ÖVP-Vorschlag für neues Wahlrecht  

erstellt am
16. 03. 12

 Kurz: Personen statt Parteien wählen
Staatssekretär Sebastian Kurz hat ein neues Wahlrecht ausgearbeitet. Dabei könnten die Bürger künftig 100 Abgeordnete direkt in den Nationalrat wählen.
Wien (övp-pd) - ÖVP-Chef Michael Spindlegger hat Staatssekretär Sebastian Kurz beauftragt, ein neues Wahlrecht auszuarbeiten. Diese Arbeit ist nun abgeschlossen. Durch das neue Modell sollen künftig hundert Abgeordnete direkt von den Bürgern in den Nationalrat gewählt werden. Die restlichen Mandate sollen so verteilt werden, dass die Partei-Kräfteverhältnisse entsprechend dem Wählerwillen verteilt werden.

Das Modell im Detail
Die genaue Zusammenstellung der hundert Direktmandate geht aus den 43 Wahlkreisen hervor. Je nach Bevölkerungsgröße, sollen ein bis drei Mandate pro Wahlkreis gewählt werden. Die Wähler bekommen dabei einen Stimmzettel, mit mehreren Abgeordneten-Kandidaten. Jeder Wähler kreuzt einen Kandidaten-Namen an, wobei die Stimme gleichzeitig auch für die jeweilige Partei gilt. Eine eigene Parteistimme soll es dadurch künftig nicht mehr geben. Die Kandidaten mit den meisten Stimmen bekommen das Direktmandat aus dem betreffenden Wahlkreis.

Im zweiten Schritt werden alle Kandidatenstimmen den jeweiligen Parteien zugeordnet und gezählt, wobei die Direktmandate bereits angerechnet werden. Der Rest der Nationalratsmandate wird entsprechend der Parteistärken über Landes- und Bundeslisten vergeben. Durch das neue Modell sollen die Politiker den Wählern wieder stärker verpflichtet sein: „Es soll wieder eine direkte Bindung zwischen Politikern und seinen Wählern geben. Einen Mandatar, den die Wähler für korrupt halten, werden sie nicht wählen.“

 

 Musiol: Viele Fragen bleiben offen
Abg. Daniela Musiol: "Sind gespannt, ob sich Kurz gegen die Direktdemokratie-Blockierer in seiner eigenen Partei durchsetzen wird können."
Wien (grüne) - Dass mit Sebastian Kurz in seiner Funktion als JVP-Chef zum ersten Mal jemand aus den Reihen der ÖVP, die sich bis heute in Sachen mehr direkte Demokratie nur als "Blockierer" präsentiert hat, über diesen "schwarzen Schatten" springt und einen konkreten Vorschlag für die Stärkung der direkten Demokratie auf den Tisch legt, wird von der Grünen Verfassungssprecherin NAbg. Daniela Musiol "positiv registriert": "Freilich bleibt abzuwarten, ob sich Kurz damit in den ÖVP-Blockierer-Reihen durchsetzen kann", sagt sie zu Kurz' Vorschlag, verpflichtende Volksabstimmungen ab einer Beteiligung von zehn Prozent der Wahlberechtigten einzuführen: " Aus unserer Sicht müsste dafür jedoch die gleiche Hürde (4%) gelten, wie sie für eine wahlwerbende Liste gilt, die in den Nationalrat einziehen will. Ein Grüner Vorschlag zur Verbesserung der Direkten Demokratie liegt bereits in Form eines Antrages seit Monaten dem Parlament vor. Die ÖVP kann bereits im nächsten Verfassungsausschuss zeigen wie ernst sie es mit diesen Reformen meinen", so Musiol.

Zur Ankündigung des JVP-Chefs, Online-Partizipationsmöglichkeiten ausbauen zu wollen, erinnert Musiol erstens daran, dass dies nach hartem Grünen Kampf nun bereits bei den neuen Europäischen BürgerInneninitiativen ab 1. April möglich ist: "Bei Wahlen jedoch hat der Verfassungsgerichtshof erst letztes Jahr nach dem E-Voting-Desaster bei den ÖH-Wahlen festgestellt, dass es bis jetzt keine (technischen) Möglichkeiten gibt, das persönliche und geheime Wahlrecht sicherzustellen: So lange die Technologie keine Sicherheit liefern kann, heißt es: Finger weg davon!"

Kritischer äußert sich Musiol zu Kurz' Wahlrechtsänderungsvorschlägen: "Hierbei sind noch viele Fragen offen", so die Grüne Verfassungssprecherin: "Es entspricht nicht meinem Verständnis, Demokratiereformen ausschließlich in irgendwelchen Parteigremien zu erfinden", appelliert sie daran, "im Parlament gemeinsam Reformen zu diskutieren und zu entwicklen, damit nicht immer das jeweilige Parteiinteresse die Perspektive vorgibt. Entscheidend ist vor allem was aus Sicht der WählerInnen notwendig ist um gut zusammengesetzte Parlamente zu erhalten" Musiol erinnert daran, dass Nationalratspräsidentin Prammer eine diesbezügliche Initiative angekündigt hat - eine konkrete Einladung zu einem solchen Allparteien-Termin steht jedoch leider noch aus.
     

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