Stöger: Wir brauchen in den Regionen ein Haus der Gesundheit   

erstellt am
15. 03. 12

Fragestunde im Bundesrat mit Gesundheitsminister Alois Stöger
Wien (pk) - "Wir brauchen in den Regionen ein Haus der Gesundheit", das betonte Bundesminister Alois Stöger am 15.03. in der Fragestunde des Bundesrats. In diesen sollen die PatientInnen nicht nur AnsprechpartnerInnen finden, Ziel ist es auch, damit bessere Wirkung im präventiven Bereich zu erzielen und bei chronisch Kranken Behandlungspfade zu definieren. Ihm gehe es darum, die niedergelassene Versorgung zu stärken, gleichzeitig aber auch Spezialbehandlungen sicher zu stellen.

Der Gesundheitsminister strich weiters hervor, dass man durch das partnerschaftliche Zielsteuerungssystem, auf das sich Bund und Länder geeinigt haben, einen Paradigmenwechsel erzielen wird, weil der Behandlungspfad in Zukunft aus der Sicht der PatientInnen beschrieben wird und nicht mehr nur der Sicht der Institutionen folgt.

Was die elektronische Gesundheitsakte (ELGA) betrifft, so soll diese laut Stöger mit Juli 2013 flächendeckend eingeführt werden. Der Minister sicherte dabei höchsten Datenschutz und Transparenz zu.

Die einzelnen Fragen der BundesrätInnen:
Frage des Bundesrats Gerald Klug (S/St): In den Medien wird darüber berichtet, dass man sich auf ein partnerschaftliches Zielsteuerungssystem im Gesundheitswesen geeinigt hat; wie sehen die Eckpunkte eines solchen Zielsteuerungssystems aus?

Antwort:
Die Länder werden gemeinsam mit den Sozialversicherungsträgern die Versorgung der PatientInnen organisieren, erläuterte Bundesminister Alois Stöger, beide hätten auch eine gemeinsame Finanzverantwortung. Damit stehe ein Paradigmenwechsel bevor, da die Steuerung des Systems darauf abzielt, was die PatientInnen brauchen. Wurde früher der Behandlungspfad auf die Institutionen abgestimmt, so werde er sich in Zukunft allein an den PatientInnen orientieren.

Der Minister nahm auch zur Gesundheitsreform Stellung und betonte, neben dem partnerschaftlichen Zielsteuerungssystem habe man die Reform der Finanzierung der Gebietskrankenkasse in die Wege geleitet, wobei positive Ergebnisse erzielt werden konnten. Gemeinsam mit den Ländern habe man auch neue Schritte im Bereich der niedergelassenen Versorgung gesetzt. Notwendig erachtete er ein einheitliches Spitalsgesetz in dessen Rahmen die Bundesländer die Spitalslandschaft zu gestalten haben. Dem hätten die Länder grundsätzlich zugestimmt, berichtete Stöger und fügte hinzu: "So weit waren wir noch nie". Die Zusammenlegung der Krankenkassen sei nicht geplant, stellte er weiters fest und wies darauf hin, dass es sowohl für die Beitragsaufbringung im ASVG als auch für die Leistungen und Rechtsansprüche die gleichen rechtlichen Grundlagen gebe.

Frage der Bundesrätin Martina Diesner-Wais (V/N): Durch welche konkreten Maßnahmen zur Dämpfung der Kostensteigerungen im Gesundheitsbereich sollen die im Konsolidierungspaket angestrebten Ziele ohne Nachteil für die Patientinnen und Patienten erreicht werden?

Antwort:
International gesehen, verfüge Österreich über ein Gesundheitssystem, um das uns die Welt beneidet, betonte Minister Alois Stöger am Beginn seiner Beantwortung. Auch im Hinblick auf die Versorgung könne Österreich beste Ergebnisse vorweisen. Das Problem liege aber in der Tatsache, dass das Gesundheitswesen schneller gewachsen ist als die allgemeine Wirtschaft, deshalb habe er Ausgabenobergrenzen definiert, die dem Wirtschaftswachstum entsprechen. Die Grenze liege derzeit bei rund 3 %.

Instrumente zur Kostendämpfung seien etwa ambitionierte Maßnahmen im Sozialversicherungsbereich, die bereits umgesetzt wurden. Kostensparend werde sich auch ein Mehr an Transparenz und die elektronische Gesundheitsakte ELGA erweisen, zeigte sich Stöger überzeugt. Er möchte auch Doppelgleisigkeiten vermeiden und Behandlungspfade weiter verbessern. In diesem Zusammenhang werde er Initiativen für mehr medizinische Versorgungsqualität setzen.

Frage des Bundesrats Gerd Krusche (F/St): Welche konkreten Maßnahmen sind von Ihrer Seite geplant, um Gesundheitsleistungen vom klinischen in den niedergelassenen Bereich zu verlagern?

Antwort:
"Wir brauchen in den Regionen jeweils ein Haus der Gesundheit", dessen Angebot über Spitäler und HausärztInnen hinausreicht, unterstrich Stöger. Die PatientInnen sollen dort nicht nur AnsprechpartnerInnen finden, die Zentren sollen vor allem auch in der Prävention wirken und bei chronisch Kranken Behandlungspfade definieren, so die Erwartungen Stögers. Einmal mehr bekräftigte er in diesem Zusammenhang, dass es darum gehe, das anzubieten, was PatientInnen brauchen, an welchem Standort und mit welcher Leistung man PatientInnen am besten qualitativ versorgen kann. Er habe daher auch Gruppenpraxen ermöglicht und im Rahmen des partnerschaftlichen Zielsteuerungssystems werde man in Kenntnis der regionalen Situation das anbieten, was gebraucht wird. Dementsprechend werden auch die Zahlungsströme fließen, stellte Stöger fest.

Wichtig sei ihm möglichst große Transparenz im Hinblick darauf, was man in den Ambulanzen tut, sowie eine fachübergreifende Kooperation. Man werde auch überprüfen, welche Untersuchungen und Befunde vor einer Operation tatsächlich gebraucht werden, Handlungsbedarf gebe es ferner bei den stationären Aufenthalten. Stöger erwartet sich dabei ein Einsparungspotential von rund 24 Mio. €. Ihm sei es ein Anliegen, die niedergelassene Versorgung zu stärken, gleichzeitig aber Spezialbehandlungen sicher zu stellen.

Frage der Bundesrätin Adelheid Ebner (S/N): Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen; was unternehmen Sie, um diese Erkrankung früher erkennen zu können?

Antwort:
Da die diesbezüglichen Leistungen der Sozialversicherungen derzeit unterschiedliche Qualitätsstandards aufweisen, habe er im Interesse einer hochqualifizierten Vorsorge und Früherkennung den Auftrag erteilt, die Qualität von Screeningprogrammen zu prüfen, und als Ergebnis dessen seien nun hohe Standards festgelegt worden.

Ab dem Jahr 2013 werden Frauen im Alter zwischen 45 und 69 Jahren jährlich persönlich von den Sozialversicherungen zum Screening eingeladen. Der Kritik, diese zentralistische Lösung sei teuer, die Institutionen befänden sich nicht in der entsprechenden Nähe der Patientinnen, begegnete der Minister mit dem Hinweis, dass mit der Qualitätsrichtlinie den Frauen eine hoch qualitative Versorgung und Beratung aufgrund zweier voneinander unabhängiger Begutachtungen geboten würden. Die Kritik am Screeningprogramm halte er für nicht gerechtfertigt, unterstrich er mit Vehemenz.

Er habe auch einen nationalen Aktionsplan für gesunde Ernährung erstellen lassen und bemühe sich darum, dass die Menschen im Interesse ihrer Gesundheit mehr Bewegung machen.

Frage des Bundesrats Ferdinand Tiefnig (V/O): Welche Maßnahmen planen Sie angesichts der bevorstehenden Pensionierungswelle von niedergelassenen Hausärztinnen und Hausärzten, um deren Nachfolge sicherzustellen und zur Attraktivierung dieser so wichtigen Funktion im ländlichen Raum?

Antwort:
Man möge mehr die Zahlen als die Emotionen sprechen lassen, antwortete Stöger. Österreich weise die höchste Ärztedichte auf, sagte er, räumte aber ein, dass es in einzelnen Bereichen wie etwa in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und in der Altersmedizin einen Mangel gibt. Er habe daher sichergestellt, dass mehr ÄrztInnen in diesen Bereichen ausgebildet werden können und habe ermöglicht, dass AllgemeinmedizinerInnen Geriatrie als Zusatzfach erlernen können. Auch gebe es in einzelnen Regionen Engpässe, deshalb versuche er, die Kooperation in diesen Gebieten zu stärken.

Stöger wies in weiterer Folge darauf hin, dass durch den entsprechenden Parlamentsbeschluss Rechtssicherheit für die Hausapotheken geschaffen werden konnte. Grundsätzlich meinte er aber, die Allgemeinmedizin müsse unabhängig von den Hausapotheken attraktiv gemacht werden.

Frage der Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (G/N): Haben Sie vor, die Pflichten der Trinkwasserversorger zur Information der KonsumentInnen zu verbessern?

Antwort:
Zu dieser Frage gab es vom Minister ein eindeutiges "Ja". Wasser sei eines der sensibelsten Lebensmittel, sagte Stöger, weshalb oberstes Gebot eine hohe Trinkwasserqualität sei. Auch müssten die KonsumentInnen genau über die Qualität des Wassers informiert werden. Mit der geplanten Trinkwasserverordnung, für die am 19. März die Begutachtungsfrist endet, soll diese Transparenz sichergestellt werden. Der Minister will einen Wettbewerb um das beste Trinkwasser, deshalb werde er einen jährlichen Trinkwasserbericht erstellen lassen, der auf einer zentralen Internetseite veröffentlicht wird. Das werde der kritischen Öffentlichkeit Kontrolle ermöglichen.

Frage der Bundesrätin Johanna Köberl (S/St): An der elektronischen Gesundheitsakte ELGA wird bereits seit mehreren Jahren gearbeitet; wie ist der Umsetzungsstand bzw. wann wird die ELGA zur Verfügung stehen?

Antwort: Im Interesse der Patientensicherheit müsse es im Gesundheitssystem mehr Transparenz geben, sagt Minister Stöger. Das könne durch die elektronische Gesundheitsakte (ELGA) garantiert werden, da unterschiedliche Institutionen den Gesundheitsprozess in Zukunft gemeinsam betrachten können. Derzeit verbleibe die Information bei den einzelnen Einrichtungen.

ELGA sei der nächste Schritt nach der E-Card, die heute unumstritten sei. Das Pilotprojekt E-Medikation sei 2011 gestartet worden, mit 1. Juli 2013 ist geplant, die E-Medikation flächendeckend einzuführen. Eine entsprechende Änderung des Gesundheitstelematikgesetzes befinde sich bereits in Begutachtung, informierte der Minister, der höchsten Datenschutz zusicherte. Die PatientInnen sollen überprüfen können, wer auf die Daten zurückgegriffen hat.

Die Kosten für ELGA bezifferte der Minister mit ca. 130 Mio. € zwischen 2010 und 2017. Laut Minister werden die laufenden jährlichen Kosten rund 18 Mio. € betragen, wobei sich ELGA im gesamten Gesundheitssystem kostendämpfend auswirken wird, zeigte sich Stöger überzeugt. Man rechne durch ELGA mit einer jährlichen Kostenreduktion von insgesamt 129 Mio. € im Gesundheitssystem. Im Hinblick auf kritische Stimmen aus der Ärzteschaft bestätigte Stöger, er sei in der Frage von ELGA ständig mit der Ärztekammer in Kontakt.

Frage der Bundesrätin Elisabeth Greiderer (V/T): Was ist im neuen Projekt Brustkrebs-Screening konkret vorgesehen, um den bestmöglichen Nutzen für die Patientinnen zu erreichen?

Antwort: Bundesminister Alois Stöger machte abermals auf die geplante organisierte Einladung aller Frauen im Alter von 45 bis 69 Jahren aufmerksam und zeigte sich zuversichtlich, dass man damit in weitaus höherem Ausmaß als bisher Brustkrebs im frühen Stadium erkennen werden können. Er verwies einmal mehr auf die hohen Qualitätsstandards, die unabhängige Doppelbefunde, wodurch die Diagnostik verbessert werde.

Vehement widersprach er der Kritik, wonach die Kosten relativ hoch seien und die Altersgruppen nicht den Risikogruppen entsprächen. Derzeit gebe man im Gesundheitssystem für das Screening viel Geld aus, ohne dass die Qualität immer und überall sichergestellt sei, stellte er dazu fest. In den Zentren werde man großen Wert auf Aus- und Weiterbildung legen, versicherte Stöger abschließend und unterstrich die nun festgelegten hohen Qualitätsstandards.
     
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