Integration von Anfang an  

erstellt am
27. 02. 12

Staatssekretär Kurz eröffnet die Tagung – Erster bundesweiter Erfahrungsaustausch
Expertenratsvorsitzender Heinz Faßmann: "Gesellschaftliche Eingliederung nicht dem Zufall überlassen."
Wien (bmi) - "Die Tagung bietet die Gelegenheit für einen ersten bundesweiten Erfahrungsaustausch", sagte Staatsekretär Sebastian Kurz am 27.02. bei der Eröffnung der Tagung "Integration von Anfang an", auf Einladung des Integrationsbeirates im Haus der Bildung und beruflichen Integration (HABIBI). Vor fast 100 Gästen, darunter nationale und internationale Experten, betonte Kurz: "Eine zielgerichtete Ansprache der Menschen, die zu uns kommen, in der ersten Phase ihrer Ankunft in Österreich, kann nachhaltig positive Auswirkungen auf den Verlauf einer erfolgreichen Integration und das friedvolle Zusammenleben verschiedener Menschen und Kulturen in Österreich haben."

Der Vorsitzende des unabhängigen Expertenrats für Integration, Univ.-Prof. Dr. Heinz Faßmann, betonte in seinem Eröffnungsstatement, dass die Politik sich mit der Entwicklung einer abgestimmten und umfassenden Integrationspolitik sehr lange Zeit gelassen habe. Man habe Arbeitskräfte gerufen, die gesellschaftliche Eingliederung aber dem Zufall überlassen. "Dieses Versäumnis soll in Zukunft nicht mehr auftreten. Integration von Anfang an sei aus diesem Grund zu unterstützen", sagte Faßmann, und weiter: "Wer eine qualifizierte Zuwanderung fördern möchte, die sich an den Bedürfnissen des nationalen Arbeitsmarktes orientiert, muss Angebote machen und institutionelle Freundlichkeiten signalisieren."

Menschen, die zu uns kommen, werden derzeit oft dem Zufall überlassen. Und es gibt von der Republik noch keine Information über das Zusammenleben in Österreich, das Wertgefüge der Gesellschaft, sowie Verbesserungsbedarf bei der Präsentation des Sprachkursangebots zum Erlernen der deutschen Sprache. Bislang gibt es nur regional vereinzelte, sehr unterschiedliche Initiativen. Zielsetzung des ersten bundesweiten Austausches bei der Tagung ist daher eine professionelle Ansprache von Menschen, die neu nach Österreich kommen, ab dem ersten Tag an: vom Erstbesuch bei der Botschaft bis zur erfolgreichen Integration. Darüber hinaus soll es künftig Mindeststandards bei regionalen Angeboten geben.

2010 wanderten 114.000 Personen aus Drittstaaten nach Österreich zu. Die meisten aus dem ehemaligen Jugoslawien mit 14.330, gefolgt von der Türkei mit 4.338.  

 

Frauenberger: Good Practice Projekt "StartWien"
"StartWien" ist der Grundstock für erfolgreiche Integrationsbiographien
Wien (rk) - Im Rahmen der Tagung "Integration von Anfang an" präsentierte die Stadt Wien ihr Integrationsbegleitungsprogramm "StartWien". An dieser 2008 gestarteten freiwilligen Integrationsmaßnahme nehmen 90 Prozent aller NeuzuwanderInnen teil. Das Wiener Projekt wurde 2010 mit dem "Österreichischen Integrationspreis" und dem "ESIS - europäischen Sprachinnovationssiegel" ausgezeichnet.

Dazu die Wiener Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger: "Wir haben in Wien im Integrationsbereich eine ganze Reihe von VorreiterInnenprojekten entwickelt. Die heutige Tagung ist ein Schritt in die richtige Richtung, um den integrationspolitischen Know-How Transfer innerhalb Österreichs voranzutreiben und Good Practice Modelle bundesweit zu etablieren." Frauenberger unterstrich in diesem Zusammenhang, dass es generell darum gehe, in der Integration von der Defizitsicht endlich wegzukommen, hin zu einer Politik, die Vielfalt als Chance erkennt und nutzt. Die Wiener Integrationspolitik und daher auch das Projekt "StartWien" setzen genau hier an, so die Integrationsstadträtin.

Rascher Einstieg in Sprachkurse und in den Arbeitsmarkt
Im Rahmen von "StartWien" erhalten NeuzuwanderInnen zunächst ein Startcoaching. Bei dieser Erstberatung in der Muttersprache ab Einwanderung geht es primär darum, den richtigen Deutschkurs zu finden und einen raschen Einstieg in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen.

Beim Startcoaching erhalten sie auch den "Wiener Bildungspass" mit drei Sprachgutscheinen im Wert von insgesamt 300 Euro, die bei zertifizierten Kursanbietern eingelöst werden können. Der "Wiener Bildungspass" dient in weiterer Folge dazu, absolvierte Sprachkurse, Weiterbildungen und Qualifikationen nachweisen zu können. Er wurde in einer breiten Kooperation von der MA 17 mit WAFF, AMS, AK, WK, MA 35 und Beratungszentrum für MigrantInnen entwickelt.

Als drittes Element neben "Startcoaching" und "Bildungspass" haben die Neuzuwandernden im Programm "StartWien" die Möglichkeit, muttersprachliche Informationsveranstaltungen zu den Themen Schulsystem, Gesundheit, Wohnen, Einstieg in den Arbeitsmarkt, Anerkennung/Nutzen von ausländischen Qualifikationen und Zusammenleben zu besuchen. Der Besuch von drei Info-Modulen zu je 2 Stunden ist Voraussetzung für die Einlösung der Sprachgutscheine.

Die Informationsveranstaltungen finden jeden zweiten Samstag im Monat in der VHS-Favoriten statt. Frauenberger: "Mit 'StartWien' ist der Grundstock gelegt, dass alle die neu nach Wien kommen, so rasch wie möglich die gemeinsame Sprache lernen, sich erfolgreich integrieren und den sozialen Aufstieg schaffen." Im Jänner 2011 wurde das "StartWien" Angebot auch auf EU-BürgerInnen ausgeweitet.

Muttersprachliche Berufserstinformation im Rahmen von "StartWien" - über 60 Prozent haben eine höhere Schulbildung
Die meistbesuchten Infomodule sind übrigens die Veranstaltungen zum Thema "Arbeit". Daran angedockt ist die muttersprachliche Berufserstinformation des waff (Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds.) In 20 verschiedenen Sprachen erhalten NeuzuwanderInnen dort wichtige Informationen zum Thema "Arbeit und Beruf" (aktuelle Arbeitsmarktsituation in Wien, rechtliche Regelungen für die Jobsuche, Unterstützungsmöglichkeiten).

Die Vielfalt der KundInnen ist beeindruckend und die KundInnen bringen viele Kompetenzen mit: Im Jahr 2011 kamen die KundInnen aus 68 Staaten und sprachen 43 unterschiedliche Muttersprachen. Rund die Hälfte dieser Personen gab an, gute bzw. sehr gute Kenntnisse zumindest in einer zusätzlichen Sprache zu haben. Nahezu 65 Prozent der TeilnehmerInnen haben eine höhere Schule oder ein Universitätsstudium abgeschlossen.

In Zusammenarbeit mit PERSPEKTIVE, der Anerkennungs- und Weiterbildungsberatungsstelle für Asylberechtigte und NeuzuwanderInnen unterstütz der waff neue WienerInnen auch bei der Anerkennung von im Ausland erworbenen Bildungsabschlüssen.

"Die Menschen wollen einen guten Einstieg in einen Job und sie sind daran interessiert, mit den WienerInnen gut zusammenzuleben - das und die gemeinsame Sprache sind die wichtigsten Voraussetzungen für einen erfolgreichen Integrationsweg jeder/jedes einzelnen. "StartWien" ist jedenfalls ein Meilenstein auf dem Weg zu unserem integrationspolitischen Ziel, das lautet: Alle WienerInnen sollen in Vielfalt respektvoll zusammenleben und eine gemeinsame Sprache sprechen, getragen von einer klaren Haltung gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit", so Frauenberger abschließend.  

 

 Korun: Begleitprogramm für Neuzuwanderer bundesweit umsetzen
Gemeinsame Strategie zwischen Bund, Ländern und Gemeinden notwendig
Wien (grüne) - Seit Jahren verlangen die Grünen eine gemeinsame Strategie von Bund, Ländern und Gemeinden in der Integrationspolitik, um z.B. Integrationsprogramme vom 1. Tag der Einwanderung an gemeinsam und arbeitsteilig umzusetzen. "Bereits 2005 habe ich der Wiener SPÖ das Integrationsprogramm für Neuzuwanderer vorgeschlagen, das mit 2007 als rot-grünes Projekt umgesetzt wurde. Dieses heute als 'Start-Wien' als best practice Beispiel auf der Integrationskonferenz präsentierte Programm wartet auf bundesweite Umsetzung, bis hinein in die Gemeinden", kommentiert die Integrationssprecherin der Grünen, Alev Korun, die Ankündigungen von Staatssekretär Kurz auf der Integrationskonferenz.

"Bei der angekündigten Österreich-Fibel würde ich nüchterne und sachliche Infos über Österreich, über Bildungs- und Gesundheitssystem, Arbeitsmarkt und Wohnwesen empfehlen. Diffuse Wertedebatten, die Einwanderern zwischen den Zeilen fehlende demokratische Werte unterstellen, sind keine Willkommensgeste, sondern ein schlechter Start für die Beziehung zwischen unserem Staat und Neuzuwanderern", meint Korun.

Eine gemeinsame Strategie über Neuzuwandererbegleitung hinaus ist aber ebenfalls notwendig. "Auch für die länger im Land lebenden und großteils bereits eingebürgerten MigrantInnen braucht es Ermächtigungsmaßnahmen, z.B. Workshops über das Bildungs- oder Gesundheitssystem, damit sie besser an der Gesellschaft und den Institutionen teilnehmen können", sagt Korun.

 

Gleitsmann: Willkommenskultur für High Potentials etablieren
Attraktive Rahmenbedingungen für Integration hoch qualifizierter Zuwanderer hilft, Fachkräftemangel zu mildern
Wien (pwk) - "Mit der am 1. Juli 2011 in Kraft getretenen Rot-Weiß-Rot-Karte wurde ein wichtiger Schritt in der Gesetzgebung zur Zuwanderung gesetzt. Um sicherzustellen, dass die begehrten, international mobilen, hoch qualifizierten Fachkräfte auch tatsächlich nach Österreich kommen, muss nun der Fokus auf die Rahmenbedingungen gesetzt werden. Denn High Potentials werden sich nur für ein Land entscheiden, wenn dieses rundum attraktive Lebens- und Arbeitsbedingungen bietet. Gerade der erste Kontakt zum Zielland ist hier entscheidend", hält Martin Gleitsmann, Leiter der Abteilung für Sozialpolitik und Gesundheit in der WKÖ, fest.

Die Wirtschaftskammer ist daher aktiv, um eine Willkommenskultur in Österreich zu schaffen und begrüßt jede Initiative in diese Richtung, wie es heute von Staatssekretär Sebastian Kurz angesprochen wurde. Gleitsmann: "Um internationale Talente anzulocken, spielen neben beruflicher Perspektiven, transparenten Aufenthaltsregeln oder Chancen für die Familienmitglieder auch Faktoren wie Toleranz und Wertschätzung von Vielfalt eine wichtige Rolle. Die Verbesserung dieser Bedingungen ist eine wesentliche Stellschraube für die Steigerung der qualifizierten Zuwanderung, welche Österreich für die Erhaltung des Wirtschaftswachstums mittel- und langfristig benötigt. Ohne qualifizierte Zuwanderung würde die österreichische Bevölkerung stagnieren bzw. schrumpfen".

Wie drängend der internationale Wettbewerb um die besten Köpfe ist, zeigen aktuelle Studien: Die USA brauchen bis 2030 mehr als 25 Millionen zusätzliche Arbeitskräfte, um ihr Wirtschaftswachstum aufrecht erhalten zu können. In Westeuropa sind es sogar 45 Millionen zusätzliche Arbeitskräfte. "Das bedeutet, dass die Staaten ihre Anstrengungen verstärken werden, um sich als Zielort für internationale Talente besser zu positionieren. Hier sollte Österreich die Vorreiterrolle, die wir mit der Rot-Weiß-Rot-Karte eingenommen haben, nützen und jetzt aktiv eine Willkommenskultur etablieren".
     

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