Innsbruck (rms) - Das Verdienstkreuz ist eine der höchsten Auszeichnungen der Stadt Innsbruck und wird
an Persönlichkeiten verliehen, die sich um die Tiroler Landeshauptstadt besondere Verdienste erworben haben.
Am 13.02. ehrte die Stadt Innsbruck drei ehemalige jüdische Mitbürgerinnen, die im Zuge der nationalsozialistischen
Verfolgungen 1938 bzw. 1939 nach England emigrierten – Vera Graubart, Dorli Neale und Vera Adams. Die Verleihung
fand in der Österreichischen Botschaft in London im Beisein von Botschafter Dr. Emil Brix statt.
„Ich verleihe diese Auszeichnung mit tiefem Respekt“, so Gemeinderätin Mag.a Gerti Mayr, die die Ehrung in
Vertretung von Bürgermeisterin Mag.a Christine Oppitz-Plörer übernahm. „Sie und Ihre Familien haben
die furchtbaren Ereignisse des Nationalsozialismus in Innsbruck miterlebt. Trotzdem blieb Ihre Nähe zu unserer
Stadt auch in der Ferne stets aufrecht und daher ist die Verleihung des Verdienstkreuzes auch ein Zeichen der Verbundenheit
der Stadt Innsbruck mit Ihnen.“
„Ich bedanke mich bei Gemeinderätin Mag.a Mayr ganz herzlich, dass Sie die Auszeichnungen im Namen der Stadt
Innsbruck persönlich überreicht hat“, so Bürgermeisterin Oppitz-Plörer. „Diese Ehrung nach
so vielen Jahren war mir ein besonders Anliegen.“
Bereits 2011 wurden in Innsbruck Verdienstkreuze an jüdische MitbürgerInnen verliehen. Damals wurden
Abraham Gafni, Judith Shomrony und Richard B. Benson ausgezeichnet.
Die Ausgezeichneten
Vera Adams wurde 1929 in Innsbruck als Tochter von Ernst und Helene Schwarz geboren. Ihr Vater war Gesellschafter
des berühmten Warenhauses „Bauer und Schwarz“. 1938 wurde er enteignet und sechs Monate lang eingesperrt,
ehe er 1939 nach England flüchten konnte. Seine Tochter befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits in England,
da ihre Eltern sie aufgrund der antisemitischen Stimmung in Innsbruck schon 1938 dorthin geschickt hatten. Jahre
später heiratete sie Ken Adams und entschied sich, in England zu bleiben.
Ihr Vater Ernst Schwarz verfasste nach dem Zweiten Weltkrieg seine Memoiren; diese gelten heute als besonders wertvolle
Quellen über die Zeit des Nationalsozialismus in Innsbruck, da er auf sehr reflektierte Art und Weise das
jüdische Leben in der Stadt vor 1938 schilderte. Von Vera Adams selbst stammt unter anderem ein früher
Versuch, die Großfamilie Schwarz genealogisch zu erforschen. 2010 nahm sie persönlich an der Eröffnung
des neuen Kaufhauses Tyrol am Standort des ehemaligen Warenhaues „Bauer und Schwarz“ in der Maria-Theresien-Straße
teil.
Dorli Neale wurde 1923 in Innsbruck als Dora Pasch geboren. Sie war die jüngste von drei Töchtern von
Friedrich und Rosa Pasch. Während der Novemberpogrome bzw. in der sogenannten „Reichspogromnacht“ wurde nicht
nur sie selbst geschlagen, sondern musste auch miterleben, wie ihr Vater schwer misshandelt und bedroht wurde.
1939 gelang der Familie die Flucht nach England. Dorli Neale hat sich stets für die Aufarbeitung der Geschehnisse
eingesetzt. Der USC Shoah Foundation gab sie ein Video-Interview, das mittlerweile auch auf der DVD „Das Vermächtnis“
der Plattform erinnern.at zu sehen ist. Als Zeitzeugin trat sie aktiv an Innsbrucker Schulen auf und brachte den
SchülerInnen die Ereignisse der schrecklichen Zeit näher. Dieses Engagement übertrug sich auch auf
ihre Nichte zweiten Grades, die mit dem Buch „To Remember Me By“ eines der gelungensten familienbiographischen
Bücher zur Geschichte der Juden in Tirol geschrieben hat.
Vera Graubart kam 1934 als Tochter von Richard und Margarethe Graubart in Innsbruck zur Welt. Die Familie wohnte
in der Gänsbacherstraße 5.
Heute gilt diese Adresse als inoffizielle Gedenkstätte für die Ereignisse der Novemberpogrome in Innsbruck:
Am Abend des 9. November 1938 wurde der Vater der damals vierjährigen Vera vor ihren Augen von der SS misshandelt
und ermordet. Wenige Tage später flüchtete die Mutter Margarethe mit ihrer Tochter nach Wien. Im Frühjahr
1939 gelangte Vera mit einem Kindertransport nach London. Ihre Mutter kam im Juni desselben Jahres nach. |