Sir Nicky - Held wider Willen   

erstellt am
09. 03. 12

Wie ein Brite Kinder vor den Nazis rettete – Ein Dokumentarfilm von Matej Mináè und Patrik Pašš - Slowakei/Tschechien, 2011, deutsche Synchronfassung (90 Min.)
Wien (mzv.sk/sivieden) - Der heute über 100-jährige Brite Sir Nicholas Winton (geb. 1909) ist ein Held, der eigentlich keiner sein wollte. Der Dalai Lama, Václav Havel und Madeleine Albright halten öffentlich Lobreden über ihn, Queen Elisabeth II adelte ihn mit dem Ritterschlag. Tausende von Kindern fühlen sich von ihm inspiriert und engagieren sich für die Menschlichkeit. Dabei sind Nicky Winton diese zahlreichen Ehrungen eher unangenehm. Jahrzehntelang hat er über das geschwiegen, was kurz vor dem Zweiten Weltkrieg geschah. Von seinem selbstlosen Handeln, das Hunderten Kindern das Leben rettete, erfuhr die Öffentlichkeit erst Jahrzehnte später.

Prag 1939, nach dem Einmarsch der Deutschen in die Tschechoslowakei wird der 30-jährige Börsenmakler Nicholas Winton Zeuge von Fluchtversuchen jüdischer Familien. Tief berührt von der Verzweiflung der Familien, insbesondere der Kinder, denen der Abtransport in Konzentrationslager und damit der sichere Tod droht, beschließt er zu helfen: Er organisiert Kindertransporte von Prag durch Hitler- Deutschland bis nach Großbritannien. Dort warten dank seines persönlichen Engagements britische Gastfamilien und Heime auf die Flüchtlinge. 669 Kindern rettet Nicholas Winton so das Leben. Fast 50 Jahre lang schweigt er über das Geschehene. Nur durch Zufall entdeckt seine Frau Ende der 80er Jahre beim Aufräumen des Speichers sein Notizbuch mit detaillierten Aufzeichnungen von damals. Ohne sein Wissen kontaktiert sie das Britische Fernsehen und organisiert ein erstes "Familientreffen": Im Film begegnen sich erstmals Nicholas Winton und einige der von ihm geretteten Kinder, die inzwischen längst erwachsen sind. Ihnen war bis dahin nicht bekannt, dass sie ihr Leben nicht dem Roten Kreuz, sondern diesem einzelnen Menschen verdanken.

Das Doku-Drama "Sir Nicky - Held wider Willen" (Originaltitel: "Nicky's Family") rekonstruiert die dramatische Rettungsaktion und erzählt das Schicksal mehrerer Kinder, die Nicholas Winton ihr Leben verdanken. Präsentiert wird die Geschichte von dem bekannten, inzwischen über 80- jährigen BBC-Reporter Joe Schlesinger, der selbst als Kind von Nicky gerettet worden war. Auf einer weiteren Erzählebene schildert der Film, wie sich Kinder, inspiriert von Nicholas Wintons selbstloser Rettungsaktion, überall auf der Welt sozial engagieren. Persönliche Interviews, hochwertige Spielfilm-Szenen und authentisches Archivmaterial werden auf packende Weise miteinander verwoben.

Ein spannender und emotionaler Film über Mitgefühl und Zivilcourage, der u. a. 2011 beim Karlovy Vary Film Festival in Karlsbad, Tschechien, mit dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde.

Zur Entstehung des Films
Mitte der 1990er Jahre stießen die slowakischen Filmemacher Patrik Pašš und Mateij Mináè auf die einzigartige Geschichte von Sir Nicholas Winton, einer Art britischem Oskar Schindler, der kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges 669 meist jüdische Kinder aus der Tschechoslowakei vor dem sicheren Tod rettete. Sie konnten nicht glauben, dass sich noch kein Filmemacher dieser Geschichte angenommen hatte, zumal der damals über 90-jährige Nicholas Winton und die meisten der von ihm geretteten Kinder noch lebten. Mateij Mináè und Patrik Pašš wollten nicht riskieren, dass diese ungewöhnliche Geschichte möglicherweise mit dem Tod der Augenzeugen in Vergessenheit geraten würde. Zunächst produzierten sie den Spielfilm "All my loved ones" (1997), dann den kürzeren Dokumentarfilm "The Power of Good and we", der 2002 mit einem Emmy Award ausgezeichnet wurde. Königin Elisabeth II war so beeindruckt von der wahren Geschichte, die der Film erzählt, dass sie Nicholas Winton 2003 für seine Verdienste um die Menschlichkeit zum Ritter schlug. In der deutschen Presse fand Wintons Heldentat vereinzelt Aufmerksamkeit, als 2009 der Gedächtniszug "Winton Train" mit Kindern von damals noch einmal von Prag über Nürnberg, Wiesbaden und Köln nach London fuhr. Vor allem die Reaktion der jungen Generation war erstaunlich, da viele, vom Film ergriffen und inspiriert, anfingen, sich persönlich auf vielfältige Art und Weise zu engagieren: Manche arbeiteten karitativ in Altersheimen und Waisenhäusern oder halfen mit Spendenaktionen anderen Kindern in Afrika und Kambodscha.

Unter dem Eindruck der Resonanz ihres kurzen Dokumentarfilms entschieden die beiden Filmemacher, einen weiteren Film über Nicholas Winton und seine selbstlose Rettungsaktion zu drehen, dieses Mal einen abendfüllenden Dokumentarfilm, der die Geschichte von mehreren der geretteten Kinder, die - inzwischen über 70 Jahre alt - überall in der Welt verstreut leben, erzählt.

Biografien
Matej Minác, geboren 1961 in Bratislava, studierte Regie an der Akademie der Darstellenden Künste in Bratislava. Seit 1990 lebt er als freier Filmemacher in Prag und Bratislava. Bei seinem Debütfilm über den slowakischen Regisseur Juraj Jakubisko konnte Matej Mináè bereits mit Frederico Fellini zusammenarbeiten. Später realisierte Mináè in Zusammenarbeit mit Fero Fenic den Spielfilm "Four angry men" und produzierte im Auftrag des tschechischen Fernsehens Filmportraits über berühmte tschechische Persönlichkeiten. Er ist Autor diverser Dokumentar- und Musikfilme.

Filmografie (Auswahl)
1999 "All my loved ones", Spielfilm, 91 Minuten 2002 "Nicholas Winton - The Power of Good", Dokumentarfilm, 62 Minuten Internationaler Emmy Award für den besten ausländischen Dokumentarfilm, 2002

Patrik Pašš, geboren 1948 in Bratislava, studierte Schnitt an der Akademie der Darstellenden Künste in Prag. Von 1965 bis 1994 arbeitete er zunächst als Assistent für Kamera, Ton und Schnitt und leitete dann die Schnittabteilung im Bratislava Studio beim Tschechoslowakischen (später Slowakischen) Fernsehen. 1996 gründete er "Trigon Produktion". Für seine Arbeit wurde er u. a. mit dem Emmy Award, dem Christopher Award und dem Böhmischen Löwen ausgezeichnet. Seit einigen Jahren ist er hauptsächlich als Filmproduzent tägig.

Preise für "Nicky's Family" 2011/2012

  1. Audience Award for Best Documentary - Montreal World Film Festival 2011, Canada
  2. Forum for the Preservation of Audio-Visual Memory Award Jerusalem Film Festival 2011, Israel
  3. Audience Award - Karlovy Vary International Film Festival 2011, Czech Republic
  4. Prize of the Mayor of Piestany - IFF Cinematik 2011, Slovak Republic
  5. Prize of Oty Hofman for Best Film and Special Prize of Jury for Film with the most impressive moral accent - Children's Film Festival of Ota Hofman 2011 - Czech Republic
  6. David Camera Award for Best Music - Warsaw Jewish Film Festival 2011, Poland
  7. Audience Award for Best Documentary - UK Jewish Film Festival, 2011, UK
  8. Audience Award for Best Film - Palm Beach Jewish Film Festival, 2011, USA
  9. Audience Award for Best Documentary, Sedona International Film Festival, 2012, USA
  10. Audience Award for Best Documentary, Atlanta Jewish International Film Festival, 2012, USA.

Aufführungstermin: Mittwoch, 14. März 2012
18.30 Uhr im Slowakischen Institut (Wipplingerstr. 24-26, 1010 Wien)
Originaltitel: "Nicky's Family"
Ein Dokumentarfilm von Matej Mináè und Patrik Pašš - Slowakei/Tschechien, 2011, deutsche Synchronfassung (90 Min.)

Eine Anmeldung ist unter si.wien@gmx.at erforderlich.

     
Informationen: http://www.mzv.sk/sivieden    
     
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