Atomgipfel in Wien und in Linz  

erstellt am
16. 02. 12

 Sima lädt zum 2. Wiener Atomgipfel
Offensiven gegen grenznahe AKWs auf nationaler als auch auf EU-Ebene geplant
Wien (rk) - Zum 2. Wiener Atomgipfel lädt Umweltstadträtin Ulli Sima am 20.02. ins Wiener Rathaus. "Gemeinsam mit den NGOs und Anti-Atom-KämpferInnen aus vielen Bundesländern wollen wir den aktuellen Stand unserer Bemühungen im Kampf gegen die Atomkraft besprechen, neue Entwicklungen diskutieren und vor allem die weitere Vorgangsweise festlegen", betont Sima im Vorfeld. Die Stadt Wien ist seit langem aktiv im Kampf gegen grenznahe Atomkraftwerke und wird auch dieses Jahr auf allen Ebenen entsprechende Schritte setzen – sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene. "Wir werden mit einer Expertendelegation im Mai auch nach Brüssel reisen und an verschiedenen Stellen Wiens Ablehnung zum geplanten Ausbau von Mochovce thematisieren – das AKW liegt nur 160 km von unserer Haustüre entfernt!", warnt Sima. Die Kommission müsse angesichts der dramatischen Sicherheitsmängel des Uralt-Reaktors endlich tätig werden. In diesem Zusammenhang hat die Stadt Wien bekanntlich letztes Jahr die EU-Kommission geklagt.

Stadt Wien beruft gegen Abweisung der Klage gegen die EU-Kommission
Denn nach Ansicht der Stadt Wien gilt das Recht jedes Bürgers auf Information über die Tätigkeit der Europäischen Institutionen, gerade auch im so zentralen Atombereich. Zu lange schon hat sich die Atomindustrie hinter einem gesetzlich sanktionierten Mantel des Schweigens versteckt. Vertreten durch den anerkannten Nuklearrechtsexperten Wolf-Georg Schärf hat die Stadt Wien daher die EU-Kommission geklagt, diese müsse sich laut Klage mit den dramatischen Sicherheitsdefiziten befassen und Informationen darüber herausgeben. Aus "formalen" Gründen wurde die Klage jedoch abgewiesen. "Die Begründung ist absurd, die Kommission spricht von mühsam lesbarerer Sachverhaltsdarstellung", zeigt sich Sima empört: "Natürlich ist die Materie komplex, handelt es sich bei Mochovce doch um ein Atomkraftwerk und kein Wochenendhaus". Die Stadt Wien hat Berufung eingelegt.

Nuklearrechtskonferenz im März in Wien
Ausgewählte Experten der europäischen Juristenszene beschäftigen sich auf Einladung der Wiener Umweltanwaltschaft am 15. März mit zentralen Fragen des Nuklearrechts. "Wir wollen aktuelle juristische Angelpunkte in unserem Engagement gegen die Atomkraft herausarbeiten und für unser Engagement nutzen", so Sima. Referieren werden u.a. Prof. Robert Esser von der Universität Passau, Prof. Bernhard Koch und Prof. Friedrich Steinhäusler von der Universität Salzburg, Dr. Sebastian Reisma als Experte einer im Nuklearbereich tätigen großen Schweizer Versicherung und natürlich auch Dr. Wolf-Georg Schärf, der die Klage gegen die EU-Kommission für die Stadt Wien eingebracht hat und die Konferenz im Aufrag der Wiener Umweltanwaltschaft auch wissenschaftlich betreut

Neue Studie zur dramatischen Energiebilanz der Nuklearindustrie
Auch auf wissenschaftlicher Ebene setzt sich die Stadt Wien mit der Atomkraft intensiv auseinander, zumal von der Atomlobby immer wieder die Atomkraft als Heilmittel gegen den Klimawandel bemüht wird. "Dies ist absoluter Wahnsinn und muss auf EU-Ebene endlich abgestellt werden", so Sima. Sie präsentierte in diesem Zusammenhang eine neue Studie, die die Märchen der Atomlobby entlarvt. Atomkraft ist kein Beitrag zum Klimaschutz, ganz abgesehen von den dramatischen Auswirkungen nuklearer Unfälle, wie nicht erst Fukushima im letzten Jahr gezeigt hat. Die neue Studie "Energiebilanz der Nuklearindustrie" des Österreichischen Ökologie-Instituts, der Österreichischen Energieagentur und der Wiener Umweltanwaltschaft zeigt klar auf, dass bei Betrachtung des gesamten Lebenszyklus eines Atomkraftwerks – vom Uranabbau über die Anreicherung des Brennstoffes bis hin zur Endlagerung der Brennstoffe - die CO2-Emissionen enorm sind. Die Wiener Umweltanwältin Dr. Andrea Schnattinger betont "Der Urangehalt der Lagerstätten wird immer geringer, dadurch steigen die CO2 Emission der Kernenergie ständig an" von einem Beitrag zum Klimaschutz durch Atomkraft kann also keine Rede sein.

 

 Brunner: Österreich muss sich gegen Bohunice Atommülllager wehren!
Berlakovich darf sich bei Umweltverträglichkeitsprüfung nicht wieder über den Tisch ziehen lassen
Wien (grüne) - Die Slowakei hat die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für ein geplantes Atommüllager beim Atomkraftwerk Bohunice gestartet. "Wir wollen kein Atommüllager an Burgenlands Grenze", bekräftigt Christiane Brunner, Umweltsprecherin der Grünen ihren Widerstand zum geplanten Atomlager, das nur 60 Kilometer von der Österreichischen Grenze errichtet werden soll. Verärgert zeigt sich Brunner ob der Reaktion von Umweltminister Nikolaus Berlakovich, der laut Wiener Zeitung bloß anmerkte, dass die Experten des Ministeriums das Lager "im Auge behalten werden".

"Ich verlange von Minister Berlakovich, dass er sich für die Interessen der Österreicher und Österreicherinnen einsetzt. Bei der letzten UVP zur Erweiterung des slowakischen AKW Mochovce wurden die österreichischen Sicherheitsbedenken einfach ignoriert. Berlakovich soll aufhören zu beschwichtigen und sich nicht - wie bereits bei Mochovce - über den Tisch ziehen lassen", so Brunner.

 

LR Anschober: Einigkeit aller Parteien und NGO beim heutigen oö. Antiatomgipfel
Nach Tschechiens Rücknahme des Mega- Atomausbaus volle Konzentration auf Widerstand gegen Ausbau von Temelin und für gesamteuropäischen Atomausstieg
Linz (lk) - Drei Berichte und eine gemeinsame Strategie standen am 15.02. im Mittelpunkt des oö. Antiatom-Gipfels im Landhaus, an dem alle Parteien und NGOs aus Oberösterreich, Bayern und Tschechien teilnahmen. Antiatom-Beauftragter Dalibor Strasky legte eine Analyse der Pläne der tschechischen Regierung in der Atomfrage sowie der aktuellen Stresstests vor.
Die Stresstests über die tschechischen und slowakischen AKW weisen eklatante Mängel auf, die von OÖ bei der EU-Kommission angeprangert werden, da Tschechien und die Slowakei die Aufträge der Stresstests nicht erfüllt haben. Zurück an den Start und eine Überprüfung durch unabhängige Experten muss die Konsequenz sein. Trotz aller Mängel bringen die Stresstests aber auch schwerwiegende neue Sicherheitsrisiken zutage. Vor allem wird offensichtlich, dass die Atomanlagen nicht auf auslegungsübergreifende Störfälle vorbereitet sind (dies wäre die eigentliche Konsequenz aus Fukushima). Viele erforderliche Analysen sind noch nicht durchgeführt worden, die entworfenen Gegenmaßnahmen sind oft nicht realistisch. Bei schwersten Unfällen mit Kernschmelze wird in den Stresstests festgestellt, dass sie nicht beherrschbar sind und mit Freisetzungen von radioaktiven Stoffen gerechnet werden muss.

Der zweite Bericht wurde von Prof. Dr. Roman Lahodynsky von der Boku Wien vorgelegt, der massive Kritik an der Unterschätzung des Erdbebenrisikos am Standort Temelin übt.

Der dritte Bericht kam von Prof. Dr. Friedrich Schneider von der Uni Linz, der anhand seiner Studie massive Kritik an den völlig unzureichenden Haftungen für die Atomkraftwerke der EU übte - durch diese Milliardensubvention komme es zu einem Verstoß gegen die Wettbewerbsbedingungen, einem Schaden für die Erneuerbaren und einer einseitigen Bevorzugung der Atomenergie.

Als Konsequenz wollen NGOs und Land Oberösterreich sich ganz auf den Widerstand gegen den Ausbau von Temelin konzentrieren. Informationsarbeit in Tschechien und Rechtsschritte sollen daher deutlich verstärkt werden. Basis dafür ist die ausgezeichnete Zusammenarbeit der NGOs aus Tschechien, Oberösterreich und Bayern. Ein Anti-Temelin-Gipfel der Anrainerregionen in Linz, zu dem Oberösterreich für den 18. Mai einlädt, soll die Verbreiterung und Verstärkung des Widerstandes unterstützen.

Neben der Verstärkung aller politischen und rechtlichen Aktivitäten - z.B. ist Temelin aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Rechtsschritte der NGO bis zum heutigen Tag noch immer nicht kollaudiert worden - wollen wir auch unsere neue Strategie verstärkt fortsetzen, die wesentlich zur Rücknahme des geplanten Mega-Atomausbaus beigetragen hat: eine starke Kooperation mit offenen, modernen Teilen der tschechischen Wirtschaft, Industrie und des Finanzsektors, die sich Sorge machen, dass das Binden von Unsummen an - ohnedies nicht vorhandenem - Kapital Tschechien wirtschaftlich ins Abseits bringen und von den großen Zukunftsmärkten der grünen Technologien abkoppeln würde. Der Ausbau eines einzigen Reaktorblocks von Temelin wird mit zumindest 4 Milliarden Euro geschätzt.

Zweiter Schwerpunkt wird die Durchsetzung einer Klage wegen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln durch die Milliardensubvention der Atomwirtschaft.

Umwelt-Landesrat Rudi Anschober: "Die Bundesregierung muss bei der EU eine Klage wegen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln einbringen - das ist der Schlüssel, die Atomenergie in Europa unwirtschaftlich zu machen und damit einen gesamteuropäischen Atomausstieg schrittweise durchzusetzen."

"Die finanzielle Förderung von Atomstrom durch Euratom lehnen wir entschieden ab. Diese Milliardenbeträge sollten stattdessen für gezielte Forschung und Entwicklung im Bereich nachhaltiger Energieformen eingesetzt werden, um diese effizienter und wirtschaftlicher zu machen", erinnert Landtagsabgeordneter Hans Affenzeller an die Initiative für eine Europäische Gemeinschaft für Erneuerbare Energien als Alternative für die bisherige Atomfördergemeinschaft Euratom. Zudem stellt Affenzeller klar: "Der tschechische Energiekonzern CEZ hat das Atomkraftwerk Temelin für den Stromexport ins Ausland konzipiert. Es wird dabei jedoch nicht nur der Strom, sondern auch das tödliche Unfallrisiko mit exportiert."

Als starkes Druckmittel gegen die Atomstromlobby kann sich Klubobmann Mag. Thomas Stelzer auch eine Verteuerung von Atomstrom vorstellen. Ansatzpunkte gäbe es hier möglicherweise unter anderem über die Elektrizitätsabgabe, wichtig sei jedoch, dass diese aufkommensneutral gestaltet wird. "Zur Zeit diskutiert ganz Österreich über die Entwicklung der Staatsfinanzen und die wirtschaftliche Stabilisierung - das ist jedoch alles nichts wert, wenn die Sicherheit nicht gewährleistet ist", betont Stelzer. "Daher müssen wir konsequent weiterhin beide Kurse verfolgen: Den Kampf gegen die Gefahr durch benachbarte Atomkraftwerke unter Ausnützung aller uns zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten, und den Weg zur Unabhängigkeit von Energieimporten. Das gelingt uns mit unserem sehr ambitionierten Plan, Oberösterreich bis 2030 zum Energie-Vorbildland zu machen, indem wir konsequent auf Nutzung und Ausbau der erneuerbaren Energien setzen."

Eine unzulässige Preiserhöhung des Atomstroms orten auch Präsident DI Dr. Adalbert Cramer und Klubobmann Mag. Günther Steinkellner beim heutigen Anti-Atom-Gipfel,.
Weder die Kosten der Endlagerung noch die Kosten der Versicherungsprämien bei Unfällen werden in den Atompreis hineingerechnet.

Diese unzulässige Wettbewerbsverzerrung sollte - aber auch in Brüssel - juristisch bekämpft werden.

Die oö. Atomgegner/innen werden beim FUKUSHIMA-Gedenktag die offenen Sicherheitsfragen im AKW Temelin insbesondere die ungelöste Frage der Erdbebengefährdung thematisieren und planen für den 11. März 2012 eine Aktion direkt vor dem AKW Temelin. "Atomstromimporte nach Österreich sollen mit einem wasserdichten Atomstromimport-Verbot verhindert werden. Damit soll den Atomstaaten klar signalisiert werden: Wir in Österreich werden euren Atomstrom nicht abkaufen! Wirtschaftsminister Mitterlehner ist gefordert, sich umgehend für ein Atomstromimport-Verbot einzusetzen!", so Roland Egger, Obmann von atomstopp_atomkraftfrei leben!, Gabriele Schweiger, Obfrau Mütter gegen Atomgefahr, Manfred Doppler, Sprecher des Anti Atom Komitees und Bernhard Riepl, Obmann von Sonne und Freiheit.
     

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