Österreichische Verhandlungsposition zum neuen EU-Rahmenprogramm im Ministerrat
Wien (bmwf) - "HORIZON 2020 verknüpft die heimische Wissenschafts-, Forschungs- und Innovationspolitik
eng mit Europa und ist ein wichtiger Schritt zur Verwirklichung des Europäischen Forschungsraums", so
Wissenschafts- und Forschungsminister Dr. Karlheinz Töchterle. Ende November 2011 hat die Europäische
Kommission ihren Vorschlag für das Förderprogramm HORIZON 2020 vorgelegt, das u.a. deutlich mehr Mittel
zur Verfügung haben soll als das derzeit laufende 7. Rahmenprogramm. Wie in allen Mitgliedstaaten haben auch
in Österreich in den vergangenen Monaten Beratungen mit zahlreichen Vertreter/innen aus Wissenschaft, Wirtschaft
und Gesellschaft über Ziele und Maßnahmen stattgefunden. Nach einer interministeriellen Verhandlungsrunde
hat das Papier zur "Österreichischen Verhandlungsposition zu HORIZON 2020" heute den Ministerrat
passiert.
HORIZON 2020 ist in die drei Säulen "Wissenschaftsexzellenz", "Marktführerschaft"
und "Gesellschaftliche Herausforderungen" gegliedert und fasst zum ersten Mal die gesamte Bandbreite
von der Wissenschaft über die Technologie bis hin zur Innovation unter einem gemeinsamen "Förderdach"
zusammen. Das österreichische Positionspapier beinhaltet die wichtigsten österreichischen Anliegen, die
der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament und den anderen Mitgliedstaaten mitgeteilt werden.
HORIZON 2020 - ausgewählte Aspekte des österreichischen Positionspapiers im Überblick:
- Der Budgetvorschlag der Europäischen Kommission für HORIZON 2020 sieht eine deutliche Steigerung
der wachstumstreibenden EU-Instrumente vor. Prinzipiell wird eine Steigerung der Mittel für Forschung und
Innovation im Vergleich zum 7. Rahmenprogramm begrüßt, allerdings sollen über den gesamten EU-Haushalt
gesehen Zahlungs- und Verpflichtungsermächtigungen auf dem aktuellen Niveau stabilisiert werden.
- In Zeiten knapper Haushalte verfügt Österreich mit HORIZON 2020 über einen Hebel, der echtes
"frisches Geld" in das österreichische Forschungs- und Innovationssystem pumpt.
- Durch eine konsequent betriebene Vereinfachung der Teilnahmebedingungen werden die Bedürfnisse der FTI-aktiven
Unternehmen und Forschungsinstitute in erhöhtem Maße berücksichtigt.
- Sechs Themen, die als gesellschaftliche Herausforderungen die Menschen betreffen (wie z.B. gesundes Altwerden;
ausreichende und sichere Nahrung; nachhaltige Energieversorgung zu erschwinglichen Preisen; effizientes und nachhaltiges
Verkehrssystem; effizienter Einsatz von Rohstoffen) werden in HORIZON 2020 erforscht. Immer geht es dabei um Forschung,
die zu konkreten Umsetzungsmaßnahmen in der Gesellschaft führen soll.
- Österreich setzt sich dafür ein, dass die Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften bei der wissenschaftlichen
Bearbeitung der großen Herausforderungen adäquat berücksichtigt werden.
- Der Europäische Forschungsrat (ERC) soll in HORIZON 2020 deutlich ausgebaut werden. Damit wird eine großzügige
Förderschiene für exzellente Forscher/innen in Österreich geboten.
- Positive Effekte für die österreichische Wirtschaft werden mit Maßnahmen für die Schlüsseltechnologien
Mikro- und Nanoelektronik, Photonik, Nanotechnologie, Biotechnologie sowie fortgeschrittene Werkstoffe und Herstellungssysteme
erzielt. Damit soll die Beteiligung der Wirtschaft erhöht und die Entwicklung innovativer Technologien bis
zur Marktreife unterstützt werden.
- Ein spezifisches Instrument für KMU, welches das gesamte Spektrum der Schlüsseltechnologien und Gesellschaftlichen
Herausforderungen abdeckt, bietet zusätzliche Chancen für den klein- und mittelbetrieblichen Sektor,
die Möglichkeiten transnationaler Kooperation zu nutzen. Durch eine optimierte KMU-Integration in HORIZON
2020 wird ein wesentlicher Beitrag zur Entfaltung der ökonomischen Multiplikatorwirkungen von europäischen
FTI-Aktivitäten geleistet.
- Als eine Maßnahme zur umsetzungsgeleiteten Forschung schlägt Österreich vor, Unternehmensgründungen
auf der Grundlage von öffentlichen Forschungsergebnissen zu unterstützen.
- Österreich hat im letzten Jahr im Lichte der Nuklearkatastrophe von Fukujima eine Neuorientierung der
europäischen Nuklearforschung zu Gunsten der Sicherheitsaspekte eingeleitet. Diese Linie soll auch in HORIZON
2020 konsequent fortgesetzt werden: Im Bereich der Nuklearforschung sollen ausschließlich Sicherheitsaspekte
zum bestmöglichen Schutz der Bevölkerung erforscht werden.
- Kernenergie ist weder nachhaltig noch kohlenstofffrei. Daher wird Österreich es nicht akzeptieren, dass
sie als Beitrag zur Senkung der CO2 Emissionen genannt wird.
- Forschungsprojekte der EU setzen die Prüfung der Projektanträge in ethischer Hinsicht voraus. HORIZON
2020 wirkt dadurch auf die Entwicklung von ethischen Standardverfahren ein.
Die Verhandlungen zu HORIZON 2020 werden kommende Woche im Rat Wettbewerbsfähigkeit beginnen. Die dänische
EU-Präsidentschaft beabsichtigt, über die Grundlinien des Programms beim Rat Wettbewerbsfähigkeit
Ende Mai 2012 weitgehend Einvernehmen zu erzielen. Mit dem Abschluss der Verhandlungen ist bis Mitte 2013 zu rechnen.
|