Bericht über EU-Wirtschaftspolitik 2012 liegt vor
Wien (pk) - Der nunmehr vorliegende Bericht des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und
Jugend (BMWFJ) über die Vorhaben der Europäischen Union im Jahr 2012 ist geprägt von der internationalen
Staatsschulden- und Finanzkrise sowie deren Folgen für die Realwirtschaft. So setzen sowohl die Europäische
Kommission als auch die Ratspräsidentschaften in ihren Arbeitsprogrammen Schwerpunkte und Maßnahmen
gegen die Krise mit dem Ziel, nachhaltige öffentliche Finanzen zu erzielen, Arbeitsplätze zu schaffen,
den Binnenmarkt zu stärken sowie die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit Europas zu forcieren.
Zur Überwindung der Krise seien neben den Maßnahmen der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten gemeinsame Anstrengungen
auf EU-Ebene wichtiger denn je, betont Bundesminister Reinhold Mitterlehner im Vorwort zum Bericht. Nur so könnten
wieder solide makroökonomische Rahmenbedingungen etabliert werden, wie sie für Wachstum und Innovation
der Unternehmen entscheidend sind. Besonders wichtig seien daher aus Sicht des Ministeriums die Vorhaben der EU
im Rahmen der Binnenmarkt- und Industriepolitik sowie in den Bereichen Energie, Außenwirtschaft und Handelspolitik.
Die aktive Mitgestaltung und politische Einflussnahme in Europa sei dabei, wie Mitterlehner unterstreicht, für
den Standort Österreich und die langfristige Wettbewerbsfähigkeit des Landes von zentraler Bedeutung.
Mehr Wachstum durch mehr Binnenmarkt
Eine Schlüsselrolle bei der Schaffung von Arbeitsplätzen und Wachstum weist der Bericht der Ankurbelung
des Binnenmarkts zu. Unter den vorgesehenen Maßnahmen der Binnenmarktsakte, die bis Jahresende verwirklicht
werden sollen, begrüßt Österreich vor allem die Vorschläge zum Normierungspaket, die Überarbeitung
der Vergaberechtsvorschriften, die Erleichterung der grenzüberschreitenden Tätigkeit von Risikokapitalfonds
sowie die Überarbeitung der Berufsanerkennungsrichtlinie.
"Erasmus für alle" soll auch Mobilität der Lehrlinge fördern
Mit Nachdruck unterstreicht der Bericht zudem auch den Stellenwert der Lehrlingsausbildung, wobei das duale Ausbildungssystem
europaweit als "best practice" bezeichnet wird. Die europäischen Bemühungen zielen auf eine
Erhöhung des Anteils der Absolventen einer Lehrlingsausbildung sowie auf das Senken der Schulabbrecherquote
ab, heißt es. Als wichtigste Maßnahmen nennt der Bericht die Erhöhung der Attraktivität der
Lehrlingsausbildung, aber auch die Verbesserung der Anerkennungssysteme und Erhöhung der Mobilität. Das
Ministerium begrüßt dabei insbesondere das EU-Mobilitätsprogramm "Erasmus für alle"
und tritt dafür ein, neben den formalen Bildungsangeboten auch benachteiligte junge Menschen durch niederschwellige
nichtformale Angebote im Programm zu unterstützen. Gefördert werden überdies auch Auslandspraktika,
die bei der betrieblichen Lehrstellenförderung ab 2012 einen weiteren Schwerpunkt bilden werden. Unternehmen,
deren Lehrlinge ein Praktikum absolvieren, soll in diesem Sinn der auf den Austauschzeitraum aliquotierte Teil
der Lehrlingsentschädigung ersetzt werden.
Energieeffizienz: Vorbildwirkung des öffentlichen Sektors
Neben der Industriepolitik – der Bericht bekennt sich u.a. zur Entwicklung von Technologien mit geringeren CO2-Emissionen
und setzt in der Automobilbranche auf die Elektromobilität – wird auch der Energiepolitik Priorität eingeräumt.
So sieht ein Energieeffizienzplan der Kommission verbindliche Maßnahmen vor, die darauf hinauslaufen, einen
erheblichen Beitrag des EU-weiten Energieeffizienzziels von 20 % bis 2020 zu leisten. Demnach sollen ab 2014 mindestens
3 % der Fläche von im Besitz öffentlicher Einrichtungen befindlicher Gebäude auf den gesetzlich
vorgeschriebenen Mindeststandard saniert werden, um die Vorbildwirkung des öffentlichen Sektors zu unterstreichen.
Ferner hat jedes Mitgliedsland ein Energiesparverpflichtungssystem einzuführen. Was nun die Zukunft des europäischen
Energiesystems betrifft, bleibt das Ziel einer Reduktion von Treibhausgasen bis 2050 um 80 % aufrecht. Österreich
wird sich, wie der Bericht betont, an der Diskussion weiterhin aktiv beteiligen und an der Umsetzung der Ziele
arbeiten. Die Wahl des Energiemixes bleibt aber jedem Staat selbst überlassen, heißt es ausdrücklich.
Österreich für erneuerbare Energie, gegen Kernkraft
Auf dem Gebiet der Energietechnologien soll der im Aufbau befindliche Strategieplan für Energietechnologien
(SET-Plan) angesichts der energie- und klimapolitischen Ziele für 2020 und 2050 ausgeweitet werden. Die finanziellen
Mittel dazu – der Bericht geht von einer Größenordnung von 70 Mrd. € über insgesamt zehn Jahre
aus – sollen sowohl aus EU-Geldern als auch von den Mitgliedstaaten kommen, die gemeinsamen Förderaktivitäten
und Programmplanungen sollen dabei aber auf Basis der Freiwilligkeit erfolgen. Das BMWFJ stellt dazu klar, dass
eine Ausweitung des Beitrags zur Kernspaltung aus Gemeinschaftsmitteln von Österreich strikt abgelehnt wird,
an allen anderen Initiativen (Wind, Solar, Bioenergie, Smart Grids und Smart Cities) aber grundsätzliches
Mitwirkungsinteresse besteht. Die überwiegende Ausrichtung des SET-Plans auf Großprojekte und der mangelnde
Fokus auf Energieeffizienz werden allerdings als problematisch gesehen. Der Bericht weist in diesem Zusammenhang
auf die österreichische Position hin, Heizen und Kühlen mit erneuerbaren Energien als weitere SET-Plan-Initiative
zu verankern. |