Aktuelle Aussprache über Pensionen, Mindestsicherung und Pflege
Wien (pk) - Ein – mit S-V-B-Mehrheit zur Kenntnis genommener - Bericht über den Vollzug und
die Wirkungen der Kurzarbeit, die in Österreich im Jahr 2009 als Reaktion auf die Auswirkungen der Finanz-
und Wirtschaftskrise in großem Umfang eingesetzt wurde, stand als erster Punkt auf der Agenda des Sozialausschusses
am 02.03.. Nach Auffassung von Bundesminister Rudolf Hundstorfer habe das Instrument der Kurzarbeit hervorragend
funktioniert und zur Sicherung der Arbeitsplätze beigetragen, was auch vom WIFO bestätigt wurde. Im Anschluss
an die Debatte über den Bericht fand eine Aussprache über aktuelle Fragen aus dem Arbeitsbereich des
Ausschusses statt, wobei vor allem die Themen Pensionsreform, bedarfsorientierte Mindestsicherung sowie der Pflegebereich
im Mittelpunkt standen.
Bericht über Vollzug und Wirkungen der Kurzarbeit seit 2009
Der Sozialminister hat dem Nationalrat einen Bericht über Vollzug und Wirkungen der Kurzarbeit seit dem Jahr
2009 vorgelegt, der darüber informiert, dass dieses arbeitspolitische Instrument in 500 Unternehmen für
rund 66.500 kurzarbeitende Beschäftigte zum Einsatz kam. Auch im Jahr 2010, als sich die Konjunktur langsam
wieder erholte, übten 23.700 Personen in 260 Betrieben Kurzarbeit aus. Die gesamten Ausgabenvolumen beliefen
sich dabei auf 113,52 Mio. € (2009) bzw. 54,9 Mio. € (2010). Nach Branchen betrachtet betrafen die Kurzarbeitshilfen
in beiden Jahren in erster Linie die Automobilindustrie und ihre Zulieferbetriebe sowie den Maschinenbau. Hinsichtlich
der arbeitsmarktpolitischen Wirkung des Einsatzes von Kurzarbeitshilfen zur Überbrückung der im Zuge
der Finanz- und Wirtschaftskrise aufgetretenen Beschäftigungsschwierigkeiten könne eine eindeutig positive
Bilanz gezogen werden, zitierte Bundesminister Rudolf Hundstorfer den Bericht, "dieses Instrument funktioniert
hervorragend". Auch das österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) habe bestätigt,
dass die Kurzarbeit in Österreich seine intendierte beschäftigungsstabilisierende Funktion erfüllt
hat.
Abgeordnete Birgit Schatz (G) bemängelte, dass der Bericht sehr kurz ausgefallen ist und wenig konkrete Details
enthalte. Genauere Ausführungen hätte sie sich etwa hinsichtlich der Gründe für die Gewährung
der Kurzarbeitshilfe, der geringen Inanspruchnahme der Qualifizierungsmaßnahmen oder der mittelfristigen
Auswirkungen auf die Beschäftigung gewünscht.
Der Bericht zeige, dass der Einsatz der Kurzarbeit in Zeiten der Wirtschaftskrise einen wichtigen Beitrag zur Sicherung
der Arbeitsplätze leistet, meinte Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (B). Allerdings sei er der Auffassung,
dass der Zugang zur Kurzarbeit für viele kleine und mittelständische Unternehmen zu kompliziert sei.
Außerdem wollte er ebenfalls wie seine Vorrednerin wissen, wie viele Arbeitnehmer etwa ein halbes Jahr nach
Beendigung der Kurzarbeit arbeitslos gemeldet waren.
Abgeordneter Karl Öllinger (G) räumte zunächst ein, die Kurzarbeit habe besser funktioniert, als
er sich das erwartet hat. Er schloss sich jedoch der Kritik seiner Fraktionskollegin Schatz an und beklagte die
mangelnde Ausführlichkeit des Berichts. Im besonderen ging Öllinger auf die Förderung der Betriebe
von Alfons Mensdorff-Pouilly ein, der eine Kurzarbeitshilfe zugesprochen bekam, obwohl das AMS Wien dagegen war.
Abgeordneter Franz Riepl (S) führte das gute Funktionieren dieses arbeitspolitischen Instruments auf die Zusammenarbeit
der Sozialpartner zurück. Dem Abgeordneten Öllinger gegenüber merkte er an, dass die unterschiedliche
Reduktion der Arbeitszeiten bei Arbeitern und Angestellten vor allem darauf zurückzuführen sei, weil
der Einbruch vor allem die Produktion betroffen habe. Gleichzeitig wurden aber oft die Verkaufs- und Marketingaktivitäten
verstärkt, weshalb sich bei den Angestellten ein anderes Bild ergebe.
Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (V) begrüßte ausdrücklich den Einsatz der Kurzarbeit,
weil dies sowohl Vorteile für die Arbeitnehmer als auch für die Unternehmen habe. Sie wünschte sich
allerdings einen unbürokratischeren Zugang, damit mehr KMU diese Förderung in Anspruch nehmen können.
Abgeordnete Ursula Haubner (B) sprach von einer generell sehr wichtigen Maßnahme und interessierte sich insbesondere
für den Frauenanteil in Bezug auf die Kurzarbeit. Ihrer Auffassung nach sollten auch die Rahmenbedingungen
für die Qualifizierungsmaßnahmen noch verbessert werden. Auch Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein
(F) gab ebenso wie ihre Vorrednerin zu bedenken, dass die Regelungen für die Inanspruchnahme der Kurzarbeit
sehr kompliziert gestaltet seien. Sie wollte zudem wissen, welche budgetären Vorkehrungen in diesem Bereich
gemacht wurden.
In Beantwortung der einzelnen Fragen wies Sozialminister Rudolf Hundstorfer darauf hin, dass zum jetzigen Zeitpunkt
1.529 Personen für Kurzarbeit angemeldet sind. Es gebe auch keine Anzeichen dafür, dass diese Maßnahme
weiter ausgebaut werden müsse. Was die budgetären Möglichkeiten betrifft, so agiere man mit einer
Parameterverordnung, die mit Ende 2014 befristet ist. Im konkreten bedeutet das, dass ausreichend Gelder vorhanden
sind, sollte es die Notwendigkeit dafür geben.
Was den Zugang zur Kurzarbeit angeht, so werden die Richtlinien vom Verwaltungsrat des AMS festgelegt. Der Weg
sei vielleicht ein wenig mühsamer als in der BRD, räumte der Minister ein, allerdings sei er auch sehr
froh darüber, dass in Österreich kein einziger Betrugsfall aufgetreten ist. Im Vergleich dazu sind in
Deutschland 130 Gerichtsverfahren anhängig sind, die Missbrauchsfälle im Zusammenhang mit der Kurzarbeit
untersuchen. Der überproportionale Anstieg des Frauenanteils ergebe sich dadurch, dass zwei große Unternehmen,
die sehr viele weibliche Beschäftigte haben (Triumph und AUA) Kurzarbeit beantragt haben. Er könne auch
gerne noch weitere Daten zu den Verlaufskarrieren nachliefern, allerdings müsse man bei Bewertung der Fakten
bedenken, dass eine Million Österreicher pro Jahr ihren Arbeitsplatz wechseln; dies mache eine Analyse etwas
schwierig.
Der Abgeordneten Ursula Haubner teilte der Sozialminister noch mit, dass die Qualifizierungsmaßnahmen ein
wichtiger Schwerpunkt sind und allein im letzten Jahr 23 Mio. € für die Weiterbildung von in Dienstverhältnissen
stehenden Personen aufgewendet wurde.
Schließlich wurde der Bericht mit S-V-B-Mehrheit zur Kenntnis genommen.
Aktuelle Aussprache – Pensionsreform, Pflege, Mindestsicherung
Eingeleitet wurde die Aussprache von Abgeordnetem Norber Hofer (F). Er gab im Zusammenhang mit der bedarfsorientierten
Mindestsicherung zunächst zu bedenken, dass es derzeit keine Möglichkeit zur Überprüfung von
Vermögenswerten im Ausland gibt. Er erkundigte sich zudem nach den Plänen bezüglich der Anhebung
des faktischen Pensionsantrittsalters.
Abgeordneter Karl Öllinger (G) wollte wissen, welche Vorstellungen Minister Hundstorfer zur Pensionsreform
hat. Die derzeitige Gesetzeslage sei völlig intransparent und nicht mehr durchschaubar, da ständig Änderungen
vorgenommen wurden.
Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (B) appellierte an den Minister, bei den Budgetmitteln für behinderte Menschen
keine Kürzungen vorzunehmen. Weitere Fragen betrafen die Anhebung des Pensionsantrittsalters, den Berufsschutz
bei Arbeitslosen sowie die Transparenzdatenbank.
Abgeordneter August Wöginger (V) bekräftigte, dass das Pensionssystem vereinfacht und nachhaltig gestaltet
werden müsse. Bei den Invaliditätspensionen müsse man aus den Erfahrungen vom letzten Paket lernen
und danach trachten, dass sie jenen Menschen zukommt, die sie auch wirklich brauchen. Ein positives Urteil fällte
Wöginger bezüglich der bedarfsorientierten Mindestsicherung, die eine Vereinheitlichung der Sozialhilfe
gebracht hat und nachgewiesenermaßen als Sprungbrett zurück zum Arbeitsmarkt funktioniert.
Abgeordneter Oswald Klikovits (V) befasste sich mit dem Pflegefondsgesetz. Aufgrund seiner Erfahrungen im Burgenland
habe er den Eindruck, dass das Geld nicht immer zu denen komme, die es wirklich brauchen.
Abgeordneter Franz-Joseph Huainigg (V) wies darauf hin, dass junge behinderte Menschen nicht ausreichend unterstützt
werden, um am Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können und oft gleich in die Pension geschickt werden.
Weiters stellten die Ausschussmitglieder noch Fragen zu folgenden Themen: Umsetzung der Leiharbeiter-Richtlinie,
Teilzeitjobs und Generation Praktikum (Abgeordnete Birgit Schatz, G), Umstellungen im Pflegegeldbereich (Abgeordnete
Ulrike Königsberger-Ludwig, S), nationaler Aktionsplan, Sonderschulen und persönliche Assistenz am Arbeitsplatz
(Abgeordnete Helene Jarmer, G) Bekämpfung der Schwarzarbeit und Auswirkungen der Ostöffnung auf den Arbeitsmarkt
(Abgeordneter Norbert Hofer, F)
Bundesminister Rudolf Hundstorfer stellte einleitend fest, er könne zu den Fragen über die Pensionsreform
derzeit noch wenig sagen, da die Verhandlungen mit dem Regierungspartner noch laufen. Im Grunde habe man auch bereits
ein einheitliches Pensionsrecht, dies sehe jedoch sehr lange Übergangsfristen vor. Generell sei er jedoch
der Ansicht, dass "Österreich später in Pension gehen müsse." Man habe auch schon einiges
unternommen (Ausbau von Rehab-Maßnahmen, "Fit for work"), unterstrich der Minister. Die Zahlen
beweisen, dass die Instrumente greifen: minus 2,3 % bei den Pensionsneuzugängen, minus 5,5 % bei Zuerkennungen
für die Invaliditätspension und minus 8,4 % bei den Langzeitversichertenpensionen. Auch wenn man vielleicht
noch von keinem Trend sprechen könne, aber laut Zahlen der PVA ist das Pensionsantrittsalter von 60,7 auf
60,8 Jahre gestiegen, merkte der Ressortchef an. Sehr erfreulich sei auch, dass es gelungen sei, zusätzlich
40.000 ältere Arbeitnehmer wieder in Beschäftigung zu bringen. Große Sorgen bereite ihm weiterhin
die Tatsache, dass der Anteil der Invaliditätspensionen insgesamt 30,6 % in Bezug auf alle Eigenpensionsantritte
ausmache; hier müsse dringend etwas unternommen werden.
In Bezug auf die bedarfsorientierte Mindestsicherung informierte Hundstorfer darüber, dass die Ausschreibung
für die Evaluierung abgeschlossen ist und in Kürze ein Unternehmen damit beauftragt wird. Auch hinsichtlich
der Überprüfung der Vermögenswerte im Ausland gebe es Bestrebungen, die österreichischen Botschaften
verstärkt einzubeziehen und auf bilateraler Ebene enger zu kooperieren. Die Ansuchen in Wien seien seiner
Meinung nach deshalb zahlreicher, weil es dort den höchsten Kinderzuschlag gibt. Insgesamt zog der Sozialminister
eine positive Bilanz. Die bedarfsorientierte Mindestsicherung sei "keine Hängematte, sondern ein Trampolin
geworden".
Dem Abgeordneten Klikovits teilte Hundstorfer mit, dass die Länder aufgrund der gesetzlichen Vorgaben des
Pflegefondsgesetzes dem Ministerium Pläne vorlegen müssen, in welchen Bereichen sie tätig werden
wollen. Erst dann können die Gelder ausbezahlt werden. Das Burgenland habe z.B. gemeldet, dass sie zusätzliche
Mittel (+1,5 %) in den mobilen Pflegedienst investieren wollen. Insgesamt wurden im letzten Jahr 100 Mio. € ausgeschüttet,
heuer sollen es 150 Mio. € sein.
Dem Abgeordneten Dolinschek versicherte der Minister, dass eine Kürzung der Mittel für behinderte Menschen
nicht in Diskussion stehe. Es werde auch intensiv darüber nachgedacht, in welcher Weise man vor allem junge
behinderte Menschen fördern könne, damit sie nicht ohne weitere Perspektiven in die Pension geschickt
werden.
Auf eine Frage des F-Abgeordneten Norbert Hofer merkte der Minister an, dass seit der Öffnung des Arbeitsmarktes
für die osteuropäischen Nachbarstaaten 21.736 Personen aus diesen Ländern angemeldet wurden. |