Rauriser Literaturpreis geht an die Kärntner Autorin Maja Haderlap   

erstellt am
07. 02. 12

Brenner: Renommierte Lyrikerin erhält mit 8.000 Euro dotierten Preis für ihren Debütroman / Förderungspreis für Elke Laznia
Salzburg (lk) - Der mit 8.000 Euro dotierte Rauriser Literaturpreis geht heuer an die bekannte und profilierte Autorin Maja Haderlap. Sie erhält den Preis für ihren Debütroman "Engel des Vergessens", der 2011 im Verlag Wallstein in Göttingen erschien. Das gab Kulturreferent Landeshauptmann-Stellvertreter Mag. David Brenner am 07.02. bekannt. Der Preis wird jährlich für die beste Prosa-Erstveröffentlichung im deutschen Sprachraum vergeben. Den Rauriser Förderungspreis erhält die 1974 in Klagenfurt geborene und seit 1994 in Salzburg lebende Autorin Elke Laznia.

"Der Rauriser Literaturpreis 2012 wird für ein Buch verliehen, dem es in überzeugender Weise gelingt, Zeitgeschichte und Familienerzählung zu verbinden. In 'Engel des Vergessens' geht es über mehrere Generationen hinweg um das Geschick der slowenischsprachigen Volksgruppe in Kärnten", so Kulturreferent Brenner.

Die Jury für den Rauriser Literaturpreis 2012, der die Berliner Literaturkritikerin Mag. Sigrid Löffler, die Schweizer Literaturkritikerin Dr. Angelika Overath und der Klagenfurter Universitätsprofessor Dr. Arno Russegger angehörten, begründetenihre Entscheidung unter anderem wie folgt: "…Doch den Erinnerungen nähert sich die Autorin über das Vergessen, indem sie genau jene Teile der offiziellen Erinnerungskultur thematisiert, die verschwiegen, tabuisiert und aus politischem Kalkül verdrängt worden sind. Die Ich-Erzählung ist von einer besonderen Innigkeit der Menschendarstellung, etwa der geliebten Großmutter oder des Vaters, gekennzeichnet. Kunstvoll hinein verwoben sind andere Stillagen – vom Mythos bis zu Erinnerungen an Erinnerungen, von lyrischen Passagen bis zu kritischen Reflexionen. Was man kaum mehr für möglich gehalten hätte, wird hier zum literarischen Ereignis: ein Buch hat in seiner poetischen Kraft das Selbstbewusstsein einer Gesellschaft verändert."

Die Kärntner Slowenin Maja Haderlap wurde 1961 in Bad Eisenkappel in Kärnten geboren und gewann im Vorjahr den Ingeborg-Bachmann-Preis für ihren Text "Im Kessel". Maja Haderlap gilt seit Langem als die bedeutendste lyrische Stimme unter den slowenischen Österreicherinnen. Seit ihrem ersten Gedichtband aus dem Jahr 1983 hat sie sich im Bundesland Kärnten als eine der bemerkenswertesten Kräfte der Gegenwartsliteratur etabliert. Sie ist zweisprachig aufgewachsen und schreibt sowohl in Slowenisch als auch in Deutsch.

Maja Haderlap studierte Theaterwissenschaften und Deutsche Philologie an der Universität Wien und hat als Dramaturgie- und Produktionsassistentin in Triest und in Ljubljana gearbeitet. Von 1998 bis 1992 war sie Redakteurin und Herausgeberin einer Kärntner slowenischen Literaturzeitschrift namens mladje. Seit 1989 erfüllt sie regelmäßig Lehraufträge am Institut für Kultur-, Literatur- und Musikwissenschaft der Alpen-Adria Universität Klagenfurt. Von 1992 bis 2007 war sie Chefdramaturgin am Stadttheater in Klagenfurt, wo sie nach wie vor lebt und arbeitet.

Maja Haderlap wurde unter anderem 2004 mit dem Hubert-Burda Preis für Lyrik (Förderpreis zum Hermann-Lenz-Preis), 2006/2007 mit dem Österreichischen Staatsstipendium für Literatur, 2008/2009 mit dem Projektstipendium für Literatur, 2009/2010 mit dem Staatsstipendium für Literatur und im Vorjahr mit dem Ingeborg Bachmann-Literaturpreis ausgezeichnet.

"Wir haben also auch heuer wieder eine absolut würdige Gewinnerin des Rauriser Literaturpreises. Sie reiht sich damit ein in eine prominente Liste von Autorinnen und Autoren, die bereits Preisträger waren. Man denke nur an Franz Innerhofer, Michael Köhlmeier, Raoul Schrott, Juli Zeh oder die Literatur-Nobelpreisträgerin von 2009, Herta Müller, die im Jahr 1985 erfolgreich war", erinnerte Kulturreferent Brenner an die lange und erfolgreiche Geschichte des Rauriser Literaturpreises.

Förderungspreis für den Text "Blinde Fenster"
Neben dem Rauriser Literaturpreis wird auch heuer wieder der Rauriser Förderungspreis für bisher unveröffentlichte Prosatexte vergeben. Dieser geht an die 1974 in Klagenfurt geborene und seit 1994 in Salzburg lebende Elke Laznia für ihren Text "Blinde Fenster". Der Preis ist mit 4.000 Euro dotiert; gestiftet wird er je zur Hälfte vom Land Salzburg und der Marktgemeinde Rauris. "43 Einreichungen lagen heuer für diesen Förderungspreis vor. Das grundsätzliche Thema, das auch dieses Mal wieder vorgeschrieben war, lautete 'Rede an mich selbst'. Erfreulicherweise gab es auch hier beim Förderungspreis ein einstimmiges Urteil der Jury", erklärte Mag. Brenner.

Die Jury bestand aus Dr. Petra-Maria Dallinger vom Literaturhaus OÖ/Stifterhaus, Dr. Anna Rottensteiner vom Literaturhaus am Inn in Innsbruck und Dr. Sylvia Treudl vom Literaturhaus NÖ in Krems. In ihrer Begründung führte die Jury aus:

"Der Text 'Blinde Fenster' der Autorin Elke Laznia zeichnet sich durch strukturierten Aufbau und klar durchgearbeiteten Subtext aus. Erzählt wird die Annäherung an eine offenbar von traumatischen Erlebnissen und Feindseligkeiten im Geflecht sozialer Dorfbeziehungen geprägten Kindheit und Jugend. Das zentrale Ich kehrt zurück, um sich im Vergangenen noch einmal zu orientieren, sich Verlorenes anzueignen – endlich die eigene Sprache zu erobern. Die am Ende eines Abschnitts jeweils wiederkehrenden und in ihrem Gehalt veränderten Aussagen beziehen sich auf den Verlust zum einen – auf die Leichtigkeit des nichtvorhandenen Gepäcks zum anderen – eine Vieldeutigkeit tut sich auf: (Ich habe keine gesammelten Worte. Habe nichts zu werfen.) Im Gegensatz zu häufig vorgefundenem Material, das sich der 'Erinnerungsliteratur' in bekannten Metaphern nähert und vielfach Klischees bedient, arbeitet die Autorin mit Assoziation und radikalen, archaischen Sprachbildern. Ihr Weg durch den Wald, ihr innerer Monolog, der sie auf verstörende Szenen, auf ein ehemals erlebtes Ausgesetztsein zurückwirft, entspricht dem Auftrag, eine Rede an das eigene Ich zu richten, nicht im klassischen Sinn der Rede, sehr wohl aber in einer eigenwilligen und gelungenen Spielart. Der Text beweist poetisches Talent und hohes Potenzial in schlichter Sprache von hoher Eindringlichkeit".
     
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