Brüssel (ec.europa) - Jedes Jahr wandern in Europa Milliarden Euro geradewegs in die Taschen der
Mafia oder krimineller Banden. Trotz der Bemühungen der Strafverfolgungsbehörden in ganz Europa gelingt
es den Tätern, einen Großteil ihrer illegalen Profite staatlichem Zugriff zu entziehen. Den europäischen
Bürgern werden so Steuergelder vorenthalten, die in die Gesundheitsfürsorge oder in die Schulbildung
investiert werden könnten, gleichzeitig wird die organisierte Kriminalität dadurch gestärkt.
Die Kommission hat am 12.03. eine neue Regelung für eine wirksamere und umfassendere Einziehung von Geldern
und anderen Vermögensgegenständen, die aus Straftaten stammen, vorgeschlagen. Danach sollen auch Vermögensgegenstände
sichergestellt oder eingezogen werden können, wenn der Tatverdächtige geflohen ist, wenn die Gegenstände
Dritten übertragen wurden oder wenn ihr Verlust zu befürchten ist.
„Wir müssen Kriminelle an der Stelle treffen, wo es ihnen am meisten weh tut, nämlich beim Geld. Wir
müssen dafür sorgen, dass kriminelles Vermögen gerade in Krisenzeiten wieder der legalen Wirtschaft
zugeführt wird. Strafverfolgung und Justiz müssen besser ausgestattet sein, um den aus Straftaten erlangten
Profiten nachspüren zu können. Und sie brauchen eine bessere Handhabe, um kriminelles Vermögen in
einem größeren Umfang abschöpfen zu können“, erklärte EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström.
Der Betrag, der aus Profiten der organisierten Kriminalität abgeschöpft wird, fällt im Vergleich
zu den geschätzten Einnahmen beispielsweise aus dem Drogen-, Menschen- oder Waffenhandel oder dem Handel mit
nachgeahmten Waren bescheiden aus.
Schätzungen der UN zufolge beliefen sich die aus Straftaten erlangten Profite 2009 weltweit auf insgesamt
etwa 2,1 Billionen USD bzw. 3,6 % des weltweiten BIP. Ein Großteil dieses „schmutzigen“ Gelds wird gewaschen
und in den regulären Wirtschaftskreislauf eingeschleust. Nicht mal ein 1 % davon wird derzeit vom Staat aus
dem Verkehr gezogen.
Die organisierte Kriminalität macht in der EU erheblichen Profit. Der Drogenhandel wirft beispielsweise in
der EU jährlich schätzungsweise 100 Mrd. EUR ab.
In Italien werden die aus organisierter Kriminalität erlangten Erträge mit etwa 150 Mrd. EUR jährlich
veranschlagt. 2009 stellten die italienischen Behörden kriminelles Vermögen im Wert von rund 800 Mio.
EUR sicher.
Im Vereinigten Königreich beliefen sich die Einnahmen aus der organisierten Kriminalität 2006 auf schätzungsweise
15 Mrd. GBP. Davon zog der Staat im gleichen Jahr 125 Mio. GBP ein.
In Deutschland wurden 2009 113 Mio. EUR aus Straftaten der organisierten Kriminalität sichergestellt. Das
klingt beeindruckend, doch der erste Eindruck täuscht, wenn man bedenkt, dass es den Tätern gelungen
ist, 903 Mio. EUR beiseite zu schaffen.
Die Vermögensabschöpfung fördern – die Wirtschaft schützen
Organisierte kriminelle Gruppen investieren ihr Vermögen zunehmend im Ausland (oft in mehreren Ländern)
oder übertragen es Dritten (häufig Verwandten oder Strohmännern), um der Einziehung zu entgehen.
Häuser, Autos, Restaurants, kleine Unternehmen oder Unternehmensanteile sind nur kleine Beispiele dafür,
wie illegales Vermögen in legale Vermögenswerte oder Unternehmungen investiert werden kann.
Wenn die Einziehung illegalen Vermögens erleichtert wird, wird kriminellem Tun der Hauptanreiz genommen, weil
deutlich wird, dass sich Straftaten nicht auszahlen. Gleichzeitig wird dadurch unsere Wirtschaft vor krimineller
Unterwanderung und Korruption geschützt. Wenn mehr kriminelles Vermögen vom Staat abgeschöpft wird,
zahlt sich dies für die Opfer von Straftaten, Steuerzahler und die Gesellschaft insgesamt aus. So kann das
eingezogene Vermögen für soziale Zwecke, für Strafverfolgung oder Prävention verwendet werden.
Der Vorschlag vereinfacht bestehende Regelungen und schließt wichtige Schlupflöcher für die organisierte
Kriminalität. Vorgesehen ist u. a. Folgendes:
- Die Einziehung von Vermögensgegenständen, die nicht in direktem Zusammenhang mit einer bestimmten
Straftat stehen, aber eindeutig aus ähnlichen kriminellen Aktivitäten der verurteilten Person stammen
(erweiterte Einziehung), wird klarer und effizienter geregelt.
- Die Einziehung von Vermögensgegenständen, die der Tatverdächtige einem Dritten übertragen
hat, der hätte erkennen müssen, dass diese Gegenstände aus einer Straftat stammen (Dritteinziehung),
wird verschärft.
- Vermögensgegenstände können auch dann eingezogen werden, wenn eine strafrechtliche Verurteilung
wegen Tod, dauernder Erkrankung oder Flucht der beschuldigten Person nicht möglich ist (Einziehung ohne vorherige
Verurteilung in begrenzten Fällen).
- Die Staatsanwaltschaft kann Vermögensgegenstände sicherstellen, wenn die Gefahr besteht, dass die
Gegenstände andernfalls verschwinden (diese einstweilige Sicherstellung muss von einem Gericht bestätigt
werden).
- Die Mitgliedstaaten sollen sichergestellte Vermögensgegenstände in einer Weise verwalten, dass sie
nicht an Wert verlieren, bevor sie endgültig eingezogen werden (Vermögensverwaltung).
- Die Sicherstellung und Einziehung von Vermögensgegenständen muss mit einem starken Grundrechtsschutz
einhergehen. Insbesondere muss dafür gesorgt werden, dass das Recht auf Eigentum und die Unschuldsvermutung
gewahrt werden.
Hintergrund
Am 22. November 2010 nahm die Kommission die „EU-Strategie der inneren Sicherheit“ an. Die Einziehung von Erträgen
aus Straftaten gilt als wirksames Instrument im Kampf gegen die organisierte Kriminalität und zählt daher
zu den strategischen Prioritäten der EU.
Der heutige Vorschlag zu Einziehung und Vermögensabschöpfung ist Teil eines Maßnahmenpakets
zum Schutz der legalen Wirtschaft vor krimineller Unterwanderung im Zusammenhang mit der Strategie Europa 2020
und der Wachstumsagenda. Hierzu zählt auch das Antikorruptionspaket der EU und die Betrugsbekämpfungsstrategie
der Kommission.
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