Eisenstadt (haydnfestival) - Zum wahrscheinlich ersten Mal seit mehr als 200 Jahren und nur für
kurze Zeit waren an diesem Freitag im HaydnZentrum Eisenstadt die beiden existierenden originalen Haydn-Porträts
des österreichischen Malers Ludwig Guttenbrunn vereint. Sie gehören zu den berühmtesten Darstellungen
des Komponisten.
Auf Initiative der Haydn Festspiele Eisenstadt standen die beiden Gemälde mit dem Porträt des Eisenstädter
Komponisten Joseph Haydn, angefertigt in Öl auf Holz vom österreichischen Maler Ludwig Guttenbrunn (1750-1819),
vielleicht zum ersten Mal seit über 200 Jahren wieder beisammen.
Begonnen hat Alles während der 23. Internationalen Haydntage 2011, als Gäste in der Pause eines Konzerts
den Intendanten der Haydn Festspiele, Dr. Walter Reicher, ansprachen, sie seien in Besitz des zweiten Haydn-Porträts
aus der Hand des Malers Ludwig Guttenbrunn. Man blieb in Kontakt und die Idee einer Gegenüberstellung der
beiden Werke wurde geboren. Nach einem halben Jahr ist es heute soweit, beide Gemälde sind in Eisenstadt vereint
zu sehen.
Besitzer und Provenienz:
Das eine der beiden Gemälde (Fassung A) ist seit 1975 im Besitz des Landes Burgenland. Im Haydn Haus Eisenstadt
ist es der Öffentlichkeit seither präsentiert. Für Fassung A belegt die Provenienz Joseph Haydn
selbst und vormals seine Frau Maria Anna als ehemalige Besitzer. Sie galt lange Zeit als verschollen, bis sie von
dem berühmten Haydn-Forscher Dr. H. C. Robbins Landon wiederentdeckt und ein Ankauf durch das Land Burgenland
vermittelt wurde.
Fassung B des Gemäldes befindet sich in Londoner Privatbesitz, ist nicht öffentlich ausgestellt und nur
heute durch Medienvertreter der Öffentlichkeit zugänglich.
Bildinhalt:
Sowohl Fassung A als auch Fassung B sind weder signiert noch datiert. Beide Porträts sind vom Bildaufbau und
–sujet identisch: Sie zeigen Joseph Haydn komponierend an einem Pianoforte sitzend; die Unterscheidung erfolgt
anhand weniger abweichender Details in Fassung B.
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Ludwig Guttenbrunn, Porträt
Joseph Haydn, Privatbesitz London
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Ludwig Guttenbrunn, Porträt
Joseph Haydn, Haydn Haus Eisenstadt
© Landesmuseum Burgenland
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Datierung und Forschungsstand
Da beide Ölgemälde undatiert sind, erweist sich die Datierung als schwierig. Die Forschung präsentiert
dazu drei Thesen:
- Für das Entstehungsjahr 1791 beider Fassungen in London sprechen zwei Eintragungen in Haydns Londoner
Notizbüchern. Darin werden Ludwig Guttenbrunn und drei weitere Maler erwähnt, die Joseph Haydn in England
porträtiert haben. Im Jahr 1791, während Haydns London-Aufenthalt, stellte Guttenbrunn zum zweiten Mal
in der Royal Academy aus. Haydns Porträt befand sich unter den gezeigten Werken. Die zwei vorhandenen Fassungen
lassen sich durch die Überarbeitung der einen für eben diese Ausstellung erklären.
- Biographische Fakten sprechen für eine Entstehungszeit beider Gemälde um 1770. Ludwig Guttenbrunn
verweilte 1771/1772 in Schloss Ezterháza, um dekorative Malereien und ein Porträt von Nikolaus Esterházy
II auszuführen. Darüber hinaus erwähnt Haydns Biograph Griesinger in einem Brief an die Verleger
Breitkopf und Härtel in Leipzig, dass Guttenbrunn der ehemalige Liebhaber von Haydns Gattin Maria Anna gewesen
sei „und daher trenne sich seine Frau so selten als möglich von seinem Portrait“. Für diese Beziehung
zwischen Guttenbrunn und Haydns Frau kommen nur die genannten Jahre vor Guttenbrunns Abreise nach Rom in Frage,
da beide nie wieder danach aufeinandertrafen. Nicht zuletzt liefern die beiden Gemälde selbst ein Indiz: Sie
zeigen den jungen Haydn um 1770.
- Die erste Fassung (A) entstand um 1770 und die zweite, Fassung B, 1791 in London als detailliertere Ausführung
für die Ausstellung der Royal Academy und/oder als Vorlage für den Kupferstecher Luigi Schiavonetti (1765-1810).
Wahrscheinlich ist, aufgrund des Bildinhaltes, dass das Eisenstädter Porträt (Fassung A) chronologisch
vor Fassung B entstand, da ihm einige Details aus Fassung B fehlen, die Guttenbrunn in seiner zweiten Ausführung
(Fassung B) hinzufügte.
Im Vorfeld des Pressetermins fand ein intensives Gespräch zwischen dem Haydn-Experten Dr. Walter Reicher und
dem englischen Besitzer statt. Nach der heutigen Präsentation kehren beide Gemälde wieder an ihren angestammten
Platz zurück.
„Die gemeinsame Präsentation der beiden Haydn-Porträts von Guttenbrunn aus Eisenstadt und England verweist
nicht nur auf die Reisetätigkeit von Joseph Haydn und seine zeitgenössische europaweite Berühmtheit,
sondern steht auch symbolhaft für die Internationalität des Komponisten in der Musikwelt des 21. Jahrhunderts.“
Helmut Bieler, Landesrat für Kultur und Finanzen, Burgenland
„Das Zusammentreffen der beiden Haydn-Bildnisse ist eine einmalige Gelegenheit, sie gemeinsam zu präsentieren
und eine große Chance ihre Werkgeschichte zu präzisieren.“
Dr. Walter Reicher, Intendant Haydn Festspiele Eisenstadt
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