Kurz:
Personen statt Parteien wählen
Staatssekretär Sebastian Kurz hat ein neues Wahlrecht ausgearbeitet. Dabei könnten
die Bürger künftig 100 Abgeordnete direkt in den Nationalrat wählen.
Wien (övp-pd) - ÖVP-Chef Michael Spindlegger hat Staatssekretär Sebastian Kurz beauftragt,
ein neues Wahlrecht auszuarbeiten. Diese Arbeit ist nun abgeschlossen. Durch das neue Modell sollen künftig
hundert Abgeordnete direkt von den Bürgern in den Nationalrat gewählt werden. Die restlichen Mandate
sollen so verteilt werden, dass die Partei-Kräfteverhältnisse entsprechend dem Wählerwillen verteilt
werden.
Das Modell im Detail
Die genaue Zusammenstellung der hundert Direktmandate geht aus den 43 Wahlkreisen hervor. Je nach Bevölkerungsgröße,
sollen ein bis drei Mandate pro Wahlkreis gewählt werden. Die Wähler bekommen dabei einen Stimmzettel,
mit mehreren Abgeordneten-Kandidaten. Jeder Wähler kreuzt einen Kandidaten-Namen an, wobei die Stimme gleichzeitig
auch für die jeweilige Partei gilt. Eine eigene Parteistimme soll es dadurch künftig nicht mehr geben.
Die Kandidaten mit den meisten Stimmen bekommen das Direktmandat aus dem betreffenden Wahlkreis.
Im zweiten Schritt werden alle Kandidatenstimmen den jeweiligen Parteien zugeordnet und gezählt, wobei die
Direktmandate bereits angerechnet werden. Der Rest der Nationalratsmandate wird entsprechend der Parteistärken
über Landes- und Bundeslisten vergeben. Durch das neue Modell sollen die Politiker den Wählern wieder
stärker verpflichtet sein: Es soll wieder eine direkte Bindung zwischen Politikern und seinen Wählern
geben. Einen Mandatar, den die Wähler für korrupt halten, werden sie nicht wählen. |
Musiol: Viele Fragen bleiben offen
Abg. Daniela Musiol: "Sind gespannt, ob sich Kurz gegen die Direktdemokratie-Blockierer
in seiner eigenen Partei durchsetzen wird können."
Wien (grüne) - Dass mit Sebastian Kurz in seiner Funktion als JVP-Chef zum ersten Mal jemand aus den
Reihen der ÖVP, die sich bis heute in Sachen mehr direkte Demokratie nur als "Blockierer" präsentiert
hat, über diesen "schwarzen Schatten" springt und einen konkreten Vorschlag für die Stärkung
der direkten Demokratie auf den Tisch legt, wird von der Grünen Verfassungssprecherin NAbg. Daniela Musiol
"positiv registriert": "Freilich bleibt abzuwarten, ob sich Kurz damit in den ÖVP-Blockierer-Reihen
durchsetzen kann", sagt sie zu Kurz' Vorschlag, verpflichtende Volksabstimmungen ab einer Beteiligung von
zehn Prozent der Wahlberechtigten einzuführen: " Aus unserer Sicht müsste dafür jedoch die
gleiche Hürde (4%) gelten, wie sie für eine wahlwerbende Liste gilt, die in den Nationalrat einziehen
will. Ein Grüner Vorschlag zur Verbesserung der Direkten Demokratie liegt bereits in Form eines Antrages seit
Monaten dem Parlament vor. Die ÖVP kann bereits im nächsten Verfassungsausschuss zeigen wie ernst sie
es mit diesen Reformen meinen", so Musiol.
Zur Ankündigung des JVP-Chefs, Online-Partizipationsmöglichkeiten ausbauen zu wollen, erinnert Musiol
erstens daran, dass dies nach hartem Grünen Kampf nun bereits bei den neuen Europäischen BürgerInneninitiativen
ab 1. April möglich ist: "Bei Wahlen jedoch hat der Verfassungsgerichtshof erst letztes Jahr nach dem
E-Voting-Desaster bei den ÖH-Wahlen festgestellt, dass es bis jetzt keine (technischen) Möglichkeiten
gibt, das persönliche und geheime Wahlrecht sicherzustellen: So lange die Technologie keine Sicherheit liefern
kann, heißt es: Finger weg davon!"
Kritischer äußert sich Musiol zu Kurz' Wahlrechtsänderungsvorschlägen: "Hierbei sind
noch viele Fragen offen", so die Grüne Verfassungssprecherin: "Es entspricht nicht meinem Verständnis,
Demokratiereformen ausschließlich in irgendwelchen Parteigremien zu erfinden", appelliert sie daran,
"im Parlament gemeinsam Reformen zu diskutieren und zu entwicklen, damit nicht immer das jeweilige Parteiinteresse
die Perspektive vorgibt. Entscheidend ist vor allem was aus Sicht der WählerInnen notwendig ist um gut zusammengesetzte
Parlamente zu erhalten" Musiol erinnert daran, dass Nationalratspräsidentin Prammer eine diesbezügliche
Initiative angekündigt hat - eine konkrete Einladung zu einem solchen Allparteien-Termin steht jedoch leider
noch aus. |