseffekte in Richtung Forschung,
Innovation oder Ökologisierung erreichen will, dann müssten diese Zielorientierungen gegeben sein. Werden
diese Ziele tatsächlich verfolgt, dann wäre es nicht gerechtfertigt, die Förderung nur den Kleinen
zu gewähren.
Frage des Abgeordneten Werner Kogler (G): Welche Konsolidierungsmaßnahmen mit welchen finanziellen Auswirkungen
plant und koordiniert das Finanzministerium bis 2017?
Antwort: Finanzministerin Maria FEKTER meinte grundsätzlich, es sei legitim, dass zwei unterschiedliche Parteien
zwei unterschiedliche Standpunkte vorbringen. Die Regierungsparteien seien aber konsensfähig, was die Opposition
im Hinblick auf die Schuldenbremse nicht sei, fügte sie an. Die Ministerin unterstrich abermals ihr Ziel,
durch Strukturreformen in den Bereichen Gesundheit, Frühpensionen, Verwaltung, Förderungen und Dienstrecht
sowie durch Lückenschluss im Steuerrecht zu Kostendämpfungen zu kommen, versicherte gleichzeitig aber,
dass man bei Bildung, Forschung und Universitäten mit dem Sparstift nicht so streng sein werde wie in anderen
Ressorts.
Gegenüber dem Abgeordneten Wolfgang ZANGER (F), der ebenso wie Abgeordneter August WÖGINGER (V) eine
Senkung des Eingangssteuersatzes thematisiert hatte, stellte Fekter fest, das Lohn- und Einkommensteuersystem habe
mehrere gravierende Schwächen. Sie sprach in diesem Zusammenhang von einem sehr hohen Eingangssteuersatz,
einer großen Zahl von Ausnahmen, aber auch von einer hohen Besteuerung des Mittelstands, die zu Lasten von
Familien mit Kindern gehe. Auf die Forderung der Abgeordneten Sonja STESSL-MÜHLBACHER (S) nach einer stärkeren
Besteuerung von Vermögen erwiderte Fekter mit dem Hinweis auf die Wertpapier-Kapitalertragssteuer und meinte,
dies sei die höchste Vermögensbesteuerung der letzten Jahre. Mit Nachdruck betonte die Ministerin überdies,
sie denke nicht daran, die Sparbücher weiter und höher zu besteuern, die derzeitigen 25 % seien ausreichend,
daran werde nichts geändert.
Frage des Abgeordneten Josef Bucher (B): Sie haben vor wenigen Wochen ein Budget vorgelegt, das nicht haltbar
ist. Beim Konsolidierungsbedarf ist immer von unterschiedlichen Höhen – nämlich zwei oder vier Milliarden
Euro – die Rede: Wie hoch ist der Konsolidierungsbedarf für 2012 tatsächlich?
Antwort: Finanzministerin Maria FEKTER bezifferte den jährlichen Konsolidierungsbedarf für den Bund mit
2 Mrd. € und betonte, über einen Zeitraum von fünf Jahren müsste man 10 Mrd. € konsolidieren, um
auf ein Nulldefizit zu kommen. Die Abänderung des ursprünglichen Budgetentwurfs begründete sie mit
den nach unten revidierten Wachstumsprognosen, aber auch mit der Debatte über das Triple A. Gegenüber
Abgeordnetem Alois GRADAUER (F) versicherte Fekter, die Regierung werde nicht zulassen, dass die Schulden über
80 % anwachsen. Das Defizit sei bereits wesentlich geringer ausgefallen als prognostiziert, auch sei die vorhergesagte
Dämpfung des Wachstums nicht eingetreten. Die Wirtschaft sei gesund und gut unterwegs, stellte Fekter fest
und betonte ihre Zuversicht, dass Österreich seine Konsolidierungsziele rasch erreichen werde.
Der Forderung der Abgeordneten Heidrun SILHAVY (S) nach einer Vermögensbesteuerung hielt die Ministerin entgegen,
in Österreich würden sämtliche Erträge aus Vermögen bereits besteuert, auch gebe es hierzulande
die höchste Reichensteuer im internationalen Vergleich. Ihre gehe es primär darum, den Mittelstand zu
entlasten. Fest stand für die Ministerin aber auch, dass die Reichen einen angemessenen Beitrag leisten müssen.
Auf die Warnung des Abgeordneten Oswald KLIKOVITS (V) vor einem Konjunkturabschwung bekräftige Fekter, man
dürfe die Wirtschaft und die Investoren nicht verunsichern durch gravierende Einschnitte in ihre Rahmenbedingungen,
Konzerne müssten in Österreich ein sicheres Klima für ihre Investitionen vorfinden.
Frage des Abgeordneten Christoph Matznetter (S): Welche Maßnahmen werden Sie setzen, dass große
Betriebe effektiv genauso besteuert werden wie kleine und mittlere?
Antwort: Finanzministerin Maria FEKTER räumte ein, das Lohn- und Einkommensteuergesetz weise gravierende Schwächen
auf und enthalte zu viele Ausnahmebestimmungen. Ein erster Schritt zu einer faireren und gerechteren Behandlung
der Unternehmen könnte ihrer Meinung nach durch eine Herabsetzung des Einstiegsteuersatzes erreicht werden.
Auf eine Zusatzfrage von Matznetter hin führte die Bundesministerin aus, dass sie das österreichische
Gruppensteuermodell für eine grandiose Erfolgsgeschichte halte, die zur Vollbeschäftigung beiträgt.
Eine grundsätzliche Änderung in diesem Bereich würde Arbeitsplätze gefährden, Investitionen
hemmen und Betriebsansiedlungen verhindern, warnte Fekter. Sollte es jedoch in einzelnen Bereichen Missbrauch geben,
könne man über geeignete Maßnahmen reden. Die großen heimischen Leitbetriebe zahlen insgesamt
75 % der in Österreich eingenommenen Körperschaftssteuer, antwortete die Ministerin dem Abgeordneten
Peter HAUBNER (V) auf eine weitere Zusatzfrage. Veränderungen in diesem Sektor würden dem Staat daher
Milliarden kosten, gab Fekter zu bedenken. Was die kleinen Betriebe und Einzelpersonen-Unternehmen angeht, so werde
sie keine Verschlechterungen der Rahmenbedingungen zulassen; deren Steuerlast sollte eher gesenkt werden (Frage
des Abgeordneten Stefan Markowitz, B). Auf eine Zusatzfrage der Abgeordneten Ruperta LICHTENECKER (G) reagierte
die Finanzministerin mit der Feststellung, Österreich habe im OECD-Vergleich ein sehr gutes Forschungsförderungssystem.
Eine weitere Verbesserung könnte man durch Entfall des Deckels bei der Forschungsprämie erreichen. Was
die Universitäten betrifft, soll es ein neues Konzept geben. Sie habe bereits mit Minister Töchterle
vereinbart, dass die Unis für die Planungsperiode 2013-2015 "frisches Geld" in Form eines Strukturfonds
bekommen. Sodann ging Fekter nochmals auf die Gruppenbesteuerung ein, die vom Abgeordneten Bernhard THEMESSL (F)
thematisiert wurde. Es sei nicht richtig, dass die Banken in dem permanent kolportierten Ausmaß der Gruppenbesteuerung
unterliegen. Sie sei nicht bereit, hier Änderungen vorzunehmen, die Betriebe sollen nicht verunsichert werden,
unterstrich Fekter.
Frage des Abgeordneten Konrad Steindl (V): Welche budgetären und standortpolitischen Auswirkungen hatte
die Einführung der Gruppenbesteuerung im Jahre 2005?
Antwort: Finanzministerin Maria Fekter wies eingangs darauf hin, dass insgesamt 1,4 Millionen Arbeitnehmer in Betrieben
beschäftigt sind, die der Gruppenbesteuerung unterliegen. 14.000 Unternehmen nützen diese Form der Besteuerung
und deren Steueraufkommen ist seit 2005 auch sukzessive angestiegen, teilte die Ministerin mit. Da der Wirtschaftsstandort
Österreich so attraktiv wie möglich gestaltet werden soll, werde am Modell der Gruppenbesteuerung auch
sicher nichts verändert, bekräftigte Fekter. Sollte es zu missbräuchlichen Verwendungen kommen,
werde man sich das im Detail anschauen und eventuell Korrekturen vornehmen (Frage des Abgeordneten Roman HAIDER,
F). In Bezug auf die Zusatzfrage des Abgeordneten HAUBNER (V), der die Absenkung der Körperschaftssteuer von
34 % auf 25 % ansprach, informierte die Finanzministerin darüber, dass nach dieser Maßnahme wesentlich
mehr Steuern eingenommen wurden. Der Abgeordneten Ruperta LICHTENECKER (G) teilte die Ressortchefin mit, dass die
Ökologisierung des Steuersystems bereits in Angriff genommen wurde; dieser Weg soll auch in Zukunft fortgesetzt
werden. Insbesondere sei eine Strukturreform erforderlich, die auf eine Beseitigung der Schwächen des Systems
sowie auf eine gleichzeitige Aufrechterhaltung des bisherigen Steueraufkommens abzielt. |