Forscherteam mit RUB-Beteiligung optimiert Elektronenübertragung zwischen Proteinen –
Entscheidender Schritt für die lichtgetriebene Wasserstoffherstellung
Bochum (universität) - RUB-Forscher haben in Kooperation mit Kollegen der Pennsylvania State
University ein biologisches System konstruiert, das mit Lichtenergie effizient Wasserstoff herstellt. Schlüssel
zum Erfolg war es, ein lichtaktiviertes Protein und ein wasserstoffproduzierendes Enzym so zu verändern, dass
Elektronen effizient von einem zum anderen Protein wanderten. „Wasserstoff hat ein großes Potential als regenerativer
Energieträger“, sagt RUB-Biologe Prof. Dr. Thomas Happe aus der AG Photobiotechnologie. „Derzeit wird aber
sämtlicher industriell hergestellter Wasserstoff aus fossilen Energieträgern gewonnen.“ Die Ergebnisse
sind in den Zeitschriften Proceedings of the National Academy of Sciences und Journal of Biological Chemistry veröffentlicht.
Drei Elemente für die regenerative Wasserstoffproduktion
Industriell geeignete Katalysatoren für die regenerative Wasserstoffproduktion gibt es nicht, aber die in
der Natur vorkommenden Proteine Photosystem II, Photosystem I und Hydrogenase führen genau die dafür
erforderlichen Aufgaben aus. Lichtgetrieben spaltet das Photosystem II Wasser in Sauerstoff, Protonen und Elektronen.
Die dabei frei werdenden Elektronen leitet es zum Photosystem I, welches – ebenfalls lichtgetrieben – die Elektronen
zur Hydrogenase transportiert. Dieses Enzym setzt Elektronen und Protonen zu Wasserstoff um. „Allerdings gibt es
nur wenige Organismen, die natürlicherweise alle drei Proteinkomplexe vereinen“, erklärt Dr. Philipp
Knörzer von der RUB. „In allen ist der Elektronentransfer vom Photosystem I auf die Hydrogenase sehr ineffizient.“
Genau an dieser Stelle setzten die Forscher an.
Künstliches System effizienter als Natur
Damit Elektronen effizient vom Photosystem I zur Hydrogenase fließen, koppelten die Forscher beide Proteine
über ein kurzes organisches Molekül (Dithiol), den so genannten Linker. In beiden Proteinen mutierten
sie zunächst gezielt eine Aminosäure im elektronenleitenden Bereich, um eine Bindestelle für den
Linker zu schaffen. Hydrogenase, Photosystem I und Linker bildeten anschließend spontan einen Komplex, wenn
die Forscher sie zusammengaben. In dem Komplex maßen sie einen Transfer von 105 Elektronen pro Sekunde; ohne
Linker fand kein messbarer Elektronenfluss statt. „Die Elektronenleitung ist extrem schnell“, erklärt Happe,
„schneller als bei der natürlichen Photosynthese in Pflanzen. Man würde denken, dass ein biologisches
System, das sich über Jahrmillionen entwickelt hat, nicht noch zu verbessern ist.“
System mit wirtschaftlich interessanter Leistung
Bereits in früheren Studien testete Happes Team Linker, um Elektronen zwischen Photosystem I und Hydrogenase
zu leiten. In den letzten zwei Jahren variierten die Biologen verschiedene Parameter, wie etwa die Länge des
Moleküls, und optimierten so den Linker. „Dadurch ist die Wasserstoffproduktion 70 bis 80 mal höher als
in früheren Versuchen. Außerdem produzierte das künstliche System stabil Wasserstoff über
einen Zeitraum von drei Monaten“, sagt Happe. „Da kommen wir schon in den wirtschaftlich interessanten Bereich.“
Zurzeit ist die Wasserstoffproduktion noch von einem Zusatzstoff (Ascorbat) abhängig, der die notwendigen
Elektronen liefert. Um Wasserstoff komplett regenerativ aus Wasser herzustellen, muss das System in Zukunft noch
um das Protein Photosystem II erweitert werden. Das Forschungsprojekt wird von der VolkswagenStiftung unterstützt.
Was Mutationen einzelner Aminosäuren bewirken
Auch in einem anderen Projekt wandte Happes Team die so genannte „single site-directed“-Mutagenese auf die Hydrogenase
an. Die Forscher mutierten einzelne DNA-Bausteine, um im Protein eine einzige Aminosäure auszutauschen. Im
Journal of Biological Chemistry zeigten sie, was die winzigen Änderungen bewirken. Das katalytische Zentrum
der Hydrogenase, an dem die Wasserstoffproduktion erfolgt, besteht aus Eisen- und Schwefelatomen und wird H-Cluster
genannt. Die Mutation einzelner Aminosäuren in der unmittelbaren Umgebung des H-Clusters störte die Struktur
des Enzyms nicht maßgeblich; der Cluster blieb am Protein gebunden. Dennoch verlor das Enzym seine Fähigkeit,
Wasserstoff zu produzieren. „Diese Aminosäuren sind wahrscheinlich direkt am katalytischen Mechanismus des
Enzyms beteiligt und die Wasserstoffbildung ist komplizierter als man bisher vermutet hat“, erzählt Happe.
Titelaufnahmen
C.E. Lubner, A.M. Applegate, P. Knörzer, A. Ganagoc, D.A. Bryant, T. Happe, J.H. Golbeck (2011): Solar hydrogen-producing
bionanodevice outperforms natural photosynthesis, PNAS, doi: 10.1073/pnas.1114660108
P. Knörzer, A. Silakov, C.E. Foster, F.A. Armstrong, W. Lubitz, T. Happe (2012): Importance of the protein
framework for catalytic activity of [FeFe]-Hydrogenases, The Journal of Biological Chemistry, doi: 10.1074/jbc.M111.305797 |