Erstmalig in Deutschland wurde am Frankfurter Uniklinikum ein Verfahren eingesetzt, dass dank
lokaler Chemotherapie die Nebenwirkungsbelastung weitgehend reduziert.
Frankfurt (idw) - Am Klinikum der J.W. Goethe-Universität sind Ende Februar zwei Patientinnen
mit der Chemosaturation-Therapie behandelt worden. Die in den USA gemeinsam mit der Firma Delcath entwickelte Anwendung
wurde zum ersten Mal in Deutschland und erst am zweiten Standort in Europa durchgeführt. Es handelt sich bei
dem Verfahren um eine lokal begrenzte Chemotherapie. Das chemisch behandelte Blut der Leber wird über ein
Kathetersystem abgesaugt, in einem Filter außerhalb des Körpers gereinigt und dann der Leber wieder
zugeführt. Durch diese Vorgehensweise kann die Chemotherapie sehr hoch dosiert eingesetzt werden. Weil die
Chemikalien jedoch nicht in andere Organe gelangen, treten maximal minimierte Nebenwirkungen auf. Die medizinische
Betreuung der beiden Patientinnen mit Krebs in fortgeschrittenem Stadium ist erfolgreich verlaufen und sie konnten
nach kurzer Zeit das Krankenhaus verlassen.
Das Leberzentrum und das Universitäre Centrum für Tumorerkrankungen (UCT) am Uniklinikum Frankfurt sind
in der Krebstherapie mit der Nutzung der Chemosaturation einen wichtigen Schritt vorwärts gegangen. Seit vielen
Jahren forschen die Institute an Verfahren, die eine lokal begrenzte chemotherapeutische Tumorbehandlung ermöglichen.
Durch die Chemosaturation ergeben sich hier nun neue Perspektiven. Prof. Thomas J. Vogl, Direktor des Instituts
für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, erklärt: „Diese Technologie hat signifikantes Potenzial,
Krebs in der Leber zu kontrollieren. Wir freuen uns, das erste Krebszentrum nördlich der Alpen zu sein, das
diese wichtige Behandlungsoption für Patienten bietet. Zudem sind wir bestrebt, die Rolle des Verfahrens bei
multiplen Tumorarten einschließlich Brustkrebs weiter zu untersuchen.” In Kooperation mit der Firma Delcath
will das Frankfurter Uniklinikum sein Leberzentrum und das UCT zu dem Referenzzentrum für die Chemosaturation
in Deutschland und Nordeuropa machen.
Das Besondere an der Chemosaturation ist ein Filter, mit dem das Medikament wieder aus dem Körper entfernt
wird. Zu diesem Zweck wird über ein Kathetersystem ein geschlossener Blutkreislauf mit der Leber hergestellt
(siehe Graphik rechts oben). Ein in die Leberarterie eingeführter Katheter hat im Abstand von einigen Zentimetern
zwei Verdickungen (Ballons). Wenn diese Ballons von außen gefüllt werden, verstopfen sie die Arterie
nach oben und unten, sodass die Leber vom restlichen Blutkreislauf des Körpers isoliert ist. Zwischen den
beiden Ballons befindet sich ein perforierter Schlauch, über den ein Austausch zwischen dem Blut im Kathetersystem
und dem in der Leber stattfindet. Über einen zusätzlichen Katheter wird das Chemotherapeutikum in das
Organ geleitet. Durch eine Pumpe wird dann das chemotherapeutisch behandelte Blut über die kleinen Löcher
im Schlauch nach unten aus der Leberarterie gesaugt und außerhalb des Körpers in einem Filtergerät
gereinigt. Das saubere Blut wird von oben wieder der Leberarterie zugeführt und gelangt über die Schlauchperforation
zurück in die Leber. Auf diesem Weg wird das Blut des Organs solange gefiltert, bis alle Chemikalien wieder
aus dem Körper entfernt wurden. Die gesamte Prozedur dauert etwa drei Stunden.
Für die Umsetzung dieses anspruchsvollen Verfahrens ist ein vielköpfiges Team aus Ärzten und medizinisch-technischem
Fachpersonal aus den USA zur Unterstützung nach Frankfurt gekommen. Sie haben gemeinsam mit dem Frankfurter
Team umfangreiche Trainingseinheiten durchgeführt und die Behandlung der ersten beiden Patientinnen begleitet.
Neben dieser externen Hilfe war die interdisziplinäre Zusammenarbeit innerhalb des Klinikums unerlässlich.
„An der Umsetzung waren vor allem die Kollegen aus Anästhesie, Kardiologie, Gastroenterologie und Radiologie
beteiligt, aber auch noch einige weitere Fachgebiete. Ohne die hervorragende Zusammenarbeit aller Beteiligten,
der Pflegekräfte, des medizinisch-technischen Personals sowie der Ärztinnen und Ärzte, hätten
wird das Verfahren nicht so erfolgreich anwenden können“, sagt Prof. Vogl. Federführend an der Umsetzung
beteiligt waren Dr. Gösta Lotz, Oberarzt der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie
unter der Leitung von Prof. Kai Zacharowski, PD Stefan Zangos, Oberarzt am Institut für Diagnostische und
Interventionelle Radiologie, und Dr. Christian Keller, Facharzt an der Klinik für Strahlentherapie und Onkologie.
Die Chemosaturation-Therapie richtet sich vorerst an Patienten, bei denen alle anderen Behandlungsoptionen ausgeschöpft
wurden. In Zukunft könnte das Verfahren aber auf zusätzliche Anwendungsfelder ausgeweitet werden. |