VCÖ-Studie: In Österreichs Städten gibt es starken Mobilitätswandel   

erstellt am
24. 02. 12

Mobilitätstrends: Auto "out", Öffis und Rad "in", E-Mobilität löst Erdöl-Ära ab – S-Bahn ausbauen, Parkraum bewirtschaften, Gehen fördern
VCÖ (vcö) - Österreichs große Städte befinden sich mitten in einem Mobilitätswandel, wie eine heute präsentierte VCÖ-Studie zeigt. Das Auto verliert an Bedeutung, die Menschen sind stärker mit Öffentlichen Verkehrsmitteln, per Rad und zu Fuß unterwegs. Die VCÖ-Studie zeigt auch die städtischen Mobilitätstrends der Zukunft: Auto nutzen statt besitzen, Gehen und Radfahren gewinnen, die Elektro-Mobilität löst die Erdöl-Ära ab.

"Wir stehen nicht vor einem Mobilitätswandel, wir sind mitten drinnen. Die Mobilität in Österreichs großen Städten ändert sich. Das Auto ist "out", Öffis und Radfahren sind "in"", fasst VCÖ-Expertin DI Bettina Urbanek die am 24.02. präsentierte VCÖ-Studie "Mehr Lebensqualität in Städten durch nachhaltige Mobilität" zusammen. Drei weitere Trends werden die städtische Mobilität in Zukunft verändern: 1) Die städtische Mobilität wird elektrisch, vom Öffentlichen Verkehr, über E-Fahrräder, E-Mopeds, E-Autos bis zu E-Kleintransportern. 2) Zu Fuß gehen wird eine Renaissance erleben. 3) Auto nutzen, statt es besitzen - Carsharing wird von der Ausnahme zur Normalität.

In Wien ist der Anteil des Autos an den Alltagswegen binnen 20 Jahren von 40 auf 29 Prozent gesunken, wie die VCÖ-Studie zeigt. Bereits 71 Prozent der Alltagswege wurden im Vorjahr mit Öffis, Fahrrad und zu Fuß zurückgelegt. Auch in Innsbruck, Graz, Bregenz, Salzburg und Linz werden mehr Alltagswege mit Öffentlichen Verkehrsmitteln, per Fahrrad und zu Fuß erledigt als mit dem Auto, so die VCÖ-Studie. Der Pkw-Motorisierungsgrad sinkt: In Wien ist die Zahl der Pkw pro 1.000 Personen von 410 im Jahr 2004 auf 394 gesunken. Auch in Graz und in Innsbruck ist der Motorisierungsgrad rückläufig.

Fast jede zweite Person in Österreich lebt in einem Ort mit mehr als 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern ist groß. Im Burgenland leben nur fünf Prozent der Bevölkerung in Orten mit mehr als 10.000 Personen, in Niederösterreich nur 25 Prozent, in Vorarlberg hingegen 51 Prozent. "Städte werden in Zukunft stark wachsen. Da der Platz schon heute knapp ist, ist dieses Wachstum eine große Herausforderung, vor allem für die Verkehrspolitik", so VCÖ-Expertin Urbanek.

Der Straßenverkehr beansprucht derzeit sehr viel Platz für sich. Allein die rund 675.000 Pkw mit Wiener Kennzeichen brauchen eine Parkfläche von 8,4 Quadratkilometer, das entspricht der Größe von 1.400 Fußballfeldern. Verkehrsmittel mit hoher Flächeneffizienz sollen Vorrang bekommen, empfiehlt die VCÖ-Studie. Die höchste Flächeneffizienz hat das Gehen, danach kommt das Radfahren, dann der Öffentliche Verkehr. Schlusslicht ist der Pkw.

Das Auto hat auch den höchsten Energieverbrauch. Pro Personenkilometer verbraucht ein herkömmlicher Pkw vier bis sechsmal so viel Energie wie Öffentliche Verkehrsmittel. Während Straßenbahnen und U-Bahnen mit Strom fahren, ist das Auto vom Erdöl abhängig. Die steigenden Spritpreise führen dazu, dass die Bedeutung des Autos in der städtischen Mobilität sinkt.

Städtische Mobilität ist kostengünstiger. Die VCÖ-Studie zeigt: Haushalte in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern geben pro Jahr um rund 2.000 Euro weniger für Mobilität aus als Haushalte in Orten unter 10.000 Einwohnern. Der Erdölbedarf von städtischer Mobilität ist geringer, die Resilienz (Widerstandfähigkeit gegenüber Krisen) ist höher. Die höchste Resilienz der Verkehrsmittel weisen Gehen und Radfahren auf. In Graz werden 35 Prozent der Alltagswege per Rad oder zu Fuß zurückgelegt, in Bregenz sogar 47 Prozent.

"Der Mobilitätswandel findet statt. Jetzt geht es darum, dass die Verkehrspolitik auf die geänderten Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung rasch reagiert", betont Mag. Markus Gansterer von der VCÖ-Verkehrspolitik. Der VCÖ fordert den massiven Ausbau der S-Bahnen in den Ballungsräumen, um den Stadt-Umland Verkehr stärker auf die Schiene zu verlagern. Zudem ist die Parkraumbewirtschaftung in den Städten auszudehnen. Damit verringert sich die Verkehrsbelastung, ebensio Lärm und Abgase. Die VCÖ-Studie zeigt, dass die Parktarife in Österreich sehr niedrig sind. Während beispielsweise in Amsterdam eine Stunde parken im Zentrum fünf Euro kostet, betragen die Parkgebühren in Österreich nur zwischen einem und zwei Euro pro Stunde.

Viele Alltagswege in der Stadt sind kurz. Eine fußgängerfreundliche Verkehrsplanung belebt die Straßen, es gibt mehr Geschäfte, die städtische Wirtschaft wird gestärkt. Das gilt für Kleinstädte genauso wie für Großstädte. Der VCÖ spricht sich für mehr Begegnungszonen nach Schweizer Vorbild aus und für Tempo 30 im Ortsgebiet nach Grazer Vorbild, wo seit dem Jahr 1992 mit Ausnahme der Hauptstraßen Tempo 30 gilt.

Bei städtischer Mobilität dominieren Öffis, Radfahren und Gehen (Anteil von Gehen, Radfahren und Öffentlichen Verkehr an den Alltagswegen).
Wien: 71 Prozent
Innsbruck: 57 Prozent
Bregenz: 56 Prozent
Graz: 55 Prozent
Salzburg: 54 Prozent
Linz: 51 Prozent
Eisenstadt: 42 Prozent
St. Pölten: 42 Prozent
Klagenfurt: 34 Prozent
Quelle: VCÖ 2012

Große Städte haben geringeren Pkw-Motorisierungsgrad
(Pkw pro 1.000 Einwohner im Jahr 2012)
Wien: 394
Innsbruck: 441
Graz: 471
Salzburg: 498
Bludenz (inkl. Bezirk): 503
Bregenz (inkl. Bezirk): 504
Dornbirn (inkl. Bezirk): 506
Linz: 506
Feldkirch (inkl. Bezirk): 516
Steyr: 522
Leoben (inkl. Bezirk): 527
Wr. Neustadt: 537
Österreich: 537
St. Pölten: 558
Klagenfurt: 591
Eisenstadt (inkl. Rust): 648
Quelle: Statistik Austria, VCÖ 2012
     
Informationen: http://www.vcoe.at    
     
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