"Alle Mängel schonungslos offenlegen" - Inspektionsbesuche von unabhängigen
Experten in AKW-Staaten - Initiator Österreich in vier Länderteams dabei
Wien (bmlfuw) - Am 12.03. beginnt die entscheidende Phase der "Stresstests" für europäische
Atomkraftwerke. "Teams mit unabhängigen Fachleuten aus allen europäischen Ländern werden die
AKW-Staaten und auch Kernkraftwerke selbst besuchen, um die bisher vorgelegten Sicherheits- und Risikoberichte
genauestens unter die Lupe zu nehmen. Inspektionsbesuche multinationaler, unabhängiger Expertenteams in AKW
waren vor einem Jahr noch völlig undenkbar. Österreichische Nuklearsicherheitsprofis gehören vier
der insgesamt 17 Länderteams an und werden für eine hohe Qualität der Ergebnisse sorgen. Persilscheine
für die Atomlobby darf es nicht geben", berichtet Umweltminister Nikolaus Berlakovich, der die Stresstests
unmittelbar nach dem Fukushima-Unglück auf EU-Ebene initiiert hat.
In den ersten zwei Phasen der Stresstests haben die AKW-Betreiber und die nationalen Atomaufsichtsbehörden
die Risikofaktoren der jeweiligen Atomkraftwerke beurteilt und festgehalten. Dazu zählen auslösende Ereignisse
wie Katastrophen, der Verlust von Sicherheitsfunktionen und das Management im Krisenfall. Kein Risikofaktor wird
ausgeklammert.
Seit Jänner sind nun etwa 80 internationale, unabhängige Experten in einer dritten Phase, den so genannten
Peer Reviews, dabei, diese Berichte kritisch zu hinterfragen. "Bisher sind rund 2.000 offene Fragen aufgetaucht",
berichtet Berlakovich. In den bisherigen Expertentreffen sowie bei den kommenden Länderinspektionen geht es
nun darum, Antworten auf diese Fragen zu bekommen und in die 17 Länderberichte einzuarbeiten. Diese Berichte
sowie ein zusammenfassender technischer Bericht werden Ende April bzw. Anfang Mai veröffentlicht werden und
die Basis für eine politische Bewertung bilden. Im Juni-Rat sind dann die EU-Staats- und Regierungschefs gefordert,
Konsequenzen zu ziehen.
"Die Ergebnisse der Stresstests müssen entscheidende Auswirkungen auf die europäische AKW-Politik
haben", betont Berlakovich. "Beispielsweise hat schon jetzt die französische Atomaufsichtsbehörde
massive Nachrüstauflagen für Atomkraftwerke angekündigt. Die Aufdeckung von Mängeln muss dazu
führen, dass die bestehenden Reaktoren zumindest umfassend sicherheitstechnisch nachgerüstet oder noch
besser endgültig vom Netz genommen werden. Wir müssen raus aus der Atomkraft und rein in die Erneuerbaren
- je früher, desto besser. Alles andere darf nur eine Übergangslösung sein."
Parallel dazu setzt sich Berlakovich, der auch in bilateralen Gesprächen stets Österreichs Sicherheitsbedenken
zum Ausdruck bringt und in wichtigen Verfahren verankert und andere Initiativen wie die europäische Anti-Atom-Allianz
gestartet hat, auf EU-Ebene dafür ein, dass sämtliche Ergebnisse der Stresstests öffentlich einsehbar
sein werden. "Alle Mängel müssen schonungslos aufgezeigt werden. Während bisher jeder Staat
selbst seine Atomkraftwerke überprüft hat, gibt es nun erstmals ein einheitliches Bewertungsverfahren
für ganz Europa und darüber hinaus. Das ist eine enorme Chance - gerade für Anti-AKW-Staaten wie
Österreich. Unser Land ist mit seinem Knowhow in vorderster Front der "Kontrollen der Kontrollen"
mit dabei", so Berlakovich. |