Jena (idw) - Gemeinsam mit Wissenschaftlern aus sieben europäischen Ländern erforschen Radiologen
des Universitätsklinikums Jena die Anwendung von multifunktionellen magnetischen Nanopartikeln zur Detektion
und Bekämpfung von Krebs. Versehen mit speziellen Antikörpern sollen die Eisenoxidteilchen die Krebszellen
erkennen und sich zielgerichtet an sie anlagern, so dass zum einen auch kleinste Absiedlungen im MRT sichtbar werden.
Zum anderen sollen die Partikel durch äußere Magnetfelder für eine Überhitzung der Zellen
sorgen und mit zusätzlichen Wirkstoffen ausgestattet werden. Das auf vier Jahre angelegte Projekt zur vorklinischen
Forschung wird mit knapp 10 Millionen Euro von der EU gefördert.
Die Nanotechnologie ermöglicht nicht nur in der Umwelttechnik oder bei Beschichtungen völlig neue Materialeigenschaften
und Anwendungen, auch die Mediziner erforschen mit großen Erwartungen neue Einsatzfelder für die Kleinstteilchen.
Im Verbund mit 15 Partnereinrichtungen aus insgesamt sieben Ländern Europas haben die Mitarbeiter der Arbeitsgruppe
Experimentelle Radiologie am Universitätsklinikum Jena jetzt begonnen, nanometerkleine Eisenoxidpartikel zu
zielgenauen Mehrzweckwaffen gegen Brust- oder Bauchspeicheldrüsenkrebs aufzurüsten.
Zunächst müssen in einem ersten Projektschritt die biokompatiblen Partikel mit den gewünschten magnetischen
Eigenschaften in ausreichender Menge hergestellt werden. Eine weitere biotechnologischen Herausforderung ist die
Ausrüstung der Partikel mit funktionellen Molekülen: Spezifische Antikörper sollen den Nanopartikeln
den Weg zu den Krebszellen weisen, so dass außerdem aufgebrachte Zytostatika und Wachstumshemmer genau hier
wirken können.
„Auf diese Weise entstehen multifunktionelle Nanopartikel“, erklärt die Leiterin der Arbeitsgruppe im Zentrum
für Radiologie, Prof. Dr. Ingrid Hilger, den Projektnamen „Multifun“. „Als Kontrastmittel machen sie kleinste
Tumoren im Magnetresonanzbild sichtbar, sie transportieren die Chemotherapeutika direkt zu den Krebszellen und
durch ihre magnetischen Eigenschaften können wir direkt im Tumor Wärme induzieren, um ihn zu überhitzen.“
Die vielseitigen Kleinstpartikel könnten so dazu beitragen, dass Tumorerkrankungen und Rückfälle
früher erkannt und zielgerichteter, das heißt mit weniger Nebenwirkungen behandelt werden können.
Die vorklinischen Tests zu dieser verheißungsvollen Perspektive werden den Großteil des Multifun-Projektes
ausmachen. Denn zunächst müssen die Wissenschaftler überprüfen, ob die Nanopartikel in der
Zellkultur wie gewünscht funktionieren: Ob sie sich an und in die Brust- bzw. Pankreaskrebszellen fest einlagern,
für die gewünschte Erhitzung sorgen können, die Antikrebswirkstoffe unbeschadet zur Tumorzelle bringen
und wie sich die Partikel gegenüber gesunden Zellen verhalten. Danach folgen Untersuchungen im Tiermodell
zur Bioverträglichkeit und Pharmakokinetik der Nanopartikel – dabei wird zum Beispiel erfasst, wie lange die
Partikel im Körper verbleiben und ob es giftige Abbauprodukte gibt.
„Schließlich testen wir als Voraussetzung für klinische Studien die angestrebten diagnostischen und
therapeutischen Funktionen der Partikel auch im Tiermodell“, so Ingrid Hilger. Mit fünf Projektmitarbeitern
wird die Humanbiologin beispielsweise untersuchen, wie sich die Partikel im Tumorgewebe anreichern, welche Parameter
das äußere Magnetfeld für eine optimale Gewebeerwärmung haben muss und welche Mechanismen
zum Tod der Tumorzellen unter diesen Bedingungen führen.
Das Multifun-Projekt wird im 7. Forschungsrahmenprogramm der Europäischen Union mit 9.8 Millionen Euro gefördert
und läuft bis 2015. |