Interaktion und Spezialisierung der Gehirnhälften – RUB-Experiment: Die Folgen von Lichtstimulation
Bochum (rub) - Wann immer wir etwas tun, ist eine unserer Gehirnhälften aktiver als die andere.
Viele Aufgaben sind jedoch nur lösbar, wenn beide Seiten zusammenarbeiten. Wie solche Spezialisierungen und
Kooperationen entstehen, untersuchen PD Dr. Martina Manns und Juliane Römling von der Ruhr-Universität
Bochum. Anhand eines Tauben-Modells weisen sie erstmals experimentell nach, dass die Fähigkeit, komplexe Eindrücke
aus beiden Hirnhälften zusammenzufügen, von Umweltfaktoren während der embryonalen Phase abhängig
ist. Die Ergebnisse der Studie erscheinen online in Nature Communications.
Einseitige Lichtstimulation
Im Ei drehen die Embryonen ihren Kopf so, dass ein Auge der Schale zugewendet, und das andere durch den Körper
abgedeckt ist. Dadurch kommt es zu einer einseitigen Lichtstimulation, die beide Gehirnhälften beeinflusst.
PD Dr. Manns nutzt diesen Mechanismus für das Experiment. Eine Gruppe von Küken wird in einem beleuchteten
Brutschrank ausgebrütet, eine andere in vollkommener Dunkelheit. Danach testen die Wissenschaftler, ob die
Interaktion zwischen beiden Seiten im Erwachsenenalter gleich ausgeprägt ist. Dabei zeigt sich, dass sich
der Austauschprozess ohne den Lichtreiz nicht voll entwickeln kann. Die Forscherinnen können so Rückschlüsse
auf die Entstehung von Arbeitsprozessen im menschlichen Gehirn ziehen. Bei ADHS oder Autismus sind die Verknüpfungen
zwischen beiden Hälften anders aufgebaut. Daher besteht zudem die Möglichkeit, dass die Befunde zum Verständnis
dieser Störungen beitragen und so Hinweise auf neue Therapieansätze liefern.
Einordnung von Farbpaaren
Um festzustellen, wie gut die Tiere eingehende Informationen verarbeiten können, stellen Manns und Römling
ihnen eine Aufgabe, bei der beide Gehirnhälften miteinander kommunizieren müssen. Zu diesem Zweck nutzen
die beiden Psychologinnen Farbpaare einer transitiven Reihe (A>B>C>D>E), wobei eines der beiden Elemente
mit Futter belohnt wird. Zuerst müssen die Tauben lernen die Kombination A/B und B/C mit dem einen Auge zu
erkennen, und C/D und D/E mit dem anderen. Danach dürfen sie beide Augen verwenden, um beispielsweise das
Paar B/D richtig einzuordnen. Dies gelingt jedoch nur den Vögeln, die in einer hellen Umgebung geschlüpft
sind.
Titelaufnahme
M. Manns, J. Römling (2012): The impact of asymmetrical light input on cerebral hemispheric specialization
and interhemispheric cooperation, Nature Communications, doi: 10.1038/ncomms1699 |