Bürgermeister warnen: "Wenn es den Städten schlecht geht, geht es auch dem Land schlecht"    

erstellt am
23. 02. 12

Mit einem gemeinsamen Schulterschluss wehren sich die Bürgermeister von Klagenfurt, Villach, St. Veit/Glan, Wolfsberg und Spittal/Drau gegen die ständig steigenden Mehrbelastungen ihrer Gemeinden.
Villach (stadt) - In einer gemeinsamen Pressekonferenz wandten sich Christian Scheider, Helmut Manzenreiter, Gerhard Mock, Hans-Peter Schlagholz und in Vertretung von Gerhard Köfer, der Spittaler Stadtrat Bernd Sengseis an die Öffentlichkeit und informierten über die Situation der Städte. Und diese ist alles andere als rosig.

Die Städte müssen Landesumlage zahlen, erhalten über die Bedarfszuweisungen kaum etwas zurück und die Transferzahlungen für Krankenanstalten etc. steigen jährlich an.

Nachdem die Städte durch das neue Tourismusgesetz schon Millionen verlieren, kommt jetzt die nächste Belastung in Millionenhöhe durch die Zahlungen für die Mindestsicherung. Damit werden die Städte zugunsten der kleineren Gemeinden erheblich belastet.

"50 Prozent der Kärntnerinnen und Kärntner wohnen in den Städten, die Stärkung des Landes kann nur über die Zentralräume, die Investitionen tätigen und wo die Arbeitsplätze sind erfolgen", so die Bürgermeister.

"Es geht nicht an, dass das Land durch die Umverteilung der Kosten weniger Abgangsgemeinden haben will, aber dafür die Städte verarmen. Wenn es den Städten schlecht geht, wird es auch dem Land schlecht gehen, das muss die Regierung endlich einsehen", so die fünf Stadtchefs.

Alle drückten auch eindeutig die Besorgnis aus, dass die Städte unter diesen Umständen keine frei verfügbaren Mittel mehr haben werden und dass die Bürger darunter leiden werden müssen, dass Leistungen gestrichen werden. "Aber nicht weil die Städte schlecht haushalten, sondern weil uns das Land zu sehr belastet", war der einstimmige Tenor.

Die vom Land geplante Neuverteilung der Gemeindezahlungen für das Sozialwesen werden besonders die Bezirksstädte in enorm hohen Ausmaß treffen, warnten am Donnerstag die Bürgermeister von Klagenfurt, Villach, St. Veit, Spittal und Wolfsberg bei einem gemeinsamen Pressegespräch. Christian Scheider, Helmut Manzenreiter, Gerhard Mock, Gerhard Köfer und Hans-Peter Schlagholz gaben klar zu verstehen, dass die größten Leistungsträger im Land nicht noch mehr belastet werden dürfen, da diese sonst schon bald handlungsunfähig wären.

"In den nächsten Jahren wird es dadurch vielleicht insgesamt weniger Abgangsgemeinden geben, es werden aber mit den Bezirksstädten neue dazu kommen, und zwar die bisher finanzstärksten", so die Bürgermeister unisono. Sie stellen daher eine gemeinsame Forderung: Die Streichung bzw. deutliche Senkung der Landesumlage oder eine Erhöhung der Förderungen für die Bezirksstädte.

Für Klagenfurt betragen diese Zahlungen zehn Millionen Euro pro Jahr, das entspricht rund 25 Prozent der gesamten Landesumlage Kärntens.

Bürgermeister Scheider führte dazu aus: "Für Klagenfurt bedeutet die neue Regelung eine Mehrbelastung von 15,7 Prozent oder 3,5 Millionen Euro. Laut Rechnungsabschluss hat die Stadt im Jahr 2010 circa 46 Millionen Euro an das Land gezahlt, an Rückflüssen jedoch nur 7 MIllionen erhalten. Das ergibt ein Minus von rund 39 Millionen Euro für die Stadt." Rechnet man noch den Einbehalt für Bedarfszuweisungen hinzu, kommt man gar auf 53 Millionen Euro Negativsaldo. Dazu kämen noch die Kostensteigerungen bei den Transferzahlungen der letzten Jahre, die jährlich bis zu zehn Prozent betragen würden.

Der Bürgermeister verwies weiters auf eine unterschiedliche Aufgabenstellung der Landeshauptstadt gegenüber anderen Kärntner Gemeinden: "Wir müssen beispielsweise zusätzlich Transferzahlungen an die Krankenanstalten oder zentralörtliche Aufgabenstellungen erfüllen. Von Einrichtungen für die Allgemeinheit wie Universität, Fachhochschule, Stadttheater, Berufsfeuerwehr oder Flughafen profitieren alle Kärntner Gemeinden, für uns heißt das aber auch einen erheblichen finanziellen Mehraufwand", erläutert Scheider.

Weiters zahle die Stadt auch für den öffentlichen Verkehr und verrichte darüber hinaus gratis die Agenden einer Bezirkshauptmannschaft.

Scheiders Bürgermeisterkollegen sehen sich mit ähnlichen Zusatzbelastungen konfrontiert und sind sich einig, dass unter solchen Rahmenbedingungen kein ausgeglichenes Budget mehr zu erstellen sein wird.

Die seitens des Landes Kärnten geplante Kostenabwälzung auf die Städte würde in erster Linie rigorose Einsparungen bei den freiwilligen Leistungen bedeuten und die Bürgerinnen und Bürger hart treffen. Das Argument des Landes, die Mehrkosten würden über sogenannte Bedarfszuweisungen an die Städte rückgeführt, wiesen die Bürgermeister zurück.
Als Beispiel führte Scheider für die Landeshauptstadt an: "Klagenfurt erhält im Jahr 800.000 Euro an Bedarfszuweisungen. Im Normalfall stünden der Stadt aufgrund der Größe 12 bis 13 Millionen zu. Die Differenz behält sich ohnehin schon das Land ein, wodurch nochmals eine Belastung entsteht, welche kompensiert werden muss." Abschließend verwies Scheider noch auf einen Betrag in der Höhe von über einer Million Euro, den die Stadt von 2007 bis 2011 für von Bund und Land übertragene Aufgaben ohne jeden Kostenersatz aufzuwenden hatte.

Bürgermeister Helmut Manzenreiter: "Die Bestimmungen für den neuen Aufteilungsschlüssel wurden vom Land Kärnten überfallsartig beschlossen - ohne mit den Städten und betroffenen Gemeinden des Landes vorher überhaupt zu sprechen oder mögliche Auswirkungen zu diskutieren!" Dieses neue Gesetz sei ein glatter Raubzug! Das Land hole sich per Gesetzesbeschluss hinkünftig und mit einem Steigerungspotenzial von vier Prozent jährlich rund 2,25 Millionen Euro aus den Taschen der Villacherinnen und Villacher.
"Diese unverschämte Form der Veränderung des Finanzausgleichs steht in der Geschichte Kärntens einzigartig da!", erklärt Manzenreiter. Dazu komme noch die zuvor massiv gekürzte Kindergartenförderung und das neue, jedoch nicht aufkommensneutrale Landes-Tourismusgesetz, wodurch dem Budget der Stadt Villach rund drei Millionen Euro entzogen werden! Manzenreiter: "Das ist für mich eine Bestrafung der Tüchtigen! Die Wegnahme der enormen Mittel und damit die Benachteiligung der Bürgerinnen und Bürger engen jetzt den Entwicklungsspielraum unserer Stadt massiv und folgenschwer ein! Villach hat sich bis jetzt äußerst gut entwickelt."

Der St. Veiter Bürgermeister Gerhard Mock unterstreicht die dramatische Situation: "Die Kärntner Bezirksstädte bluten aus! In St. Veit sind die unbeeinflussbaren Pflichtausgaben in den letzten zehn Jahren um 72 %, die relevanten Einnahmen (Ertragsanteile vom Bund) aber nur um 18 % gestiegen. Diese Entwicklung drängt uns an den finanziellen Abgrund. Neben der Senkung der Landesumlage schlage ich daher eine Änderung bei der Kindergartenfinanzierung (Übernahme durch die Gemeinden) und bei der Krankenanstaltenabgangsdeckung (Übernahme durch das Land) vor."

Auch der Wolfsberger Bürgermeister Hans Peter Schlagholz wies darauf hin, dass die Städte die Investitionsmotoren sind und diese Aufgabe nicht mehr wahrnehmen werden können.

Die Bürgermeister fordern Gespräche mit dem Land, keine Behandlung als Bittsteller, die über Bedarfszuweisungen "ein paar Euro bekommen wollen" und kein "Herumschicken von einem Referenten zum anderen".
     
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